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You’re great! – Usually

Lange im Voraus ausverkauft, kam Patti Smith, die „Godmother of Punk“ (wem fallen bloß immer solche „Adelstitel“ ein?), diesmal in den im Vergleich mit der Jahrhunderthalle das letzte Mal intimen Rahmen des Mousonturms. Und das Publikum im Saal erlebte ein in jeder Hinsicht außergewöhnliches Konzert.
Die Ansage kam erst mal nicht so dramatisch rüber. „Ich habe eine Erkältung“, meinte Patti Smith während sich ihre Musiker die akustischen Gitarren griffen beziehungsweise hinter dem Flügel und am Schlagzeug Platz nahmen. Etwas kratzig klang das. „Aber das hier ist ja kein Klassikkonzert, sondern Rock’n’Roll“, machte sich die Sängerin selber Mut und schob noch ein Versprechen für ihr Publikum nach: „Ihr erlebt einen einmaligen Abend.“ Tatsächlich schaffte es die 64-Jährige anderthalb Stunden durchzuhalten. Weil sie sich am Nachmittag in ihrem Hotel geschworen hatte, das Konzert nicht abzusagen, ihr Publikum nicht enttäuschen zu wollen. Der Schuss hätte natürlich nach hinten losgehen können. Aber es war nicht nur der Respekt gegenüber einer Ikone geschweige denn die Kritikunfähigkeit einer eingeschworenen Fangemeinde, die das Konzert keinen Moment lang peinlich werden ließ.

Ein „Du singst immer noch besser als Keith Richards“ aus dem Publikum war als Aufmunterung gemeint, aber selbst in Pattis stimmlicher Verfassung kein wirkliches Kompliment. Erstaunlich, welche Ausdruckskraft gerade ihre Rezitative (wo sie kaum sprechen konnte bei den Zwischentexten) noch hatte, wie sie mit immenser Konzentration vor allem die ihr wichtige Passagen auch in ihren gesungenen Texten noch rüber brachte. Weil sie offensiv mit der Situation umging, damit kokettierte, zugab, Angst zu haben, einen besonders schönen Song zu zersingen obwohl sie eigentlich sonst nichts und niemanden fürchte und sogar ihren Versuch der Entscheidungsfindung vorm Konzert spontan zu einem Songtext formulierte, hingen die Menschen an ihren Lippen, fanden „you’re great“ was Patti mit Stirnrunzeln, aber auch großer Freude und einem „Usually“ zur Kenntnis nahm.

Sie gönnte sich kurze Pausen zwischendurch, ein Heißgetränk, und überließ Gitarrist Lenny Kaye und seinem Kollegen Jackson Smith (Pattis Sohn) den Gesang für einen Songs der Seeds oder Jim Carrolls „People Who Died“. Sie setzte sich dafür andächtig lauschend an den Bühnenrand, mal links, mal rechts, ganz nah beim Publikum, ließ es später auch noch über ihr Mikrofon beim Klassiker „Because The Night“ mitsingen, schüttelte schließlich Hände und verteilte so ihre Bronchitis gerecht über den Raum. Niemand schreckte vor dieser Nähe zurück, so, als wäre es eine Ehre mit dem Star dessen Viren zu teilen. Und Patti Smith fand auch noch die Kraft für ihr wichtige Botschaften, „Jesus died for somebody's sins but not mine“ in „G-l-o-r-i-a“ und vor allem „People Have The Power“. „Wir müssen raus auf die Straße, immer und immer wieder, ob in Madrid oder Kairo. Selbst wenn wir nicht immer gleich etwas damit ändern können, müssen wir Präsenz zeigen, deutlich machen, dass wir noch existieren. Wir müssen die Welt und unserer Umwelt retten. Und dafür müssen die Menschen zusammen finden, ihre Stimme erheben, selbst wenn sie so klingt wie meine heute.“ Eine Message, die oft als allzu naiv bekrittelt wird, hinter der Patti Smith aber steht, die sie vertritt und sie ausmacht wie ihre Musik. Und eben diese Authentizität ist es, die man an ihr schätzt und weshalb man sogar einen Abend wie diesen genießt. Selbst eine Zugabe ließ sie nicht aus. In „Rock’n’Roll Nigger“ zeigte die Band noch mal, wie viel Power in akustischen Instrumenten steckt und wie hypnotisch sie diese zu zelebrieren weiß, um ein Publikum zu echter Begeisterung anzustacheln. „Beim nächsten Konzert in Frankfurt spielen wir doppelt so lang“, sprach´s und ließ sich sofort ins Hotel fahren. Nicht wenige im Saal zeigten sich wirklich beeindruckt von dieser Frau.
 
2. Juni 2011, 18.03 Uhr
Detlef Kinsler
 
 
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