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Vor Gericht: Tritt oder Stoß?

Herr S. lebt auf der Straße. Zwar gibt er nicht das klassische Bild des Landstreichers ab, doch sein Geruch verbreitet eine dezente Aura des Unbehaustseins. Sein Hab und Gut trägt er in einer Sporttasche bei sich. Und doch – Herr S., 47 Jahre alt und gelernter Maschinenschlosser, drückt sich wohlüberlegt aus, höflich und zurückhaltend. An jenem Abend, um den es hier geht, muss das ganz anders gewesen sein: Als Herr S. am Ostbahnhof mit seinem Fahrrad in den städtischen Bus stieg, schlossen sich die Automatiktüren. Daraufhin beschimpfte Herr S. den Busfahrer wüst und drohte ihm Prügel an. Da schaltete sich Herr K. ein, ein Polizeibeamter, der zufällig vor Ort war.

Was nun geschah, ist strittig: Herr S. behauptet, er sei gewaltsam und höchst schmerzhaft aus dem Bus befördert worden und dabei mit dem Rücken auf seinen Fahrradlenker geprallt; die Anklage wirft ihm jedoch Körperverletzung gegenüber dem Polizisten vor. Die Richterin liest eine Vorstrafenliste vor, die bis ins Jahr 1977 zurückreicht. Deswegen, so erklärt S., habe er auch keine Anzeige gegen den Polizisten erstattet: „Wer glaubt mir denn?“ Die Beleidigungen allerdings gibt Herr S. zu und entschuldigt sich bei dem Busfahrer. Zum Tatzeitpunkt hatte er knapp 1,5 Promille. Der Busfahrer hat den angeklagten Tritt gegen den Polizisten nicht gesehen; der wiederum hat bei seiner Vernehmung keinerlei Verletzungen angegeben. Die sind ihm laut Protokoll erst später aufgefallen. Und ganz nüchtern sei Herr K. selbst wohl auch nicht mehr gewesen, sagt ein Kollege. Merkwürdig.
Derjenige, der Licht in die Sache bringen könnte, wäre Herr K. selbst. Doch der taucht nicht auf. Bei der Dienststelle, die er als seine Adresse angegeben hat, kennt man ihn nicht. Noch merkwürdiger. Nach weiteren vergeblichen Bemühungen, den Hauptbelastungszeugen aufzutreiben, vertagt die Richterin schließlich das Verfahren. Das letzte Wort hat trotzdem der Angeklagte: „Das zeugt aber nicht gerade von Pflichtbewusstsein gegenüber der Justiz“, sagt Herr S. „Dazu sag ich nichts“, sagt die Richterin. Und grinst.

Erschienen im Journal Frankfurt, Ausgabe 24/2008
 
2. Dezember 2008, 16.17 Uhr
Christoph Schröder
 
 
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