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dk auf Tour – William Fitzsimmons: Melancholiker, Terrorist oder Heiler?
Es ist alles eine Frage des Timings. Rechtzeitig mit dem Redaktionsschluss beim JOURNAL FRANKFURT fertig, blieb Zeit, Weihnachtsgeschenke bei Zweitausendeins zu kaufen, sich eine Jeans zu besorgen, Kaffee im Nachtleben zu trinken und dann noch beim Thai in Sachsenhausen zu essen, um bei den Ersten im bett zu sein. Schließlich hatte Frank, der Chef, angekündigt, das könne heute ausverkauft sein bei William Fitzsimmons. Also trink man erst mal zum Aufwärmen einen Rotwein an der Bar, weiß, es kommt noch ein Support, will sich nicht gleich mit Kamera und zwei Gläsern in der erste Reihe drängeln (schließlich kommt auch noch Barbara), dann plötzlich ist der Laden voll und es gibt kein Durchkommen mehr nach vorne.
Und dann hat man – siehe Schnappschuss 1 – das Nachsehen. Vom Charakter her war es eigentlich ein Zuhör- und Sitzkonzert. Nur Sitzen im Bett, heißt nur die Hälfte der Leute reinlassen. Also saßen die Musiker und so sah man von hinten – nichts. So zart und feinsinnig die Musik von William Fitzsimmons ist, so introvetiert hat man den bärtigen, bebrillten jungen Mann erwartet. Ganz großer Melancholiker im Geiste Nick Drake, Elliott Smith, Sufjan Stevens und Iron & Wine. Aber der Musiker aus Pittsburgh, Pennsylvania, ist ein ganz aufgeräumter, sympathischer, kommunikativer Zeitgenosse. Und seine Ansagen sorgen für Stimmung und viel Gelächter in den ersten Reihe wo man alles und jede Nuance versteht. „Deutsche sind nett, wo immer wir hin komme“, verteilt William Komplimente, „vielleicht haben sie aber auch nur Angst vor mir, weil ich wie ein Terrorist aussehen.“ Wenig später dann der Service für die hinteren Reihen als „Gruß an die da hinten, die mich nicht sehen können, beschreibe ich mal mein Gesicht. Unten sehe ich aus wie Bin Laden, in der Mitte wie Woody Allen und oben wie ein Obdachloser“, spielt er auf seine Strickmütze an.
Justin, sein Begleiter an der zweiten Gitarre, der – da mit einer Deutschen verheiratet gut Deutsch spricht, aber eigentlich zu schüchtern ist, die Ansagen zu übernehmen, verweist zumindest auf seine Erkältung und bittet die Fotografen, seine tropfende Nase im Fotoshop zu bearbeiten. Aber genug der Scherze. Die Musik von Fitzsimmons ist mit die schönste, die wir anno 2008 live in Frankfurt hören durften. Mit angenehmen Bariton trägt er seine Folksongs vor, geradezu einschmeichelnd ist seine Stimme, letztenendes auch voller Hoffnung und mit Heilungspotential. Schließlich war der Mann mal Psychotherapeut. Im Publikum sind junge Männer mit ähnlichen Brillen und Bärten, das verbindet. Und erstaunlich viele junge Mädchen und das , wo William doch alles andere als ein Pin up ist, sondern anspruchsvolle Musik macht. Eigentlich eine schöne Erfahrung, zumal sich alle im intimen Club hinterher treffen, Fotos zusammen machen und sich über Style, Musik und sich auch Gefühle austauschen. Ganz sicher gehört er zu der Sorte Musiker, die fähig und auch willens ist, das Vakuum zu füllen, dass der ganze Casting-, Jugend- und Schönheitswahn ausgelöst hat. Denn es gibt ´ne Menge Kids da draußen auf Sinnsuche und mitten im Selbstfindungsprozess. Musik wie die von Fitzsimmons dabei zu finden und damit echte Emotionen und Solidarität, ist nicht hoch genug einzuschätzen. Ach ja – für die, die – wie ich – auch hinten standen, stellte sich William noch für ein Portrait vor die quietschegrüne Wand des Bett mit gold verzierten Holzbalken und lächelte seine schönstes Lächeln.
Fotos: Detlef Kinsler
17. Dezember 2008, 10.20 Uhr
Detlef Kinsler
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