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Richtfest für den Kuhhirtenturm

"Sachsenhausen hat ein neues Kleinod. Mit der Renovierung des Kuhhirtenturms als Gedenkstätte für den Komponisten Paul Hindemith und Aufführungsort seiner Werke trifft hier Tradition auf Moderne", sagte Kulturdezernent Felix Semmelroth gestern beim Richtfest in der Großen Rittergasse. Der Turm wird bis Herbst saniert. "Zugleich ist dies ein Bekenntnis der Frankfurter Kommunalpolitik zur Stadtteilkultur." Und Planungsdezernent Edwin Schwarz erklärte: "Von allen Türmen der Stadt ist der Kuhhirtenturm einer der originellsten und er könnte sich künftig zu einem neuen, werbewirksamen Markenzeichen Frankfurts entwickeln. Mit der Sanierung des einzigen noch erhaltenen Wehrturms von Sachsenhausen und seiner künftigen Nutzung können wir einen weiteren Erfolg verzeichnen in dem Bemühen, das Viertel einer Aufwertung und einer Renaissance zuzuführen. Ich bin sicher, dass damit Alt-Sachsenhausen wieder zu einem beliebten Viertel mit Herz wird, mit anderen, neuen Schwerpunkten und mit Charme und Tradition."

Semmelroth und Schwarz hatten gemeinsam zum Richtfest des Kuhhirtenturms eingeladen, in dem im November eine kleine Dauerausstellung zu Leben und Werk des Komponisten Paul Hindemith sowie ein Kammermusiksaal oben unter der Turmhaube eröffnet werden soll. Damit dort musiziert werden kann, wurde nach dem feierlichen Richtspruch wie schon zu Hindemiths Zeiten ein Flügel mittels Kran durch den noch offenen Dachstuhl in das Turmzimmer eingebracht, weil das Treppenhaus dafür zu eng ist.

Der spätgotische Wehrturm aus dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts wird seit Anfang des Jahres von der Stadt im Zuge des Förderprogramms zu Alt-Sachsenhausen nach Plänen von Jo. Franzke Architekten umgebaut, um dort eine öffentlich zugängliche Erinnerungsstätte für Hindemith zu schaffen, deren Einrichtung die Hindemith-Stiftung übernimmt. Hindemith lebte und arbeitete dort von 1923 bis 1927; im Kuhhirtenturm komponierte er bedeutende Werke.

Der Kuhhirtenturm ist ein Ensemble aus Turm und Torhaus, ein Rest der mittelalterlichen Sachsenhäuser Befestigungsanlagen und der Stadtmauer. Der Kuhhirtentum, der im Volksmund auch als "Elephant" bekannt ist, steht als Wahrzeichen des Viertels unter Denkmalschutz. Nach starken Kriegsschäden wurde er im Jahr 1957 saniert. Das Turmdach wurde erneuert und erhielt ein Dach in Balkenkonstruktion. Nach verschiedenen Nutzungen – zwischenzeitlich waren hier Jugendclubs und Wohnungen untergebracht – wird der Turm nun zu einem Ausstellungs- und Vortragsraum der Hindemith-Stiftung.

Brandschutzbestimmungen, Dämmungs- und Akustikerfordernisse, aber auch ästhetische Gründe machten eine Sanierung erforderlich. Dabei wird die Fassade des Turms so rekonstruiert wie sie zu Hindemiths Zeiten in den 20er Jahren aussah. Für die neue Nutzung des Kuhhirtenturms – dazu zählt auch das Torhaus, über dessen Durchfahrt die Paradiesgasse ursprünglich hinunter zum Main führte – werden folgende Räume entstehen: Im Erdgeschoss ein neuer Sanitärbereich, im 1. bis 3. Obergeschoss Ausstellungsräume und im 4. Obergeschoss mit Turmhaube ein Veranstaltungsraum etwa für Kammermusikkonzerte. Im 2. Obergeschoss gelangt man über einen offenen Verbindungsgang hinter der Treppe in den Raum über der Paradiespforte, der auch als Ausstellungsraum genutzt wird.

Das Satteldach über diesem Torraum wird abgebrochen und der ursprünglichen Konstruktion entsprechend neu aufgebaut. Die Holzbodendielen und Holzfußleisten bleiben wo möglich erhalten und werden nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten und brandschutztechnischen Erfordernissen aufgearbeitet, ebenso die bestehende Holztreppe. Im 2. Obergeschoss wurde während der restauratorischen Voruntersuchung Wand- und Deckenputz mit Farbe aus der Hindemithzeit nachgewiesen. Dieser Raum wird als sogenanntes Hindemith-Zimmer wieder hergestellt; alle anderen Ausstellungsbereiche inklusive des Treppenraums werden in gebrochenem Kalkweiß gehalten. Im 4. Obergeschoss wird der Turm aufgrund der vielfältigen Anforderungen an die Dachkonstruktion und die Nutzung neu entsprechend dem Vorkriegszustand schwarz verschiefert hergestellt. Es entsteht ein großer offener Dachraum, der die akustischen und ästhetischen Anforderungen an einen Kammermusikraum erfüllt.

Die Putzflächen der Außenfassade des Turmes und des Torhauses werden entfernt und denkmalgerecht aufgearbeitet, die Basaltsteinquader in den Ecken von Farbschichten befreit. Die Eingangstür und die Fensterläden werden nach historischem Vorbild der 20er Jahre rekonstruiert, die vorhandenen Fenster, die Außentreppe und die Metallgeländer aufgearbeitet. Die Sanierungskosten betragen insgesamt 800.000 Euro, die aus dem Förderprogramm für Alt-Sachsenhausen bestritten werden.

1895 in Hanau geboren kam Paul Hindemith 1905 als Zehnjähriger nach Frankfurt und lebte und arbeitete hier 22 Jahre lang. Als Stipendiat erhielt Hindemith seine geigerische Ausbildung am Hoch'schen Konservatorium und wurde 1916 – mit nur 20 Jahren – Konzertmeister des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters. Eine Stellung, die er erst 1923 aufgab, um ausschließlich als Komponist und Bratschist zu arbeiten. Nach Jugendjahren im Gallusviertel verließ Hindemith 1923 eine Wohnung in der Nähe der Frankfurter Oper, die er als Konzertmeister bezogen hatte, um in den Kuhhirtenturm in Sachsenhausen zu ziehen. Damals war er Mitglied des vom ihm 1922 gegründeten international renommierten Amar-Quartetts. 1924 heir atete er Gertrud Rottenberg, die Tochter seines langjährigen Opernchefs und Enkelin des ehemaligen Oberbürgermeisters Franz Adickes, die mit ihm in den seit vielen Jahren unbewohnten Turm zog. Diesen hatte er nach Zustimmung des Magistrats zuvor auf seine Kosten für 1000 Dollar (Inflationswährung!) renovieren lassen.

Im Turm entstanden Werke wie "Das Marienleben" nach Rainer Maria Rilke, verschiedene Kammermusik-Werke und die Oper "Cardillac" nach E.T.A. Hoffmann. 1927 folgte Hindemith einem Ruf an die Berliner Musikhochschule und verließ Frankfurt. Seine Mutter und seine Schwester lebten noch bis 1943 im Kuhhirtenturm. 1936 wurden Hindemiths Werke in Deutschland mit Aufführungsverbot belegt. Nach längeren Aufenthalten in der Schweiz, der Türkei und den USA emigrierte Hindemith 1940 nach Amerika und lehrte an der Yale University in New Haven. Ab 1947 kehrte er für ausgedehnte Europa-Besuche zurück, unterrichtete seit 1951 auch in Zürich. Er starb 1963 im Marienhospital in Frankfurt am Main.

Quelle: pia, Foto: Rainer Rüffer
 
29. Mai 2010, 14.34 Uhr
red
 
 
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