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Foto: Detlef Kinsler
Foto: Detlef Kinsler

Jetzt wird der Rechtsmediziner öfter eingesetzt

Leichenschau wird in Frankfurt professionalisiert

Laut Gesetz muss jeder Leichnam vor der Bestattung ärztlich untersucht werden. Oftmals wird auch Polizei gebraucht, was zeitintensiv ist. In Frankfurt wird die Leichenschau daher in einem Pilotprojekt neu organisiert.
Wenn die 95-jährige Uroma stirbt, ist die Todesursache höchstwahrscheinlich eine natürliche. Dennoch ruft man den Arzt, der sich den Leichnam genau anschaut und dann den Totenschein ausstellt. Darauf gibt er an, ob die Todesursache natürlich, unnatürlich oder unklar ist. Die Leichenschau schreibt das hessische Friedhofs- und Bestattungsgesetz vor. Ohne Leichenschau, keine Beisetzung. Im Falle der Uroma würde man vermutlich den Hausarzt dafür rufen, aber auch jeder andere Arzt wäre denkbar. Doch wenn im Park eine unbekannte Leiche liegt, ein gesunder Angehöriger völlig unerwartet verstirbt oder beispielsweise Nachbarn eine tote Person in der Wohnung nebenan vermuten, dann ist die Polizei gefragt, um die unklare Situation zu bewerten und um den Leichenbeschauer zu rufen. Doch bis der gerufene Arzt kommt, das kann dauern. „Ich habe großes Verständnis dafür, dass ein niedergelassener Arzt dann nicht sofort seine Sprechstunde verlässt und seine Patienten in Stich lässt“, sagt Gesundheitsdezernent Stefan Majer (Grüne). Die Polizei aber muss bei solch unklaren Lagen beim Leichnam bleiben bis der Arzt eintrifft, ein ziemlicher Aufwand. Polizeipräsident Gerhard Bereswill erklärt, dass es im vergangenen Jahr 935 „polizeiliche Leichensachen“ gegeben habe. Durchschnittlich müssten die Polizisten zwei Stunden auf einen Arzt warten, das Maximum bisher habe bei neun Stunden gelegen. Insgesamt müsse man im Jahr also mit einer Wartezeit von 1700 Stunden rechnen, was natürlich Personal binde und unter Umständen auch für die Angehörigen belastend sein könnte. Daher wird die Leichenschau in Frankfurt seit Januar in einem einjährigen Pilotprojekt neu organisiert. Die Stadt investiert in diesem Jahr 100.000 Euro in das Projekt, sollte es weiterlaufen, werde es jährlich 200.000 Euro kosten, erklärte Majer am Freitag.

Die Stadt und das Gesundheitsamt kooperieren in dem deutschlandweit beispiellosen Projekt mit der Uniklinik, der Polizei und der Rechtsmedizin der Uniklinik. Bislang versuchte die Polizei in den oben genannten Fällen immer einen Hausarzt ausfindig zu machen, dann einen anderen Mediziner und bat auch gern das Gesundheitsamt um Unterstützung, all das dauerte und die Ergebnisse konnten zweifelhaft sein. „Die Qualität der Leichenschauen war sehr unterschiedlich, teilweise schlecht“, sagt Gerhard Bereswill. Doch gerade, wenn es nicht klar sei, ob die Todesursache wirklich natürlich gewesen ist, müssten Spuren gesichert werden und die Dokumentation akribisch sein. „Was man an einem Tatort falsch macht, kann man nachher nicht mehr wieder gut machen“, sagt Bereswill. Daher werde ab sofort in diesen Fällen ein Rechtsmediziner herbeigerufen, der mit professionellem Blick auf die Leiche sieht. „Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland bis zu 1000 Fälle im Jahr, bei denen Todesfälle nicht als Tötungsdelikte erkannt wurden“, sagt Bereswill.

„Von Montag bis Freitag steht nun in der Rechtsmedizin ein Kollege zur Verfügung, der sich ausschließlich mit der Leichenschau befasst“, erklärt Marcel Verhoff, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt. Verhoff gibt zu bedenken, dass ein Hausarzt etwa gar nicht die Expertise bei der Leichenschau mitbringen kann. „Wann hat man als Hausarzt Leichenschau-Erfahrung?“ Die Qualität hänge ja nicht mit der Anzahl der Leichname zusammen. Denn letztlich fehle es dem Hausarzt an Feedback. Er erfahre ja nicht, ob er mit seiner Einschätzung richtigliege, während ein Rechtsmediziner gegebenenfalls bei der Obduktion eine Bestätigung für einen eventuellen Verdacht bekomme.

In den ersten beiden Wochen des Pilotjahres habe der Rechtsmediziner durchschnittlich 2,5 Leichen am Tag gehabt. „Die meisten Fälle sind natürliche Todesfälle“, sagt Verhoff. Hier nochmal ein paar Zahlen, um das Ganze vergleichen zu können: Im Jahr versterben in Frankfurt rund 7000 Personen, im letzten Jahr wurde die Polizei bei 935 Sterbefällen hinzugerufen. Jährlich gibt es in Frankfurt, so der Polizeipräsident, 40 versuchte oder durchgeführte Fälle von Mord und Totschlag, genaugenommen gebe es zwischen zehn und zwanzig Fälle von durchgeführtem Mord und Totschlag im Jahr. Vielleicht wird durch den Einsatz des Rechtsmediziners noch der ein oder andere Tötungsfall aufgedeckt, der sonst bei einer normalen Leichenschau übersehen worden wäre.
 
12. Januar 2018, 15.08 Uhr
Nicole Brevoord
 
 
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