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Foto: picture alliance/dpa/epa-Pool | Ronald Wittek
Foto: picture alliance/dpa/epa-Pool | Ronald Wittek

Lübcke-Prozess

Hat Stephan Ernst „das perfekte Verbrechen“ geplant?

An Tag vier und fünf ging es im Lübcke-Prozess um die Widersprüche des zweiten Geständnisses von Stephan Ernst. Den „Knoten im Kopf“, wie Oberstaatsanwalt Dieter Killmer es nannte, konnte auch diese Vernehmung nicht lösen.
Hat Stephan Ernst „das perfekte Verbrechen“ geplant und mit dem Mord an Walter Lübcke umgesetzt? Das ist die Frage, die am Ende des Prozesstages besonders nachhallt. Und das ist auch die Frage, die nach Ernsts zweitem Geständnis und einer weiteren Vernehmung dazu Oberstaatsanwalt Dieter Killmer im Kopf hängen geblieben zu sein scheint. Denn Ernsts zweites Geständnis, in dem er Markus H. beschuldigt „versehentlich“ auf Walter Lübcke geschossen zu haben, kann am Ende niemanden im Vernehmungsraum überzeugen, wie es scheint nicht einmal Ernsts Verteidiger Frank Hannig. Dieser versicherte immer wieder geradezu verzweifelt, dass sein Mandant ihm das alles ganz anders und vor allem glaubhafter geschildert habe. Also wird Ernst knapp einen Monat später noch einmal vernommen. Das sechsstündige Video dieser Vernehmung wurde an den Prozesstagen vier und fünf gezeigt. Viele neue Erkenntnisse bringt es jedoch nicht.

In dieser Vernehmung beschuldigt Stephan Ernst den Mitangeklagten Markus H. viel deutlicher als treibende Kraft. So sei es Markus H. gewesen, der bezüglich Walter Lübcke gesagt habe, dass man „etwas machen müsse“. Zuerst sei die Rede von Sachbeschädigung gewesen, später habe sich der Plan dann in eine „Abreibung“ geändert. Der angeblich finale Plan, Walter Lübcke mit einer Waffe zu bedrohen und ihn zu schlagen, sei ebenfalls von Markus H. gekommen. Die Ermordung der Rucksack-Touristinnen in Marokko hingegen sei nicht, wie Stephan Ernst in seinem ersten Geständnis behauptete, ausschlaggebend für den Mord an Walter Lübcke gewesen. Dies habe er erzählt, um den Eindruck von einem „Psycho-Nazi“ zu erwecken, erklärte Ernst. Vielmehr habe Markus H. immer wieder darauf gedrängt, dass „man da mal was machen müsse“. Weil Markus H. allgemein häufiger mal andere angestachelt habe, habe es in der Szene auch Gerüchte gegeben, dass H. ein V-Mann sei, erzählt Ernst.

Neben Markus H. fällt auch noch ein anderer Name im Zusammenhang mit dem Mord an Walter Lübcke: Seinem Arbeitskollegen L. habe Stephan E. nicht nur Waffen gegen den drohenden Bürgerkrieg besorgt, sondern ihn auch Schmiere stehen lassen, als er seine Waffen einen Tag nach dem Mord an Walter Lübcke auf dem Firmengelände vergrub.

Die zweite Vernehmung gibt es vor allem deshalb, weil Ernst bei seinem zweiten Geständnis am 8. Januar wortkarg blieb, Schilderungen nicht ausführte und teilweise Antworten gab, die nichts mit der gestellten Frage zu tun hatten – kurz gesagt; weil Ernst nicht überzeugen konnte. Bei der Vernehmung im Februar wirkt Ernst nun deutlich souveräner. Er versucht, auf viele der offenen Fragen, die nach seinem zweiten Geständnis blieben, Antworten zu geben: Dass er und H. eine geladene Waffe für eine „Abreibung“ dabei gehabt haben, sei „ganz normal“ für sie gewesen; sie hätten beispielsweise auch auf Flohmärkten ganz offen über ihren Waffenbesitz gesprochen. Auf die erneute Frage des Oberstaatsanwaltes, ob Ernst und Markus H. nicht befürchtet hätten, Lübcke könnte sie nach der Tat identifizieren, wenn sie keine Masken tragen, erwidert Ernst, sie hätten sich keine Gedanken darüber gemacht. „Das alles sollte sehr schnell gehen. Warum sollte uns Herr Lübcke wiedererkennen?“, sagt Ernst.

Vermehrt geht es auch um Ernsts Verknüpfung in die rechte Szene, aus der Ernst, wie er selbst sagt, 2010 ausgestiegen sei. Hauptgrund für seinen Ausstieg seien die Anfeindungen gegen ihn und seine Frau gewesen. Viele Ansichten seien ihm außerdem „zu extrem“ gewesen; mit Rassismus und Antisemitismus habe er nichts anfangen können. An die AfD und die Identitäre Bewegung hat Ernst später trotzdem gespendet.

Dann kommt Killmer auf Daten, die auf Ernsts sichergestelltem USB-Stick gefunden wurden, zu sprechen. Dort habe Ernst Namenslisten und weitere Daten von politischen Gegnern gespeichert. Ernst erklärt, diese stammten aus seiner „Anti-Antifa-Zeit“. Er habe damit „Outing-Aktionen“ durchführen wollen. Dass Killmer ihm nicht glaubt, zeigt er dann ganz deutlich: „Sie haben sich in der ‚Anti-Antifa-Zeit‘ gut und besonders gefühlt. Dieses ‚Geheimagenten-Gefühl‘ haben Sie bei Lübcke auch gehabt – und dann haben sie es einfach umgesetzt.“ Stephan Ernst schüttelt vehement den Kopf. Doch Ernst kann auch in dieser Vernehmung Oberstaatsanwalt Killmer nicht von seiner Unschuld und der zweiten Version der Tatnacht überzeugen. „Ich gehe von einem politischen Attentat aus, das Sie alleine begangen haben“, sagt Killmer gegen Ende der Vernehmung.

Der Prozess wird am 27. Juli fortgesetzt. Ernsts Verteidiger kündigten bereits an, dass ihr Mandant sich nach der Pause äußern werde. Vermutlich werden seine Verteidiger dann eine schriftliche Einlassung ihres Mandanten vorlesen. Wann genau dies geschehen wird, ist noch nicht klar. Laut Prozessplanung vermutlich in der Zeit vom 30. Juli bis 7. August. In dieser Zeit sind drei Prozesstage angesetzt.
 
6. Juli 2020, 14.06 Uhr
Elena Zompi
 
 
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