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Velveteen – Guten Tag, hier kommt die Gitarrenwand


Mit „27“ veröffentlicht die Frankfurter Band Velveteen – wir stellen sie im Portrait unter LEUTE im aktuellen JOURNAL FRANKFURT vor – am 26.2. ein neues Album. Wir sprachen mit Sänger und Gitarrist Carsten Schrauff über Shoegazing, Gitarrenwände und eine Zahlenmystik, die gar keine ist.

Wenn man so durch eure Biografie liest, fallen Stichworte wie WG, Shoegazing, Plattenhören mit Freunden zuhause auf...Wie wichtig war das alles für eure Sozialisation als Band?
Carsten: Ziemlich entscheidend. Wir haben ständig, Nacht für Nacht zusammen gesessen und uns die ganzen sogenannten Shoegazer-Bands wie Ride, My Bloody Valentine oder Spacemen 3 angehört und konnten es einfach nicht fassen wie großartig diese Musik war. Wir haben uns natürlich auch als so eine Art Elite gesehen weil wir Bands wie Venus Beads oder Medicine kannten und wir uns damit so wunderbar angenehm isoliert betrachten konnten. In unserem Umfeld regierte damals noch der Bluesrock und ließ gerade noch Platz für Althippie- und Metalbands übrig, da haben wir uns schön über die Dinge stellen können und sagen: Guten Tag, hier kommt die Gitarrenwand.

Kleine Labels, minimale Promo, keine Produktionsbudgets, dann der Majorkontakt, Studio in Weilheim, Kontakt zu Console und die Ernüchterung – alles sollte „hittiger“ werden. Ein Alptraum?
Sowohl Traum als auch Alptraum. Natürlich war das nach den Jahren der Sparsamkeit toll mit großem Budget im Studio und mit dem Produzenten unserer Wahl in Weilheim aufzunehmen und das ganze Notwist-Umfeld kennen zu lernen. Wir haben damals bei Martin Gretschmann gewohnt und da kamen immer Leute von anderen neuen Bands wie Miles oder Readymade vorbei. Das war natürlich cool. Wir haben da sehr schnell unglaublich viel lernen dürfen und sehen diesen Teil der Geschichte sehr positiv. Grausam war hingegen die Erkenntnis, dass mit dem Major nun überhaupt nicht zu spaßen war und der ein wirklich Kunst verachtendes Verständnis an die Platte und deren Vermarktung herantrug. Wir sprechen nicht über Details, aber es war wirklich so entsetzlich, dass wir uns noch vor der Fertigstellung der Produktion restlos überworfen hatten und getrennte Wege gingen. Auch da waren Gespräche mit dem Weilheimer Umfeld wichtig und tröstend. Wir fühlen uns noch heute diesem Standort und Standpunkt sehr verbunden.

Ihr habt von Anfang keinen Hehl daraus gemacht, dass Platten produzieren wichtig, aber Livespielen noch wichtiger ist. Was reizt denn so besonders unter freiem Himmel oder an sympathischen Clubs?
Vom freien Himmel ist bei uns ja eher selten die Rede, da wir uns auf großen Festivals bisher nicht so recht wohl gefühlt haben. Aber das Gefühl nach einem gelungen Konzert in einem guten Club ist schon einzigartig. Diese Verbindung von Hitze, der Lautstärke und Anstrengung bewegt in uns immer etwas Besonderes.
Außerdem spielt natürlich auch bei uns der direkte Abgleich mit dem Publikum eine Rolle. Wenn das gut funktioniert ist das eigentlich ein fast unschlagbarer Zustand.

Mit Oli Rüger im kam dann ein Produzent ins Spiel, der auch die Studioarbeit spannender für euch machte?
Ja, auch von Ihm haben wir sehr viel gelernt. Das war schon eigenartig mit einem so dominanten zum Teil nahezu aufbrausenden Charakter zu arbeiten. Er nimmt ja bekanntermaßen keine Gefangenen, ist aber gerade dadurch ein großartiger Kerl und guter Freund. Das brachte uns insbesondere bei der Produktion von „the outdoor method“ und „HOME WATERS“ sehr viel weiter als bisher. Wir haben mit Ihm begonnen die Studioarbeit als Neubeginn und nicht als Abschluss zu verstehen. Wir haben durch ihn aufgehört, Albumproduktionen als Archivierung der vorausgegangen Kreativarbeit zu sehen. Das war der entscheidende Knackpunkt und die Wende für uns. Seitdem ist die Weiterentwicklung und das Experiment viel mehr in den Vordergrund gerückt und die Freude am Produzieren in uns gewachsen. Früher waren wir nicht gerne im Studio und konnten es kaum abwarten wieder endlich live oder im Proberaum zu spielen. Jetzt ist die Studioarbeit, aus künstlerischer Sicht zumindest, zum Mittelpunkt für uns geworden. Der Proberaum ist nur noch Werkstätte.

„HOME WATERS“ hieß das Album von 2007, in den oben genannten Mikrokosmos der vier Frankfurter hinein ziehend“. Wie drückt sich denn das Beschriebene letztlich akustisch aus? Oder waren damit mehr die Lyrics gemeint?
Damit waren in erster Linie die Lyrics gemeint, denke ich. In unseren Songs sind entweder oberflächlich, manchmal auch subtil meine Erlebnisse beschreiben. Diese unterscheiden sich in ihrer Artung wenig von denen der anderen innerhalb der Band. Wir scheuen den Weg in die politische Thematik wie oft im Punk oder in die der Fantasie wie im Metal und beschreiben lieber unsere eigene kleine Welt und Dinge die wir als wertvoll genug betrachten um thematisiert zu werden. Unser, nennen wir es von mir aus „Mikrokosmos“ ist es, in dem wir uns auskennen und den wir sowohl benennen als auch beschreiben können. Denn: Es muss nicht weltbewegend sein um dennoch bewegend zu sein. Ich denke jeder war schon mal auf so einer Party wie die, von der wir bei „drink up girls“ entfliehen wollen oder hat darüber nachgedacht ob man nicht mit der ein oder anderen Sache auf Dauer brechen muss, wie wir dass in „I devided Europe“ beschreiben. Entscheidend ist dabei, dass es den Verfasser bewegt hat und das so durch Musik transportiert wird, dass es den Hörer bewegt. Das ist wichtig, wichtig genug zumindest für uns.

Von stiller Dramatik war auch die Rede, vom Scheitern als Bestandteil des Lebensalltags, was aber vielleicht überraschend als Ausgangspunkt aller Hoffnung genommen wird...
Ja, genau da sind wir am Kern. Scheitern ist Bestandteil des Strebens. Nun, wenn das Scheitern die Talsohle ist, ist dieser Ausgangspunkt aller Hoffnung auf Besseres, sozusagen der Augenblick der Kehrtwende. Allein dadurch hat das Scheitern einen eigenen Wert und ist unverzichtbar. Hoffnung ist wichtig und das Leben dreht sich um Hoffnung, aber es gibt aber keine Hoffnung ohne Scheitern.

Als Velveteen-typischen werden immer die gewaltig schönen Gitarrenwände genannt... Aber die sind differenzierter als man das vermuten mag...

Vielen Dank. Wer wird schon gerne auf Lautstärke reduziert… Wir bauen gerne Gitarrenwände die aus vielen, vielen kleinen verworrenen Melodien, Akkorden oder Figuren bestehen, vordergründig breit erscheinen und bei genaurem hinhören sich einzeln erschließen. Bei „at the birdhouse“ zum Beispiel haben wir über 20 Gitarrenspuren übereinander gelegt und ich wette 15 einzelne kann man mindestens noch hören. Dabei geht es künstlerisch um das Gewaltprinzip und dessen Ausgleich. Wenn wir die Gitarren manchmal brutal walten lassen, müssen sie zusammen eine sehnsüchtige Harmonie ergeben um nicht als böse oder zu düster daher zu kommen. Alles Süßliche muss mit Bitterkeit gebunden werden, der Welle das Eckige, der Direktheit der Nachhall entgegen gestellt werden damit es am Ende wieder passt und so ist wie das Leben selbst, nämlich in sich gegensätzlich. So verbinden wir Klanggebilde zu dem was wir als richtig und ausgewogen erachten.

Wie habt ihr die Wahrnehmung der Band erfahren – regional, national (auch in den Medien), als Support unterschiedlicher Bands und international... Mit letzterem spiele ich natürlich an auf viele viele Downloads gerade in den Staaten, den Aprilscherz des amerikanischen Bloggers und Velveteen in den MTV News in den USA... Wie wichtig sind euch Kritiken wie die im Musik Express, die in solch blumigen Sätzen gipfelt wie: „Wohlklingende Soundwände aus melodiösen Gitarren, flirrenden Keyboards, warmen Bässen und dreamy Glockenspiel, nach behutsamen Strophen in Instrumentalausbrüchen gipfelnd, die sich aufbäumen und sich turmhoch strecken.“
Das ist natürlich immer sehr nett zu lesen und uns freut, wenn sich da jemand für uns begeistert und das mit solchen Worten beschreibt. Wir sind aber auch glücklich, wenn jemand mit einer nüchternen Ausdrucksweise den Nagel auf den Kopf trifft, was ja manchmal die schwierigere Disziplin ist. Die Wahrnehmung der Band haben wir sehr unterschiedlich erfahren. In Deutschland gehen die Medien eher sparsam mit uns um. Jedoch immer wohlwollend. Das freut uns und ist uns auch nicht unwichtig. Das geht meist von Fachjournalisten der Musikzeitschriften oder den jeweiligen Tageszeitungen aus. Deren Lob tut natürlich gut. Die Begeisterung die uns aus den USA entgegengebracht wird, ist da anders. Dort werden wir mehr besprochen, alles mit vielmehr USA-typischen Superlativen, da gibt es auch richtige Fans, die uns wundervolle Emails oder Kommentare schreiben und sich wünschen, wir kämen endlich in Ihre Stadt. Das hat uns total überrascht, wie wenig Missgunst uns da begegnet ist. Das ist hier manchmal anders. Sowohl von Fans als auch von der Presse. Das ganze ging natürlich damit los als dieser verrückte Blogger „HOME WATERS“ als Death Cab for Cutie Leak von „Narrow Stairs“ als Aprilscherz ins Internet gestellt hat. Also dass da ein Link war, an dem stand: hier könnt Ihr Euch das neue DCFC Album downloaden, das offiziell erst in 6 Monaten erscheint. In Wirklichkeit haben aber alle „HOME WATERS“ downgeloaded. Da gab’s dann über Nacht kein Halten mehr. Komischerweise sind da alle erstmal darauf reingefallen, haben sich, als sie gemerkt haben, dass da was nicht stimmt, aber über Ihre sogenannte „Neuentdeckung“ gefreut. Von MTV bis zu unzähligen Radiosendern haben viele Medien darüber berichtet und auf einmal hatten wir den Salat und mussten uns über Amerika Gedanken machen. Wir bekommen wegen der Sache bis heute weiterhin viele nette Mails und haben immer noch den größten Teil unserer Hörer in den USA. Das ist schon kein Vergleich zu Deutschland, recht Fremd aber schön.

In der FAZ war von einem „lebendiges Plädoyer gegen Verflachung und Eintönigkeit in der Popmusik“ die Rede und von der Unvereinbarkeit der Attitude/Haltung der Band und Vermarktungsstrategien der Industrie, mit denen man sich konfrontiert sah...
Ja darauf sind wir auch stolz. Als wir damals die Trennung von dem Major und seinen Verheißungen vollzogen haben war das natürlich bitter. Wir dachten ja: Jetzt geht’s los. Ging’s aber nicht, sondern war alles für die Katz. Wir haben darüber ja schon oft gesprochen aber es steht nach wie vor fest, dass dies eine kluge Entscheidung war und wir uns sonst bestimmt recht bald aufgelöst hätten. Wir hätten nicht mehr funktioniert. Und nur weil das A&Rs manchmal nicht glauben, passieren solche Katastrophen. Sicher, wir haben da auch von Anfang an auf dem falschen Schiff angeheuert und haben erste deutliche Zeichen klar ignoriert. Dann war’s aber irgendwann zu spät für eine Grundsatzdiskussion. So sind wir von einem Plattendeal zurück in unseren Proberaum geknallt und mussten überall beichten, dass das mit dem neuen Album erstmal nichts wird. War nicht schön. Dieser Schritt wurde uns aber, glaube ich, nachträglich hoch angerechnet. Wir haben seitdem Platten nur so gemacht wie wir sie wollten, mit wenig oder ohne Vermarktung, die einem gleichermaßen Heilsbringer und Hindernis sein kann. Das ist schön. Und das fühlt sich richtig an.

Wo seht ihr euch heute musikalisch: Alternative, Indie, Post, Noise, Rock, Pop? Melodisch, hymnisch, dynamisch? Oder eine homogene Einheit mit the best of all these worlds?
Wir verstanden uns und wir verstehen uns als „Indie“. Diese Nomenklatur der Alternativen zu Rock und Pop nervt und ist dennoch irgendwie nützlich. Als wir anfingen gab es zwischen eine klarere Abgrenzung zwischen Indie und Mainstream, mittlerweile hat sich der Indie-Bereich soweit aufgefächert, dass es eher darum geht eine inhaltliche und ideologische Tendenz zu beschreiben. Den Rest kann der Hörer für sich entscheiden.


Das neue Album „27“ habt ihr diesmal auch selber produziert – with a little help by some friends...
Ja, wir haben eine Grundlegende Veränderung in der Produktionsweise gesucht. Wir wollten unbedingt ein Album machen, welches nicht auf fertig arrangierten Songs gründet so wie „HOME WATERS“ oder „the outdoor method“, sondern alles erst im Studio passieren lassen. Das haben wir dann tatsächlich so gemacht und haben alles dem Moment überlassen. Nicht, dass da nicht auch was im Müll gelandet ist, aber es hat gleich von Beginn an so gut funktioniert, dass wir das dann so durchgezogen haben. Ein Hook, ein Sample oder eine Gitarrenfigur dann die Basstöne in einer Dramaturgie dazu finden, Gesangsmelodien, weiter, weiter, weiter bis ein Song daraus wurde. Dann sofort gemischt und den Song abgeschlossen. Dann erst der nächste Versuch. Das war natürlich zeitaufwendig und arbeitsintensiv. Wichtig war für uns auch, den Kreis der kreativen Entscheidungsträger auf ein Minimum zu reduzieren, das ist uns gelungen, dennoch kamen wir nicht um „a little help from some friends“ herum, die wieder wundervoll mit uns zusammengearbeitet haben.

Die Musik erscheint beim ersten Hören ruhiger... Bei Madonna und Alanis Morissette hat man nach der Niederkunft und weit sinnlicheren Tönen als zuvor von Mutterschaftsplatten gesprochen. Ist „27“ auch – dank Deiner neuen Rolle – eine „Vaterschaftsplatte“?
Nein in keinster Weise, auch wenn das noch so schön wäre. Die Platte ist ruhiger, stimmt. Warum das so ist wissen wir nicht. Wir haben uns nicht gesagt: Lasst uns mal weniger Radau machen. Die Songs haben sich einfach aus den Experimenten so ergeben, ohne dass wir das bewusst so in diese Bahnen haben lenken wollen. Ich weiß, das hört sich jetzt sehr nach so Kunst Quatsch an, war aber tatsächlich so.

Worauf bezieht sich die 27?
Wir wollten immer schon mal ein Album nach einer Zahl benennen. Als ich auf der Suche nach möglichen Titeln die gesamte Studiozeit rückblickend überschaut habe, hat sich herausgestellt das wir insgesamt 27 Wochen im Studio aufgenommen hatten über einen Zeitraum von anderthalb Jahren. So einfach war’s. Jetzt schicken uns Leute aus den USA mails in denen sie irgendwelche super Erklärungen für die 27 haben oder sagen das wäre schon immer Ihre Lieblingszahl. Das macht wirklich Spaß.

Zum Cover – no bullshit, no egos, keine Musikerbilder, dafür viel Atmosphäre, aber mit den Motiven aus den Alpen mit viel Fels und gehörnten Tieren nicht minder überraschend als die Musik... Was wollen uns die Musiker damit sagen?
Es ist die Fotografie eines Dioramas aus einem großen Naturkunde Museum und hat mir sofort gefallen. Die Atmosphäre ist meiner Meinung wundervoll unheilvoll und auch ein wenig so wie 27 geworden ist. Das haben wir dann versucht auch mit dem Cover zu erreichen: Atmosphäre im Einfachen. Ohne Egos. Wer Platten macht, hat da sein Ego schon drinnen, man muss es nicht unbedingt außen auf dem Cover abbilden.

Chris spielt auch Rhodes, Christoph Keyboards, Thomas Synths – mehr lässt uns das Cover nicht wissen. Da bei Velveteen aber auch die Gitarren nicht immer Gitarren-typisch klingen, weiß man letztlich nicht immer, wer für welchen Sound verantwortlich ist – ist das Teil des Klangkonzeptes von Velveteen?
Ja, das hat das Produktionskonzept mit sich gebracht: Alle versuchen alles um die Idee weiterzubringen. Dabei hat sich herausgestellt, dass Chris ein unglaubliches Händchen fürs Rhodes hat und so haben sich alle ein wenig auf zusätzliche neue Spezialgebiete begeben. Wir haben jede Menge Sounds mit Küchen- oder Bürogeräten, aus Papier, mit Werkzeugen oder sogar Möbeln erzeugt, gesampled und dann weiterbearbeitet. Jeder war immer auf der Suche nach weiteren Möglichkeiten und das hat die Instrumentierung und damit auch das Klangkonzept geprägt.

Es fallen ja viele unterschiedliche Bandnamen wenn man Velveteen zu vergleichen versucht. Welche Namen sind denn bis dato am meisten gefallen, welche waren euch sympathisch und welche würdet ihr – Stichwort Lieblingsschallplatten, die nicht in allzu großen Stückzahlen verkauft wurden – selber hinzufügen?
Genannt werden immer wieder The Notwist und Death Cab for Cutie. Wir mögen beide Bands sehr. Solche Vergleiche sind natürlich hilfreich um Jemandem eine wenig bekannte Band nahe zu bringen, werden aber selten einer Band wirklich gerecht. Zu unseren Lieblingsplatten gehören bestimmt „nowhere“ von RIDE und „loveless“ vom MY BLOODY VALENTINE. Die klingen aber ganz anders als wir. Sind großartig.

Zwei Bandnamen, die mir in punkto Gitarre einfallen und die ich bis jetzt noch nicht im Zusammenhang mit euch gelesen habe, sind Cure und Echo & The Bunnymen... Eine vollkommen abwegige Assoziation?
Nein, The Cure find ich mittlerweile auch gut. Früher war das anders. Jetzt finde ich „In Between Days“ super. Als wir jünger waren war auch immer die Szene, die sich um eine Band schließt wichtig. Wenn Du wie wir damals nicht zu den mit den schwarzen toupierten Haaren gehören wolltest, weil Dir der Style echt bescheuert vorkam, hast Du auch Vorbehalte gegen deren Musik gehabt. Kindisch, aber so war’s. Jetzt zählt für uns fast ausschließlich die Musik. Der Bunnyman ist mir aber noch immer ein Rätsel.

Eure Lyrics – es sind ganz sicher keine Message-Songs mit Botchaften, die sich jedem gleich erschießen? Welche Codes muss man knacken, um auch textlich die Velveteen-Welt zu erschließen? Es scheint, dass ihr genauso wie in eurer Musik, eine eigene Sprache, eine eigene Poesie gefunden habt...
Ich glaube nicht, dass es tatsächlich einen Code zu knacken gibt. Ich denke, dass sich das alles recht oberflächlich erschließt. In „I divided Europe“ singe ich zwar natürlich nicht über eine tatsächliche Teilung Europas, sondern nur über das was viele Menschen machen wenn eine einst innige Freundschaft zerbricht und der Ort an dem man sich aufhält zu klein ist für zwei: Man zieht eine Grenze, verteilt Territorien stellt Regeln auf. Das ist alltäglich, nur lyrisch verpackt. „We measuerd twice“ erzählt von dem Unterschied zwischen dem Impulsiven und dem Besonnenen und der gegenseitigen Sehnsucht nach dem jeweils anderen. Wir zeigen uns analytisch begeistert von der Impulsivität, messen sogar zweimal bevor wir endgültig bewerten. Und sagen, wie Recht doch die Spontaneität der anderen hatte. Erzählungen über ein kleines alltägliches Paradoxon.

Was habt ihr im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des neuen Album zusammen mit eurem Label Fuego in Bremen geplant?
Wir habe lange überlegt ob wir diesen Schritt noch mal gehen möchten und wieder mit einer Plattenfirma zusammen arbeiten wollen und gesagt, ja die Zeit ist reif. Für Fuego und den Vertrieb Rough Trade haben wir uns entschieden, weil dort eine Entspanntheit im Umgang mit uns herrscht, die wir vorher nicht von Labels kannten. Die versuchen uns nicht irgendwelchen Mist zu erzählen oder uns in unsägliche Promo-Aktionen zu quatschen. Die hatten uns live gesehen und „HOME WATERS“ gehört und gesagt: Wir machen Eure nächste Platte wenn Ihr das wollt. Sagt uns Bescheid, wenn sie fertig ist. So hatten wir vollkommene künstlerische Freiheit und auch das Vertrauen das wir bisher vermisst haben. Sonst wollten die Labels immer schon Demoversionen vorher und dann ging die Litanei um die Marktorientierung unaufhaltsam los. So haben wir jetzt einen Partner gefunden der unseren Anspruch und die Vermarktung unserer Musik realistisch einzuschätzen scheint. Wir wollen nun gemeinsam versuchen die Deutsche Indie Szene mehr auf uns aufmerksam zu machen, da gibt’s aus der Zeit ohne Label noch viel nachzuholen, und wollen versuchen den kleinen Spalt den die Tür nach Amerika aufgegangen ist, eine wenig weiter zu öffnen.

Interview: Detlef Kinsler
Fotos: Steven James Scott / Detlef Kinsler (live)
 
2. Februar 2010, 14.00 Uhr
Detlef Kinsler
 
 
Fotogalerie:
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