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Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen

Ein komplexes Problem mit gigantischer Dunkelziffer

Am heutigen Mittwoch findet der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen statt. Gerade während der Corona-Pandemie könnte sich die Situation für Betroffene zuspitzen, verlässliche Zahlen gibt es aber noch nicht. Auch eine spätere Anzeigenwelle ist denkbar.
In Deutschland ist jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben von sexueller oder körperlicher Gewalt betroffen, unabhängig von der sozialen Schicht oder dem Alter. Am heutigen Mittwoch, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, soll mit zahlreichen Aktionen auf Häusliche Gewalt, Zwangsprostitution, sexuellen Missbrauch, Sextourismus, Vergewaltigung sowie Genitalverstümmelung und Zwangsheirat aufmerksam gemacht werden. So nimmt Frankfurt unter anderem an der weltweiten Aktion von UN Women „Orange your City“ teil: Als sichtbares Zeichen gegen Gewalt werden dafür ab 17 Uhr Gebäude wie die Alte Oper, die Paulskirche, das Historische Museum oder das Architekturmuseum sowie verschiedene Geschäfte in der Braubachstraße in orangenem Licht angestrahlt.

„Gewalt gegen Mädchen und Frauen ist eine der häufigsten Menschenrechtsverletzungen der Welt. Sie kann jede Frau treffen – unabhängig von Alter, sozialem oder kulturellem Hintergrund. Das ist in Frankfurt leider nicht anders als irgendwo sonst auf der Welt“, sagte Frauendezernentin Rosemarie Heilig (Bündnis 90/Die Grünen) vergangene Woche. So wurden in Frankfurt im vergangenen Jahr 1238 Frauen oder Mädchen Opfer von Häuslicher Gewalt, die Dunkelziffer ausgenommen. Während der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Kontaktbeschränkung konnten einige Hilfseinrichtungen und -angebote einen ersten Anstieg der Hilfegesuche wahrnehmen. So hatte das Hilfstelefon „Gewalt gegen Frauen“ vor wenigen Wochen bekanntgegeben, dass die bei ihnen eingehenden Anrufe in den vergangenen Monaten während der Pandemie von rund 850 auf 1000 gestiegen seien. „Wir haben inzwischen alle 20 Minuten eine Anfrage zum Thema Gewalt in Partnerschaften und ehemaligen Partnerschaften“, sagte die Leiterin des Hilfetelefons, Petra Söchting, Anfang November.

Auch in anderen europäischen Ländern zeichnet sich in unterschiedlichen Facetten immer deutlicher eine Zuspitzung der Situation ab: In Polen spricht die Politik über einen möglichen Austritt aus der Istanbul-Konvention und bezeichnet diese als „Gender Ideologie“. Die 2012 vom Europarat unterzeichnete Konvention soll Frauen vor Gewalt schützen. Neben dieser Debatte protestieren Frauen in Polen seit mehreren Monaten gegen die Verschärfung des Abtreibungsgesetz. Auch in Spanien treibt es immer mehr Frauen für mehr Schutz vor Gewalt auf die Straße, dort versucht die Gleichstellungsministerin Irene Montero aktuell das „Gesetz der Garantie der sexuellen Freiheit“ durchzusetzen. Auch die Generalsekretärin des Europarats, Marija Pejčinović Burić, forderte kürzlich einen besseren Schutz von Frauen in der Corona-Pandemie.

„Häusliche Gewalt ist ständig da, nicht nur in der Pandemie“

Beim Weißen Ring hatte man ebenfalls mit einem Anstieg der Hilfsgesuche gerechnet. Dieser sei jedoch ausgeblieben, sagt Ulrich Warncke, Außenstellenleiter der Hilfsorganisation von Frankfurt Ost und West am Mittwochmorgen. „Das Problem mit häuslicher Gewalt ist komplex und es existiert eine gigantische Dunkelziffer.“ Frauen seien aktuell weniger unterwegs, unterhielten sich weniger mit Freundinnen oder wandten sich in weniger Fällen an Hilfseinrichtungen, um Anzeige zu erstatten. „Wir treffen uns mit den Betroffenen im Park oder versuchen, telefonisch zu helfen. Der Zugang an sich ist da.“

Als „einen stärkeren Katalysator als Weihnachten“ hatte Warncke den ersten Lockdown im April bezeichnet. Die Probleme, die im April herrschten, sind auch im November nicht verschwunden: Die Frauenhäuser sind weiterhin voll, die Frauen blieben momentan auch länger dort und es würden keine Plätze für andere Betroffene frei. Der mangelnde Platz in Frauenhäusern ist auch außerhalb der Pandemie ein dauerhaftes Problem. „Häusliche Gewalt ist ständig da, nicht nur in der Pandemie“, betont Warncke. Die Welle komme, sobald der Zugang zu Verbreitungsmöglichkeiten über Freundinnen und Organisationen wieder verfügbar sei, dann ändere sich auch wieder das Anzeigeverhalten der Betroffenen und der Bedarf an Frauenhäusern werde noch größer.

Warncke appellierte bereits im April bei der Aufdeckung von häuslicher Gewalt auch an Außenstehende. Denn eine wichtige Rolle bei der Aufdeckung von häuslicher Gewalt spiele auch die Bereitschaft von Anwohnenden, die Polizei zu rufen oder bei Hilfsorganisationen einen möglichen Fall zu melden. Das sei auch anonym möglich. „Für manche Frauen ist die Hilfe von Nachbarinnen und Nachbarn oft die einzige Möglichkeit.“

Durch die Pandemie entsteht in den letzten Monaten zusätzlich ein „neuer Typus von Kriminalität“, erklärt Warncke. Immer häufiger würden Menschen tätlich angegriffen werden, weil sie beispielsweise im Supermarkt zu langsam seien oder den Weg zum gewünschten Produkt versperrten. „Die Nerven der Menschen liegen blank. Sie sehen ihre Mitmenschen als Feinde oder potentielle Virenschleudern. Das sind Delikte, die man sonst selten hatte, es ist ein relativ neues Phänomen.“
 
25. November 2020, 12.35 Uhr
Johanna Wendel
 
Johanna Wendel
Jahrgang 1993, Technikjournalismus-Studium an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, seit Januar 2019 beim Journal Frankfurt. – Mehr von Johanna Wendel >>
 
 
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