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Lambchop im Mousonturm: Piraten, Pärchen und lammfromme Musik
Kurt Wagner haben die Deutschen lieb. Ob er nun solo kommt oder mit seiner Band Lambchop in unterschiedlichen Besetzungen löst das zwar – dafür ist er zu regemäßig hier – keinen so großen Run auf die Tickets aus, dass man gleich ausverkauft vermelden kann. Aber abends im Saal sieht’s dann regelmäßig gut gefüllt aus und die Menschen sind gut drauf.
Diesmal hat Wagner, er auch schon mal mit einer Streicherarmada anrückte, fast ganz auf Gitarre gesetzt. Gut – der Flügel war im Einsatz, gelegentlich auch Keyboards und – klar – Bass und Schlagzeug. Aber sonst setzte der ehemaligen Parkettleger, der heute eher ein Poet ist, ganz auf Gitarren, gleich vier Stück, akustisch, halbakustisch und elektrisch. Das könne ein gruseliges Ergebnis zur Folge haben, aber hier geht’s eben nicht um Solistentum, sondern um subtiles Zusammenspiel. Weniger ist mehr und im Zusammenspiel klingt’s auch nicht fett. Wohltemperierte Gitarren! William Tyler, der schon als The Paper Hats den Support gegeben hatte, war es mit seinem Spiel vorbehalten, die Atmos und Flächen und Sounds zu legen. Aber das Faszinierende an den Wagner-Arrangements ist, dass man (die Suggestionskraft mancher Akkordfolgen, die im Entferntesten an Jazz erinnern so wie bei Steely Dan, deren Perfektionswahn Lambchop Gott sei dank nicht teil, oder Prefab Sprout, der
en Britishness der einstigen Alternative Country Band Lambchop abgeht, mag das bewirken) Instrumente hört, die gar nicht auf der Bühne sind: ein Vibraphon, eine Melodika, ein Akkordeon, alles denkbar, aber es geht ja auch so.
Wagner, der Geschichtenerzähler, st ein Phänomen Mitnichten ein großer Sänger, macht er aus seinem Handicap große Kunst. Oft scheint ihm die Stimme wegzubleiben. Wenn er lauter werden will, verliert er die Kraft. Aber mit der Choreographie seiner Kopfbewegungen ums Mikrofon herum, schafft er Dynamik und Ausdruck. Vielleicht ist dies auch für seine Art der Phrasierungen verantwortlich, die durchaus und am ehestens an Van Morrison erinnern. Und Humor hat das Ganze immer, auch wenn die real und hauptsächlich von Pianist Tony Crow (was für Typen!) erzählten Jokes über Piraten aufgrund des Slangs nicht vom ganzen Publikum verstanden werden. Dann freuen sich Jungs auf der Bühne eben diebisch über ihre eigenen Witze und feiern nebenbei Bassist Matt Swanson, der Geburtstag hat.
Vielleicht drei Uptempo-Nummern durchbrechen den überwiegend ruhigen Fluss des Fast-Balladen-Programmes, das das Gros der Zuhörer zum Augenschließen oder Kuscheln verleitet? Pärchen-Musik? Oder doch Lonesome Wolf-Musik? Kein Widerspruch. Auch wenn das Ganze durchaus Substanz hat, könnten Lambchop auch als Unterhaltungscombo auf einem Kreuzfahrtschiff oder einem Kongress spielen. Eine kurze Anmerkung zur neuen, gerade auf Aufbau befindlichen Gastronomie im Mousonturm. Da wirkt das Team noch reichlich überfordert (und auch ein wenig genervt), fehlt es noch an der richtigen Logistik, um Bestellungen smooth abzuwickeln. Vieles blieb unbearbeitet und auch in der Küche schien Stress angesagt. Wie sonst lässt es sich erklären, dass das kalt servierte, reklamierte Orecchiette mit frischem Parmesan und Ruccula komplett in die Mikrowelle geschoben wurde?
Foto: Detlef Kinsler
28. Oktober 2008, 15.26 Uhr
Detlef Kinsler
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