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The Thermals – Der Saal pogt
Die Vorband Sir Toby nahm den weiten Weg aus Mainz in den vorweihnachtlich erleuchteten Schlachthof Wiesbaden auf sich, um den zahlreich erschienenen Endverbrauchern zu Weihnachten ihre beiden EPs sowie die neuen, als gebührenpflichtige Downloads erhältlichen Meisterwerke epigonalen Emo-Rocktums ans Herz zu legen. Vielen Dank für diese wertvolle Verbraucherinformation!
Die Thermals legten nach einer kurzen Umbaupause (man muss Schlagzeuger mit eigenem Schlagzeug einfach lieben!) ebenfalls los. Sie zeigten anschaulich, warum das Dreieck zwischen Vancouver, Seattle und Portland mindestens seit den Sonics ein fruchtbarer Acker für laute Gitarrenmusik ist (D.O.A., Jimi Hendrix, Mudhoney et al., Dead Moon,...), und dass es dafür keine kompletten Kurorchester braucht, sondern ein kleines, kompaktes, gut aufgestelltes Trio vollkommen ausreichen kann. Weniger Emo als die Vorgruppe, mehr Hardcore (die Band selbst prägte für ihre Musik unter anderem den Begriff „No-Fi“), aber nicht knüppelig und sehr geschmackvoll. Vielleicht hatten sie in ihrer Jugend eben keine Def Lepard- und Iron Maiden-Poster über den Bett (wie die meisten US-Hardcore-Mucker heimlich gestehen müssen), sondern verehrten Jonathan Richman und vor allem die Go-Betweens – daran erinnerte das Set am ehesten: eine Hardcore-Version der Go-Betweens in minimalistischer Trio-Besetzung. Das Label (immerhin Sub Pop, die Legende aus Seattle) wirft mit Phrasen wie "Post-Punk-Pop" um sich, die drei Musiker selbst erfinden auch immer mal neue Begrifflichkeiten für ihre Musik, aber ist ja auch egal, wer's genau wissen will, soll bei MySpace und Wikipedia nachschlagen.
Das Publikum pogte, wie man es dieser Tage selten sieht,bis in die letzte Reihe, Bassistin* **Kathy Foster** *wuppte wie ein Flummi auf und ab, während Hutch Harris sich die Kehle aus dem Leib sang und die Finger wund spielte. Untermauert mit einem schön fetten Beat vom neuen Drummer, den die beiden Portländer sich in Seattle geangelt haben, Westin Glass (vormals bei Say Hi To Your Mom).
Beachtlich – fast keiner der Konzertbesucher, mit denen man sich unterhielt, kam aus Rhein-Main: Bayerischer Wald, Karlsruhe, Dortmund, das waren einige der Orte, von denen sie sich auf den Weg gemacht haben, um das einzige Deutschlandkonzert dieser Band in 2008 nicht zu verpassen. Drei Langspieler im Gepäck – Nummer vier erscheint im kommenden April nicht mehr auf Sub Pop, sondern auf Kill Rock Stars– eben noch ein Festival in Spanien gespielt, und gleich wieder weiter nach Hause, und dazwischen schon Kultstatus, der die Fans quer durch die Republik reisen lässt, um an diesem Abend dabei zu sein. Vielleicht war dies auch die letzte Chance, die Thermals in einem so „intimen“ Konzert in der „Räucherkammer“ des Schlachthofs zu genießen – im nächsten Jahr spielen sie einige große Festivals in Europa und danach stehen wahrscheinlich größere Hallen an.
Text: D.Vollkasko/I.Steinhauer, Bild: D.Vollkasko
17. Dezember 2008, 15.44 Uhr
Isa
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