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Foto: AdobeStock/xiquence
Foto: AdobeStock/xiquence

Hebammenmangel

„Den Hebammen muss der Spaß wieder gegeben werden“

Wie wichtig eine umfängliche Betreuung in der Schwangerschaft ist, weiß Sarah Fröba nicht nur, weil sie selbst Mutter ist. Als Leiterin eines Familienzentrums arbeitet sie eng mit Hebammen zusammen und kennt die Gründe, warum immer weniger Menschen diesen Job ausüben wollen.
JOURNAL FRANKFURT: Schwangere, die eine Hebamme suchen, haben es nicht leicht. Deutschlandweit herrscht ein Mangel an Geburtshelferinnen, vielen schwangeren Frauen fehlt Betreuung. Manche Hebammen müssen sich um mehrere Frauen gleichzeitig kümmern. Warum will in Deutschland niemand mehr diesen Job ausüben?
Sarah Fröba: Ich habe gestern ein langes Gespräch mit einer Hebamme geführt. Was ihr auffällt, ist vor allem die geringe Bezahlung. Hebammen tragen eine sehr große Verantwortung und bekommen nur eine geringe Bezahlung. Als Vertragspartnerinnen der gesetzlichen Krankenkassen dürfen Hebammen nicht mehr als die von der GKV festgelegten Gebühren für ihre Leistungen erheben und das ist das Problem. Die Pauschalen reichen nicht aus. Die bürokratischen Voraussetzungen sind zu hoch. Wenn die Hebamme beispielsweise eine Wochenbettbetreuung macht, bekommt sie für 20 bis 30 Minuten eine Pauschale von circa 38 Euro. In diesen 20 Minuten ist kaum die körperliche Untersuchung durchführbar. Gerade die Zeit nach der Geburt ist eine ganz intensive und sensible Zeit für die Frau.

Auch die Anerkennung für den Beruf ist meiner Auffassung nach sehr gering. Hebammen machen eine ähnliche Arbeit wie ein Arzt. Zwei der Hebammen, mit denen ich zusammenarbeite, haben in Italien studiert und dort hat die Ausbildung seit langem ein ähnliches Ansehen wie ein Medizinstudium. Dort bewerben sich über tausend Frauen auf eine einzige Stelle. Rund 50 Prozent der Frauen, die als Hebammen in Deutschland in den Krankenhäusern arbeiten, sind aus Italien.

Wie sieht die Situation für die außerklinisch arbeitenden Hebammen aus?
Die bürokratischen Hürden für Hebammen, die außerklinisch arbeiten, sind zu hoch. So etwa auch bei den Beiträgen für die Haftpflichtversicherung. Inzwischen werden da Beiträge von 10 000 Euro im Jahr fällig, wenn eine Hebamme eine Frau zur Geburt begleiten möchte. Viele Hebammen wollen Frauen unterstützen und begleiten, aber die Versicherungsbeiträge machen das unmöglich. Hebammen können sich nicht auf den eigentlichen Beruf konzentrieren, wenn sie etwa permanent mit dem Schreiben von Rechnungen beschäftigt sind und diese Mehrarbeit leisten müssen. Hebammen wollen mit Menschen arbeiten und den Beruf ausführen, aber Bürokratiearbeit raubt viel Zeit, die zudem nicht vergütet wird.

Was ist mit Geburtshelferinnen in den Krankenhäusern?
In den Krankenhäusern geht es eher unschön zu, berichteten mir Hebammen. Es gibt zu wenig Personal und zu viel Stress. Wenn eine Frau keine schöne Geburt erleben kann und die Hebamme ihren Job der Geburtshilfe gar nicht wirklich ausführen kann, dann würde ich auch keine Hebamme werden wollen. Oftmals fehlt es in den hierarchischen Strukturen eines Krankenhauses an Anerkennung der Hebammen. Im Krankenhaus sind sie dazu gezwungen, mehrere Frauen gleichzeitig zu betreuen und dem können sie gar nicht in dem Ausmaß gerecht werden, den sie sich selbst wünschen. Eine Geburt ist ein Schwellenübergang, eine Frau wird zu einer anderen Person. Eine intensive Betreuung ist hier extrem wichtig. Es ist nicht nur ein körperlicher Akt, sondern auch ein emotionaler und da ist die professionelle Betreuung einer Hebamme extrem wertvoll.

Haben Sie Ideen wie man den Beruf der Hebamme attraktiver gestalten könnte?
Auf jeden Fall braucht es eine bessere Vergütung. Auch sollte mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden. Den Hebammen muss der Spaß wieder gegeben werden, ihren Beruf auszuüben. Das könnte man, indem man etwa Frauen ab der frühen Schwangerschaft schon auf die Geburt vorbereitet. Wenn die Frauen gestärkt in die Geburt gehen, können natürlich die Hebammen auch eine stärkere Stellung gegenüber dem Arzt einnehmen. Das wäre ein großer Fortschritt.

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Zur Person: Die 30-jährige Sarah Fröba hat vergangenen November das Familienzentrum Blair in Frankfurt eröffnet. Eigentlich kommt sie aus einem kaufmännischen Beruf – nach der Geburt ihres Sohnes hat sie sich intensiv mit den Themen Schwangerschaft, Frauenarbeit und Geburt beschäftigt und infolgedessen selbstständig gemacht. Im Familienzentrum fokussiert sie sich in ihrer Arbeit auf eine ganzheitliche Versorgung und Vorbereitung schwangerer Frauen. Dazu zählen etwa Angebote wie Schwangeren-Yoga, Babymassagen, Rückbildungskurse und vieles mehr.

Mit dem Angebot will Fröba auch die Versorgungslücke, die durch den Hebammenmangel in Deutschland besteht, schließen sowie entgegenwirken, und möglichst vielen Frauen eine Betreuung anbieten. Nähere Informationen gibt es auf der Website des Familienzentrums.
 
27. Januar 2023, 12.47 Uhr
Sinem Koyuncu
 
Sinem Koyuncu
Jahrgang 1996, Studium der Politikwissenschaft an der Goethe-Universität, seit Oktober 2021 beim Journal Frankfurt. – Mehr von Sinem Koyuncu >>
 
 
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