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Foto: Harald Schröder
Foto: Harald Schröder

Zwischenruf von Sonja Vandenrath

Ist Goethe noch zeitgemäß?

Ja, meint Sonja Vandenrath, die Literaturreferentin der Stadt. Im Vorfeld der Goethe-Festwoche schreibt sie über einen Schriftsteller und die Liebe. Zeitgenössischer geht es schließlich kaum.
Selbst Goethe blieb am Ende nur mehr die Elegie; der 72-Jährige war bei der 54 Jahre jüngeren Ulrike von Levetzow abgeblitzt: Das Fräulein habe noch gar keine Lust zu heiraten, so übermittelte die Mutter der Auserwählten dem in Marienbad kurenden Geheimrat. Geplatzt war damit der Traum von einer erotischen Frischzellenkur. Die junge Dame sollte später schreiben: „Keine Liebschaft war es nicht“.

Doch Goethe wäre nicht der „Göttern Liebling“, wenn ihn nur die Liebe und nicht auch das Versiegen dieser Lebensquelle inspiriert hätte. In der „Marienbader Elegie“ von 1823 schreibt er anrührend: „Der Kuß, der letzte, grausam süß, zerschneidend // Ein herrliches Geflecht verschlungener Minnen“. Verschlungen war die Liebe schon beim jungen Goethe, der mit dem „Werther“ einen regelrechten Hype unter Zeitgenossen erzeugte. Der erste moderne Liebesroman der deutschen Literatur endete mit einer Kugel im Kopf. Der Erfinder dieses wunderbar ausgeschmückten Selbstmordes hatte gerade selbst einige Zeit mit einem Degen auf dem Nachttisch verbracht. Statt sich zu erstechen, schrieb er den „Werther“. In der Populärpsychologie würde man von Sublimation sprechen; Goethe selbst macht daraus einen Megaseller.

Der Dichterfürst war Zeit seines Lebens ein begnadeter Liebender. Legende sind die Zeugnisse seiner erotischen Eskapaden, seelenvollen Romanzen oder nebulösen Beziehungen. Die Damen, die aus Anstand wohl nicht so recht zum Zuge kamen, zerrissen sich das Maul über die jeweiligen Favoritinnen. Weimar war ein Klatschnest, und die Frauengeschichten des Dichterfürsten wurden genüsslich verhackstückt. Als Reisen getarnte Fluchten aus der Enge des Residenzstädtchens gaben dem Dichter Gelegenheit zu neuen Amouren. Doch im Jahrhundert einer obsessiven Briefkultur blieben auch sie nicht unbeobachtet.

Mehr als eine Episode im Leben Goethes war die Beziehung zu Marianne von Willemer, die er im Sommer 1814, also vor genau 200 Jahren, bei einem Aufenthalt in seiner Geburtsstadt kennengelernt hatte. Als junge Elevin war sie auf der Bühne des Frankfurter Theaters so eindrucksvoll aus einem Ei geschlüpft, dass der verwitwete Kaufmann von Willemer sie ihrer Mutter abgekauft haben soll. Aus der „Pflegetochter“ wurde später die Ehefrau Willemers. Das schützte weder sie noch Goethe davor, sich heftig ineinander zu verlieben. Die wenige gemeinsame Zeit war überaus produktiv. Zeugnis auch der gemeinsamen Lektüre orientalischer Liebeslyrik legt das „Buch Suleika“ aus Goethes „West-östlichem Divan“ ab. Der erotische Wechselgesang zwischen Suleika und Hatem ist gelebte Literatur – nicht mehr aber auch nicht weniger. Liebe und Eros im Spiegel von Goethes Dichtung steht im Zentrum der Frankfurter Goethe-Festwoche 2014 „Denn das Leben ist die Liebe / Und des Lebens Leben Geist“, so Suleika, alias Marianne von Willemer.

Dr. Sonja Vandenrath ist die Literaturreferentin der Stadt Frankfurt.
Unter dem Titel „Goethes Eros“ findet vom 19.–28.9. die Frankfurter
Goethe-Festwoche statt. Das Programm gibt es unter www.goethe-
festwoche.de
. Diskutieren Sie den ­Zwischenruf in den kommenden
14 Tagen online.
 
9. September 2014, 11.48 Uhr
Sonja Vandenrath
 
 
Fotogalerie:
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