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Wie Frankfurt seiner Grünen Sauce einmal ein Denkmal baute

Gruene-Sauce-Denkmal
Foto:wikipedia

Es gibt verschiedene Bilder von Frankfurt. Zum einen das der kriminellen, kalten Bankenstadt, deren Klischees in TV-Serien wie der kürzlich gestarteten Bankiers-Soap „Geld.Macht.Liebe.“ auf der ARD bemüht und vertieft werden. Es gibt aber auch das gemütliche und grüne Frankfurt, für das kulinarische Köstlichkeiten wie Apfelwein, Handkäs oder Grüne-Soße stehen. Für letztere wurde im Mai 2007 ein Denkmal im Frankfurter Garten-Stadtteil Oberrad errichtet. Ein lohnendes Ausflugsziel im Grüngürtel für die Sommerferien, auch außerhalb der Grüne-Soßen-Saison. Und ein Denkmal, das seinerzeit unseren Literaturredakteur Christoph Schröder zu folgendem Aufsatz inspirierte:


gruenesauce01"Früher, als ich in einer hessischen Kleinstadt Zivildienst leistete, beauftragte mich eine alte Frau damit, in den Supermarkt zu gehen und Grüne Soße für sie zu kaufen. Ich ging dreimal die Woche zu ihr, und jedes Mal musste ich Grüne Soße kaufen. Am Anfang wusste ich gar nicht, was das ist, lief durch den Supermarkt, fragte schließlich eine Kassiererin und wunderte mich, was das da für ein Grünzeug sein sollte, eingeschlagen in Papier. Die alte Frau aber aß das jeden Tag. Ich hoffe, sie lebt noch heute.

Mittlerweile lebe ich seit sieben Jahren in Frankfurt und kann freimütig gestehen: Ich bin Grüne-Soße-süchtig. Und als ich jetzt hörte, dass in den Oberräder Gemüsefeldern ein Denkmal für die Grüne Soße errichtet wird, war ich völlig begeistert. Ganz davon abgesehen, dass dort, wo das Denkmal jetzt steht, es niemand zu sehen bekommen wird außer den Gemüsebauern selbst. Die Oberräder Gemüsefelder mag ich übrigens auch. Jedes Mal, wenn ich mit dem Zug aus Frankfurt herausfahre, nach Berlin beispielsweise, überkommt mich bereits am Südbahnhof, spätestens aber an den Oberräder Gemüsefeldern ein schmerzhaftes Gefühl von Heimweh. Aber das ist eine andere Geschichte.

gruenesauce02Zurück zur Soße. In Oberrad also stehen jetzt sieben kleine Gewächshäuser in sieben unterschiedlichen Grüntönen, die jeweils eines der sieben Kräuter symbolisieren, gestaltet von einer Studentin der Hochschule für Gestaltung in, na ja, Offenbach. SIEBEN! Nicht acht oder neun, nein, sieben. Das habe ich schnell gelernt. Dass jegliches Verpanschen der Grünen Soße mit Zusatzkräutern ein Sakrileg ist. Bärlauch ist ja total in Mode. Ganz davon abgesehen, dass Bärlauch ekelhaft ist, aufdringlich und protzig und mithin in seinem Status vergleichbar mit einem SUV (ich verweise auf meine vorangegangene Kolumne), hat er einfach in der Grünen Soße nichts zu suchen. Die Grüne Soße hat es ohne den Bärlauch durch die Jahrhunderte geschafft, und sie wird auch den Drecksbärlauch überleben. Allen Menschen, die eine Bärlauchverunreinigung vornehmen, wünsche ich, dass sie aus Versehen zum giftigen Maiglöckchen gegriffen haben.

In Oberrad jedenfalls, zur Eröffnung des Denkmals, saß an einem helllichten Werktagsmittag eine erstaunlich große Zahl von Menschen in der prallen Sonne und zündete sich die Lampe an. Ein Akkordeonspieler war auch da und eine Sängerin, die sang, wie sehr sie alles liebe, was so grün ist; die Künstlerin trug ein grünes Kleid, die grüne Bürgermeisterin Jutta Ebeling trug nicht grün, bekannte aber, dass sie stets einen Klacks Mayonnaise in ihre Grüne Soße mische, was ihr laute Buhrufe der vom Apfelwein bereits angeheizten Oberräder Bevölkerung eintrug. Mayonnaise gehört da nämlich auch nicht rein. Kürzlich aß ich eine Grüne Soße mit Mayon-naise und Estragon, also so ein bisschen mediterran. Anschließend litt ich zwei Tage.

gruenesauce03Grüne-Soße-süchtig bin ich nämlich deswegen geworden, weil sie immer zu allem passt und leicht ist und insgesamt eine dieser unverwechselbaren Frankfurter Einrichtungen, für die man diese Stadt lieben muss. In den vergangenen sechs Wochen habe ich sechs Kilo abgespeckt mit einer Grüne-Soße-und-Apfelwein-Diät. Da soll noch einer behaupten, Apfelweinkost sei unverträglich. In Oberrad hieß es übrigens, dass ein Patentantrag für die Grüne Soße eingereicht worden sei, eine wunderbare Idee. Dann darf niemand mehr daran herumpanschen, ohne sich strafbar zu machen. Und in Zukunft, wenn ich aus der Stadt herausfahre, in den kalten Osten, in unsere dunkle Hauptstadt, werde ich nach rechts aus dem Fenster schauen, die sieben Gewächshäuser sehen, und mein Heimweh wird noch etwas größer sein als sonst."
 
13. Juli 2009, 09.29 Uhr
Christoph Schröder
 
 
Fotogalerie:
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