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Unaufdringliche Eindringlichkeit – Feist in der Jahrhunderthalle.

War das nun auf spektakuläre Weise unspektakulär oder auf unspektakuläre Weise spektakulär? Wie auch immer – Feists einziges, vom JOURNAL FRANKFURT präsentiertes Deutschlandkonzert gestern in der Jahrhunderthalle, begeisterte geschätzte 4.000 Menschen. So viele lockt die Kanadierin, vor nicht allzu langer Zeit noch absoluter Insider-Tipp, inzwischen an. Ob´s allein am Abzählreim liegt oder vor allem an der Präsenz ihrer Musik in Werbespots liegt, auch das vermag man nur zu mutmaßen. Zwar waren viele junge Leute im Konzert, aber eben nicht nur die iPod-Generation. Denn Feists Musik zeigt durchaus Generations-übergreifend Wirkung.


Leslie Feist ist nun nicht unbedingt die Person, die dich auf Anhieb flasht, dich in einen Taumel der Gefühle mitreißt oder gar – Verzeihung! – mit dem nackten Arsch anspringt wie so manche überzüchtete Egos in der Branche. Fast provozierend lässig geht sie´s an, gleichzeitig aber mit einer solchen Souveränität, dass allein das Respekt abnötigt. Hat dieses Konzert eine Dramaturgie? Es scheint so, und trotzdem behält das alles etwas Beiläufiges. Feist betrifft die Bühne allein, steht hinter eine Mini-Leinwand, ist nur als Scherenschnitt zu sehen, und singt zu Gitarre und vorher geloopter Stimme. Simpel wie wirkungsvoll, akustisch wie optisch. Das lässt sich steigern. Mit instrumental interessant besetzter Band (der warmen, schöne Klang eines Flügelhorns macht sich gut im Popkontext) und Projektionen von zwei live auf der Bühne agierenden Frauen, die – keine VJs mit Laptop (das macht ja jede/r) – mit einem Overheadprojektor Objekte auf die Leinwand zauberten und gerne auch mal an Hand- bzw. Stockpuppen-Techniken aus Thailand erinnerten. Feine Idee. Sehr geschmackvoll. Und ein wunderbares Alibi, das Bühnenlicht gedimmt zu halten. Oder ist Frau Feist am Ende schüchtern und möchte nicht im grellen Licht erscheinen? Das weiße Outfit ließ sie auch so nicht im Bühnendunkel verschwinden.


Was ihre Musik betrifft, so ist die live mehr noch als auf CDs sehr divers, aber wunderbar zusammen gehalten von ihrem sehr typischen Gesangs- und Interpretationsstil, der ganz sicher auch seine Grenzen hat, aber bei Feist geht es nicht um Koloraturen, sondern um – schon wieder so ein scheinbares Paradox – unaufdringliche Eindringlichkeit. Wenn sie die akustische Klampfe umhängen hat, hat das Ganze mitunter was von Folk Blues, wenn sie die E-Gitarre malträtiert eher was von Blues. Die Band zieht das Ganze mitunter in Country-Nähe. Und dazwischen gibt es immer wieder auch echte Popsongs mit Ohrwurm-Qualitäten, die weit davon entfernt sind, in den banalen Mainstream abzugleiten. Und das nicht nur, weil ein Glockenspiel hier oder ein – war´s ein – Tenorhorn da andere Akzente setzt.


Mitunter bekommt die Musik von Feist, ständig im Wechsel mit unterschiedlichen Besetzungen von Solo bis kompletter Band interpretiert, einen fast „rituellen“ Charakter. Und das nicht nur, wenn sie – was den Kollegen Martin Herrchen sogar an die repetative Musik eines Minimalisten wie Steve Reich erinnerte – mehrfach gedoppelt zu ihren eigenen rhythmischen und melodischen Vokalloops sang, hatte man zum Beispiel indianische oder samische Musik, zum Beispiel von Mari Boine im Ohr. Diese spontane Assoziation bekommt weiter Nahrung durch eine kleine Wikipedia-Recherche, denn weiß man, dass Feist aus Nova Scotia stammt, kann man über die Indigene Völker im östlichen Kanada nachlesen: „Die ersten Bewohner Neuschottlands waren die Mi'kmaq, ein Volk, das die Atlantikregion Nordamerikas beherrschte. Vor der Ankunft der Europäer waren die Mi'kmaq Jäger und Fischer. Sie bauten außer Tabak keine Feldfrüchte an. Während des Herbstes verteilten sie sich in kleine Gruppen, um Elche und Karibus zu jagen.“ Und die Mi'kmaq waren ein indianische Volk.


So konzentriert auf ihre Musik Feist auch die meiste Zeit wirkte, so sehr war sie auch bemüht, ihr Publikum mit einzubeziehen. Und das sang auch bereitwillig mit und nahm auch dankbar Feists Deutschstunde-Scherzchen an, wenn sie über Wiener Schnitzel und Oktoberfest sinnierte oder einen Dialog mit einem Berliner Taxifahrer auf der Suche nach ihren kanadischen Spezies in der deutschen Hauptstadt nacherzählte.

 
2. Juni 2008, 14.30 Uhr
detlef kinsler
 
 
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