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dk auf Tour – Erst Licht, dann Lucid oder wie Popmusik erleuchtet



Als P., eine ausgebildete klassischen Pianistin und Jazzsängerin, am Nachmittag anrief und meinte, sie ging mit U., ihrem Bassisten abends zu Peter Licht in den Mousonturm, weil der so schöne Texte schreiben und kluge Interview gäbe, war ich schon einigermaßen erstaunt, wie das zusammen gehen würde. Und prompt standen die Zwei nach nur drei Songs gelangweilt und angenervt im Foyer, nörgelten über die immer drei selben Akkorden und das Bunkerproberaum-Niveau der Band und meinen Einwand, Dylan hätte kaum mehr Akkorden verwendet, ließen sie nicht gelten, schließlich habe der daraus (sinngemäß) große Kunst gemacht. Diese Erfahrung kostete P. zwei Tickets à 17 Euro, dazu Parkhaus und einen Wein, also easy mal satte 80 Mark.

An Peter Licht können sich tatsächlich die Geister scheiden. Die, die in den Mousonturm (und der war rappelvoll) gekommen waren, sind echte Fans, irgendwie auch junge Intellektuelle und – so war in Erfahrung zu bringen – mit hohen Dr.-Anteil (wahrscheinlich Germanistik und Psychologie, vielleicht noch Soziologie), der bei ca. 30 (wenn nicht mehr) % lag. Schließlich hat Licht ja auch Bücher geschrieben und dieser Crossover zwischen Literat und nonkonformistisch erscheinendem Sänger zieht – von den entsprechenden Blättern gehypt – eben dieses Klientel an.

Die finden es dann auch cool, wenn der Künstler aus Überzeugung und Verweigerung gegen das übliche Medienbrimorium im Dunkeln steht mit seinen Musikern. Erstaunlich, wie sehr man das Theaterlicht im Saal runter dimmen kann. Nur Umrissen sind zu erkennen. Fördert oder schadet das der Konzentration im Auditorium? Irgendwann dann stand der Mann, der sein Gesicht auf seinen Pressefotos immer kunstvoll verdeckt hält (und bei dem im Konzert striktes Fotografierverbot gilt), allerdings dann doch im gleißenden weißen Licht (warum gleich übertreiben?!) und man sah eine Ähnlichkeit zu David McCallum, dem Ilya Kuryakin in der Sechziger-Kultserie “Solo für U.N.C.L.E.“. „Dabei tust Du dem aber unrecht, der sieht heute noch als als Dr. Donald ,Ducky´ Mallard bei ,Navy CIS´ richtig gut aus“, meinte ein Kollege der Tagespresse, der den Vortrag im Saal „nett“ fand, damit aber – was fairerweise angemerkt werden soll – nicht die kleine Schwester von Sch.... meinte.



Ein andere Kollege, eher beeindruckt vom Vortrag der Peter Licht, machte auf eine Gruppe von drei Typen in der ersten Reihe aufmerksam, die textsicher alle Songs mit sangen, aber sich eher benahmen wie auf der Schinkenstraße. „Die haben Licht wohl durch seinen Hit ,Sonnendeck´ kennen gelernt, verstehen ihn nicht wirklich und halten ihn für so was wie Mickie Kraus, den Prinzen von Mallorca.“ Gruselige Vorstellung. B., eher zum Konzert überrdet und hundermüde, fand Licht eher gut und interessant, mochte auch seine erste CD. C., die B. überredet hatte, stand mitten im Saal und hatte ihren Spaß. Meins wird Peter Licht in diesem Leben nicht mehr. Muss ja auch nicht. Ich habe meine diversen deutschprachigen Schulen schon hinter mich gebracht. Und gehe zur Lesung von Sven Regener. Da wird zwar nur gesprochen werden, aber so wie der Element of Crime-Sänger seine Romane liest, ist das allemal mehr Rock´n´Roll als Peter Licht.

Weiter nach Sachsenhausen zu Lucid ins Bett. Claudia Fink spielte diesmal wieder solo und dicht an ihren Geburtstag um 12 heran, um dann mit Freunden und Fans einen Sekt zu trinken. Vorher gönnte sie sich selbst das Geschenk vieler Premieren, neue Songs, einer gerade einen Abend vorher fertig geworden, und den konsequenteren Einsatz einer Loop-Machine. Und damit gestaltete die Frankfurter Singer/Songwriterin dann auch ihre ersten Songs zur Gitarre. Türmte Gitarren- und Gesangsspuren aufeinander und stilisierte sich so zum Mini-Orchester. Subtil und auch fragil blieben die Songs dabei dennoch. Allein, weil sie dann doch wieder die Schattenseiten menschlicher Beziehungen ausloten. Ein Abschiedslied für den letzten Verflossenen war auch darunter. Gott sei dank wechselte Lucid dann doch bald ans E-Piano, strapazierte die Loop Machine nicht allzu sehr, denn der Reiz des Ganzen, dem viele Kollegen und Kollegin bis hinein in die Weltmusik erlegen sind, kann sich schnell umkehren. So gab es dann auch eine kleine „Wunschkonzert“-Einlage und Lucid spielte einige ihrer Klassiker, um dann nach dem Motto „No risk no fun“ noch weitere neue Stücke vorzustellen und sich dann feiern zu lassen.

Auf der Heimfahrt am Nibelungenplatz kreuzte dann noch ein Sattelschlepper der Firma H. Leuchte meinen Weg und mir fiel siedend heiß ein, morgen nicht vergessen, neue Glühbirnen einzukaufen, um nicht vor Computer im Dunkeln zu sitzen. Denn beide Spots hatten sich am Nachmittag mit einem leisen Knall einfach so verabschiedet. Auch das wird nicht unbedingt der Erleuchtung, aber zumindest dem besseren Durchblick dienen.



Der nächste Abend brachte mit White Hinterland eine junge Sängerin auf die Studiobühne des Mousonturm, deren Name zumindest viel Strahlkraft versprach. Nur eine Handvoll Leute verloren sich auf den flachen Treppenstufen und bald wurde klar, dass die erst 23jährige Casey Dienel, die gerne schon mal in Artikeln in die Nähe von Legenden wie Laura Nyro und Joni Mitchell gerückt wird, sich in deren Fußspuren verliert. Die Assoziation zur gehypten Harfenlady Joanna Newson passt da insofern besser, dass auch sie ein eher dünnes, ausdrucksloses Stimmchen hat. Und das ist das Problem des Abends. Denn Dienel spielt ein interessantes, eher unkonventionelles (Wurlitzer) Piano (wie Kollegin Lucid bemerkte), die Band mit E-Bass und Drums eher normal besetzt, tat alles, um den Arrangements Farbe und Facetten zu geben, aber der meist gesanglich noch unreife Ausdruck (und auch technische Unzulänglichkeiten beim, sorry, Töne treffen) machte viele gute Ansätze zunichte, ließen die vorhandenen trancehaften und hypnotischen Momenten leider verpuffen. Denn tatsächlich ist White Hinterlands Singer/Songwriter-Ansatz nur dann folky, wenn Casey zur Mini-Ukulele greift und ein nettes Liedchen zu besten gibt. Sonst gewinnt man mitunter den Eindruck, das, was die Doors damals gespielt haben, könnte auch eine eigenwillige Jazz-Variante gewesen sein. Zwischendurch gab´s auch mal einen französisch gesungenen Titel von der aktuellen 5-Track-EP, die Dienels Faible für französischen Sixties-Pop frönt. „Mon Ami La Rose“ von Françoise Hardy. Auch das Thema Peter Licht war noch nicht abgeschlossen. Denn tatsächlich meinte ein weitere Kollege der schreibenden Zunft fast vorwurfsvoll, Du und M. seid die einzigen, die Peter Licht nicht gut fanden. Wie schön, wenn man sich den Luxus ein Outsider sein noch leisten kann... Was die erhoffte Erleuchtung betrifft, vielleicht kommt die mir ja heute bei Yasmin Levy in der Brotfabrik.
Text/Fotos: Detlef Kinsler
 
7. Oktober 2008, 11.55 Uhr
Detlef Kinsler
 
 
Fotogalerie:
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