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Foto: Harald Schröder
Foto: Harald Schröder

Ana Marija Milkovics Kolumne

Ein bisschen mehr Pantomime wagen

Was trägt mehr zur Integration bei: Kopftücher oder Pappnasen? Unsere Kolumnistin Ana Marija Milkovic macht sich, inspiriert vom Friseurbesuch und von Laiendarstellern so ihre eigenen Gedanken dazu.
Heute hat mir Cyrus Wachs im Westend die Haare geschnitten. Das macht er immer, wenn sie allzu widerspenstig geworden sind. Ich fühle mich nach einem Termin bei ihm wie neugeboren. Während ich ihm beim Schneiden zusah, fragte ich mich, ob ich, würde ich ein Kopftuch tragen, längst geheiratet hätte, damit wenigstens ein Mann meine Haare sehen kann. Nun verstand ich die Redewendung, "eine Frau unter die Haube bringen" auch aus muslimischer Perspektive.

Cyrus findet das Kopftuch bei jungen Frauen schön. Ich stimmte ihm zu. Es wirkt sogar bei hübschen Mädchen, die sich ansonsten modern kleiden, sehr reizvoll. Ein Kopftuch zu tragen ist, davon bin ich nun in einem Friseursessel im Frankfurter Westend sitzend überzeugt, ein sexistisches Motiv. Während ich darüber nachdenke, scheint mir ein Erlass für Miniröcke als westliches Gegenmotiv unerlässlich. Aber auch Miniröcke sehen bei jungen, gut geformten Beinen besser aus als bei älteren oder unförmigen Beinen. Das Pflicht-Tragen von Kopftüchern und Miniröcken kann Frauen hässlich wirken lassen. Ich entschied mich nun aus emanzipatorischen und ästhetischen Gründen gegen den Minirock-Zwang.

Nachdem ich mich von Cyrus verabschiedet hatte, bin ich die Bockenheimer Landstraße entlang zur Alten Oper geradelt. Als ich am Opernplatz ankam, spielte eine Gruppe von Frauen Pantomine. Ich blieb mit meinem Rad stehen. Während ich die Gruppe beäugte, dachte ich mir, ich sollte mir ein Beispiel an den Frauen nehmen. Warum nicht auch mit einer Pappnase auf dem Opernplatz herumlaufen und sich und die Welt dabei nicht allzu ernst nehmen?

Ich machte Fotos und bemerkte nicht, wie bereits eine Laienschauspielerin hinter mir stand. Sie stand mit mir, während ich Bruchteile von Sekunden noch eine Familie beobachtete, die sich an den an den Brunnen setzte, um zuzuschauen. Ich begriff und spielte mit. Die Kinder lachten. Es waren Kinder aus der Dritten Welt. Ihre Eltern standen neben den Kindern und lächelten. Ich sah aus den Augenwinkeln die verschleierten Mädchen, wie sie aneinander rückten und zu uns beseelt hinüberschauten.

Als ich aus den Augenwinkeln zu Ihnen zurück blickte, sahen sie schüchtern und fremd aus. Ich war nicht weniger schüchtern mit ihnen. Ich bin skeptisch. Der Moment mochte schön sein, aber wie wird sich das Zusammenleben auf Dauer erweisen? Können ihre arabisch sozialisierten Eltern ihnen unser Gebaren, unsere Motive Pappnasen, dafür keine Kopftücher zu tragen, vermitteln können? fragte ich mich unmittelbar.

Meinen ersten vollständigen deutschen Satz lernte ich als Dreijährige. Junge Männer spielten Fußball auf dem Bolzplatz an der Wilhelmstraße in Marburg. Schätzchen, hast Du Dir weh getan? fragte mich der Fußballer, der mich mit dem Ball am Kopf traf. Ich war schlagartig verliebt.

Ich sehe ein, dass wir nicht allen Kindern Bälle an den Kopf werfen können, damit sie beginnen, uns zu lieben. Wir können aber damit starten, mit Ihnen Fußball oder Theater zu spielen. Das föderative System in Deutschland ist flächendeckend breit aufgestellt, dass die Infrastruktur für Laienschauspieler, Theatergruppen, Sportverbänden und weitere Vereine bereit steht.

Funktioniert die Integration, die sich viele wünschen, werden die Menschen beginnen, ihre eigene Kultur zu vernachlässigen. Ich vermag nicht zu beurteilen, ob ihnen das zu wünschen ist. In einer Parallelgesellschaft mag ich nicht leben. Bis alle Fragen geklärt sind, die frauenfeindlichen Kopftücher abgelegt sind, sollten wir die Zeit nutzen und uns etwas Gutes tun. Machen wir aus ihren Kindern Hochspringer, Seiltänzer, Musiker, Schauspieler, Fußballer, Schachspieler und Traumtänzer.
 
4. August 2016, 11.31 Uhr
Ana Marija Milkovic
 
 
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