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Als Tanken noch Spaß machte

Ein Croissant essen und eine Kiste Apfelsaft kaufen, während man das Auto volltankt – heute völlig normal, vor sechzig Jahren aber eine revolutionäre Idee aus dem Land des „dolce vita“. Mit der Ausstellung „Agip. Tankstelle des Wirtschaftswunders“ entführt das Deutsche Architekturmuseum die Besucher ab dem 16. Januar zurück in die Zeit, in der „Auftanken“ Synonym für das Lebensgefühl einer motorisierten Aufbruchszeit war.
Der staatliche italienische Mineralölkonzern Agip leitete vor rund sechzig Jahren einen Bedeutungswandel der Tankstelle in Europa ein: Aus dem rein funktionell geprägten, unwirtlichen Ort des Benzin- und Ölnachfüllens wird ein mondäner Treffpunkt, an dem man einkaufen kann, an der Bar einen Espresso genießen und sogar zu Mittag essen kann. Die Tankstelle gilt als schick – man fährt sie nicht mehr nur zum Auftanken an, sondern, um modernes Flair zu genießen. Das dazugehörige Ristorante ist oft Ziel des sonntäglichen Ausflugs der Familie.
Das Neuartige an dem Konzept, das Agip Anfang der Fünfziger Jahre vorlegt, ist die Koppelung der Tankstellenarchitektur an die „Corporate Identity“ des Konzerns, sagt Dorothea Deschermeier, die die Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum konzipiert hat: Parallel zur Entwicklung des weltweit bekannten Logos – dem sechspfotigen, feuerspeienden Hund – hat der Agip-Mutterkonzern Eni einen Prototyp für die standardisierte Tankstelle entwerfen lassen. „Damit war Italien Vorreiter.“
Der kleine Kiosk für die Innenstadt, die mittelgroße Tankstelle mit Bar, die Großtankstelle mit Restaurant entlang der großen Verkehrsadern wie der „Autostrada del Sole“: Alle Typen folgen denselben Parametern. Das dynamisch nach oben geschwungene, fliegende Dach zeichnet die Gebäude bereits von weitem klar als Agip-Tankstelle aus. Der hohe Wiedererkennungswert lässt die Tankstelle zu einem markanten Markenzeichen werden.
Mit großem Expansionsdrang entstehen im darauffolgenden Jahrzehnt allerorten mehrere hundert Tankstellen, die als Ausdruck von Modernität und Fortschritt fungieren – und damit auch als „Botschafter“ des Unternehmens. Denn Agip musste sich ein gutes Image erarbeiten: Der Staatskonzern war den privatwirtschaftlich organisierten Öl-Multis ein Dorn im Auge; Eni-Vorstandschef Enrico Mattei nutzte die formschönen Tankstellen als Marketing-Instrument. Mit unübersehbarem Erfolg: Die dynamische Architektur und die schwarz-gelben Werbeplakate mit dem Agip-Hund haben das Straßenbild Italiens in den Fünfziger und Sechziger Jahren nachhaltig verändert. Noch heute weckt die Agip-Tankstelle in vielen Mitteleuropäern sehnsüchtige Erinnerungen an die ersten Italienurlaube.
„Eine Tankstelle war damals sehr glamourös“, so Dorothea Deschermeier, die über den Mutterkonzern ENI promoviert hat, „und der Service-Gedanke war neu.“ Was sich auch sprachlich niedergeschlagen hat. Ursprünglich hieß die Tankstelle „stazione di rifornimento“, in den Fünfziger Jahren wurde sie dann zur „stazione di servizio“, zur Servicestelle also.
Über achtzig Werbefotos aus den Fünfziger Jahren hat Dorothea Deschermeier im Firmenarchiv in Rom aufgestöbert, die großformatig im Umgang um das Museums-Auditorium gezeigt werden. Damit bringt die Ausstellung in der Galerie im Erdgeschoss des Architekturmuseums (Schaumainkai 43) das „italienische Wirtschafts-Wunder“ auch ein Stück weit in die Gegenwart – die architektonischen und bautechnischen Aspekte der Tankstelle werden beleuchtet und der gesellschaftlich-politische Hintergrund dargestellt. Die Schwarz-Weiß-Fotografien öffnen die Tür zu einer vergangenen Welt, zu einem Land voller Hoffnung und Optimismus auf eine bessere Zukunft.
Exkurse in das neuartige Servicedenken der Zeit sowie zum Leben von dessen Initiator Enrico Mattei (1906-1962) runden die Schau ab, die am 15. Januar um 19 Uhr eröffnet wird. Die historischen Fotografien sind bis zum 14. März zu sehen. Anschließend schließt das Architekturmuseum wegen Umbauarbeiten voraussichtlich bis 30. September seine Pforten.
(pia)
 
9. Januar 2010, 14.34 Uhr
julez82
 
 
Fotogalerie:
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