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Von einem Geburtstag, Pura Fé und einem schönen Zufall
Manchmal fallen Dinge auf ihr Plätzchen wie die Amis zu sagen pflegen. Am Dienstag letzter Woche rief C., um mich für ihren Geburtstag am Wochenende einzuladen. „Ohne meinen Zeitplan vor Augen zu haben – ich bin diese Woche jeden Abend unterwegs. Sag mir doch wo ihr seid und ich komme ganz sicher nach“, sagte ich ihr. „Ich bin in der Brotfabrik, beim Konzert von Pura Fé“, erwiderte sie. „Trifft sich gut – da bin ich auch.“ Dann erfuhr ich noch, dass C. – die ich musikalisch bis dato bei den Sportfreunden Stiller und den Beatsteaks verortete – auf der Suche nach „etwas Besonderem“ einen Ankündigungstext für das Konzert gefunden hatte. Den ich geschrieben hatte. Pura Zufall?
Und so trafen wir uns dann in der Brotfabrik und gehörten zu einem kleinen, erlauchten, wissenden Kreis von Schon- und Noch-nicht-, aber dann Nach-dem-Konzert-ganz-sicher-Pura-Fé-Fans. Wer gekommen war, erlebte eine Musikerin, die – nur begleitet von Freund und Gitarrist Danny Godinez, einem versierten wie virtuosen Musiker – hinter ihrer doppelhalsigen Lap Steel Gitarre Platz nahm, mit der sie umging, als müsse sie sie noch kennen lernen. „Sie ist ganz neu. Die alte hat Ryan Air auf dem Gewissen. Mit denen fliege ich nie wieder“, machte Pura „Werbung“ für den Billigflieger. Während Danny zupft und schrammelt, lässt sie das Bottleneck-Röhrchen auf die Saiten gleiten und singt dazu, mal leise, zart, dann mit viel Kraft, Inbrunst und Power, dass man tatsächlich an die ganz junge Janis Joplin denken muss.
Ja, das ist Blues, das ist Folk, vielleicht mitunter auch Country. Auf alle Fälle Roots Music und ganz sicher Ur-Amerikana. Denn Pura Fés Abstammung mütterlichseits von Tuscarora-Indianern aus North Carolina ist unüberhörbar, nicht nur, wenn sie zum Schluss des Konzertes a cappella – politisch unkorrekt ausgedrückt – indianische Gesänge anstimmt und hier wie öfters im Konzert die Loop-Maschine einsetzt, um mit sich selbst im Chor zu singen. Auch Godinez tut das im Übrigen, um dann wie ein ganzes Gitarrenorchester zu klingen.
„Eigentlich gehöre ich ins Guinness Buch der Rekorde“, taut die zunächst verhalten, fast schüchtern wirkende, aber eher in sich ruhende Sängerin mit Verlauf des Konzertes auf, bindet ihr Publikum in Call- and Response-Gesänge ein und erzählt. „Wir waren vier Generationen mit je 7 Sängern hintereinander – der Deer Clan.“ Musik war also ihre Berufung – unausweichlich. Und so sind ihre Texte auch mit ihrer Familie und der Geschichte der Native Americans verbunden, die Geschichte einer Tante ihrer Mutter, die vom Ku Klux Clan ermordet wurde. Auch der Großvater bekommt seien Widmung. Und man spürt Verbundenheit, mit Geschichte, Gegenwart und Zukunft, mit Natur und Spiritualität. „Was für eine Ausstrahlung sie hat“, schwärmte C. nach dem Konzert und war glücklich, an ihrem Ehrentag musikalisch so begleitet worden zu sein.
Foto: Detlef Kinsler
21. Oktober 2008, 16.25 Uhr
Detlef Kinsler
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