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Talking To Turtles
Purismus für mehr Authentizität und Intimität
Sie sind auf dem Land aufgewachsen, haben ihre neue CD in Seattle aufgenommen. Talking To Turtles lieben es, in ihrer Musik fragile Momente mit raueren Parts zu paaren. Am Freitag spielt die Band im Bett in Frankfurt.
JOURNAL FRANKFURT: Beim neuen Album war klar, ein Bandsound sollte her. Den hat man mit einigen Gästen im Studio ja auch realisiert. Wie wird der jetzt auf der Bühne umgesetzt? Wieder als intime Zweisamkeit?
TALKING TO TURTLES: Tatsächlich haben wir uns beim Produzieren der Demos und auch im Studio wenig Gedanken darüber gemacht, wie umsetzbar das ganze dann live ist. Wir haben die Instrumente zunächst so gewählt, wie es dem jeweiligen Song gut tat. Die bevorstehende Tour werden wir zwar zu viert spielen, also mit Bass und Schlagzeug, aber auch in dieser Besetzung mussten wir einiges umarrangieren, wie auch für die Konzerte als Duo, die im Laufe des Jahres noch folgen. Aber genau das ist es, was uns Spaß macht am live Spielen: sich zu dem Kern des Songs zurück zu bewegen. Wir sehen das Studio und auch die Demoproduktion als Spielwiese, auf der man alles ausprobieren und vielleicht auch mal übertreiben darf. Zurück im Proberaum tragen wir Schicht um Schicht wieder ab und schauen, was der Song auf der Bühne wirklich braucht. Da ist Purismus ohnehin angebracht, das sorgt für mehr Authentizität und Intimität.
Was genau war für TTT die Anziehungskraft von Seattle, dem Geburtsort von Jimi Hendrix und der Wiege des Grunge?
Seattle hat sicherlich für viele Musiker unseres Alters eine gewisse Anziehungskraft. Tolle Bands kommen seit Jahrzehnten aus dieser Stadt oder haben zumindest einen biografischen Bezug zu Seattle. Als der Vorschlag von unserem Label DevilDuck Records kam, dort das zweite Album aufzunehmen, haben wir natürlich nicht lange gezögert. Auch weil wir uns den Sound vieler Seattle-Bands in Variationen sehr gut für Talking to Turtles vorstellen konnten. Eine Riesen-Möglichkeit für eine kleine Band wie uns. Auch vor Ort passten Talking to Turtles und Seattle sehr gut zusammen. Eine vergleichsweise überschaubare, nördlich gelegene Hafenstadt mit offenen und geerdeten Menschen entspricht sehr unserer Heimat. Wir sind beide auf dem Land in Mecklenburg-Vorpommern aufgewachsen.
In diesem Zusammenhang, der gezeigten Idylle auf dem CD-Cover (die aber vielleicht ja auch Geheimnisse und Gefahren birgt im dunklen Tann hinterm Haus) und dem Plattentitel „Oh, The Good Life“ stellt sich natürlich auch die Frage, was für Sie ein gutes Leben aus macht?
Während wir die Songs, speziell die Texte schrieben, haben wir natürlich viel darüber geredet, wo wir eigentlich hinwollen. Schön wäre es, wenn wir das Schreiben von „Oh, The Good Life“ als erfolgreichen Findungsprozess beschreiben könnten. Allerdings sind die Songs auf dem Album so ambivalent wie der Titel und das Cover. Wir schwanken zwischen Lebensentwürfen, Rückwärtsgewandheit und Lust auf die Zukunft. Das Schreiben von ein paar Songs bringt einen zum Glück nicht zur Erleuchtung. Das wäre ja auch zu einfach. Und wir wollen ja noch ein paar mehr Alben schreiben. (lacht)
Unter den Tags, die auf der Motor-Website gesetzt werden, findet man Begriffe wie Folk, Singer/Songwriter, beautiful und chill... Sind das die richtigen Koordinaten für TTT? Dann kann auch von der Entdeckung der Langsamkeit, surrealistischen Sounds lesen, zwei prägnante Einschätzungen allein auf der byte.fm-Seite. Eine Band wie von einem anderen Planeten steht woanders. Richtige Einschätzungen?
Mhm... Es wäre vermessen zu behaupten, man passt in keine Schublade. Wir mögen fragile, zerbrechliche Momente und paaren sie gern mit raueren Parts. So entsteht ein relativ großer Dynamikumfang, egal mit welchem Instrumentarium. Das ist uns wichtig und wohl unsere Herangehensweise. Über allem steht der Fokus auf Melodien. Das passt bestimmt in viele Kategorien. Was der Hörer damit macht, ist wahrscheinlich so unterschiedlich wie die Beschreibungen in den Rezensionen. Und wir sind schon zu betriebsblind, um das für uns selbst zu beantworten. Einiges aus der Frage passt da bestimmt. Nur bei „beautiful“, „chill“ und „von einem anderen Planeten“ sind wir uns nicht so sicher.
Das gleichberechtigte Neben- und Miteinander einer Frauen- und einer Männerstimme ist bei Ihnen besonders konsequent umgesetzt. Was für Möglichkeiten eröffnet das fürs „Storytelling“ und worin liegt der spezielle Reiz?
In einem der neuen Songs nutzen wir die beiden Stimmen für zwei Perspektiven auf die gleiche Sache. Das ist schon eine schöne Möglichkeit die Texte umzusetzen. Letztendlich macht es aber einfach nur Spaß, zusammen zu singen.
Sorry, aber ich muss es fragen. Wo kommt der Bandname her?
Der Name ist lediglich in einer Kombination entstanden, aus „Wir brauchen morgen einen Namen für den Flyer des ersten Konzerts“ und „Lass uns mal ein paar Bier zuviel in der WG-Küche trinken“. Am Ende hat er dann gut gepasst, denn ich (Florian) habe zu diesem Zeitpunkt mit dem Gedanken gespielt, mir eine Schildkröte als Haustier zu halten. Heute bin ich froh, dass ich es nicht gemacht habe. Das arme Tier. Ich hätte es in einer alles andere als artgerechten Umgebung ständig mit neuen Songs und Textversuchen gefoltert.
>> Talking To Turtles am 16.9. um 20.30 Uhr im Bett, Schmidtstraße 12.
TALKING TO TURTLES: Tatsächlich haben wir uns beim Produzieren der Demos und auch im Studio wenig Gedanken darüber gemacht, wie umsetzbar das ganze dann live ist. Wir haben die Instrumente zunächst so gewählt, wie es dem jeweiligen Song gut tat. Die bevorstehende Tour werden wir zwar zu viert spielen, also mit Bass und Schlagzeug, aber auch in dieser Besetzung mussten wir einiges umarrangieren, wie auch für die Konzerte als Duo, die im Laufe des Jahres noch folgen. Aber genau das ist es, was uns Spaß macht am live Spielen: sich zu dem Kern des Songs zurück zu bewegen. Wir sehen das Studio und auch die Demoproduktion als Spielwiese, auf der man alles ausprobieren und vielleicht auch mal übertreiben darf. Zurück im Proberaum tragen wir Schicht um Schicht wieder ab und schauen, was der Song auf der Bühne wirklich braucht. Da ist Purismus ohnehin angebracht, das sorgt für mehr Authentizität und Intimität.
Was genau war für TTT die Anziehungskraft von Seattle, dem Geburtsort von Jimi Hendrix und der Wiege des Grunge?
Seattle hat sicherlich für viele Musiker unseres Alters eine gewisse Anziehungskraft. Tolle Bands kommen seit Jahrzehnten aus dieser Stadt oder haben zumindest einen biografischen Bezug zu Seattle. Als der Vorschlag von unserem Label DevilDuck Records kam, dort das zweite Album aufzunehmen, haben wir natürlich nicht lange gezögert. Auch weil wir uns den Sound vieler Seattle-Bands in Variationen sehr gut für Talking to Turtles vorstellen konnten. Eine Riesen-Möglichkeit für eine kleine Band wie uns. Auch vor Ort passten Talking to Turtles und Seattle sehr gut zusammen. Eine vergleichsweise überschaubare, nördlich gelegene Hafenstadt mit offenen und geerdeten Menschen entspricht sehr unserer Heimat. Wir sind beide auf dem Land in Mecklenburg-Vorpommern aufgewachsen.
In diesem Zusammenhang, der gezeigten Idylle auf dem CD-Cover (die aber vielleicht ja auch Geheimnisse und Gefahren birgt im dunklen Tann hinterm Haus) und dem Plattentitel „Oh, The Good Life“ stellt sich natürlich auch die Frage, was für Sie ein gutes Leben aus macht?
Während wir die Songs, speziell die Texte schrieben, haben wir natürlich viel darüber geredet, wo wir eigentlich hinwollen. Schön wäre es, wenn wir das Schreiben von „Oh, The Good Life“ als erfolgreichen Findungsprozess beschreiben könnten. Allerdings sind die Songs auf dem Album so ambivalent wie der Titel und das Cover. Wir schwanken zwischen Lebensentwürfen, Rückwärtsgewandheit und Lust auf die Zukunft. Das Schreiben von ein paar Songs bringt einen zum Glück nicht zur Erleuchtung. Das wäre ja auch zu einfach. Und wir wollen ja noch ein paar mehr Alben schreiben. (lacht)
Unter den Tags, die auf der Motor-Website gesetzt werden, findet man Begriffe wie Folk, Singer/Songwriter, beautiful und chill... Sind das die richtigen Koordinaten für TTT? Dann kann auch von der Entdeckung der Langsamkeit, surrealistischen Sounds lesen, zwei prägnante Einschätzungen allein auf der byte.fm-Seite. Eine Band wie von einem anderen Planeten steht woanders. Richtige Einschätzungen?
Mhm... Es wäre vermessen zu behaupten, man passt in keine Schublade. Wir mögen fragile, zerbrechliche Momente und paaren sie gern mit raueren Parts. So entsteht ein relativ großer Dynamikumfang, egal mit welchem Instrumentarium. Das ist uns wichtig und wohl unsere Herangehensweise. Über allem steht der Fokus auf Melodien. Das passt bestimmt in viele Kategorien. Was der Hörer damit macht, ist wahrscheinlich so unterschiedlich wie die Beschreibungen in den Rezensionen. Und wir sind schon zu betriebsblind, um das für uns selbst zu beantworten. Einiges aus der Frage passt da bestimmt. Nur bei „beautiful“, „chill“ und „von einem anderen Planeten“ sind wir uns nicht so sicher.
Das gleichberechtigte Neben- und Miteinander einer Frauen- und einer Männerstimme ist bei Ihnen besonders konsequent umgesetzt. Was für Möglichkeiten eröffnet das fürs „Storytelling“ und worin liegt der spezielle Reiz?
In einem der neuen Songs nutzen wir die beiden Stimmen für zwei Perspektiven auf die gleiche Sache. Das ist schon eine schöne Möglichkeit die Texte umzusetzen. Letztendlich macht es aber einfach nur Spaß, zusammen zu singen.
Sorry, aber ich muss es fragen. Wo kommt der Bandname her?
Der Name ist lediglich in einer Kombination entstanden, aus „Wir brauchen morgen einen Namen für den Flyer des ersten Konzerts“ und „Lass uns mal ein paar Bier zuviel in der WG-Küche trinken“. Am Ende hat er dann gut gepasst, denn ich (Florian) habe zu diesem Zeitpunkt mit dem Gedanken gespielt, mir eine Schildkröte als Haustier zu halten. Heute bin ich froh, dass ich es nicht gemacht habe. Das arme Tier. Ich hätte es in einer alles andere als artgerechten Umgebung ständig mit neuen Songs und Textversuchen gefoltert.
>> Talking To Turtles am 16.9. um 20.30 Uhr im Bett, Schmidtstraße 12.
15. September 2011, 08.28 Uhr
Interview: Detlef Kinsler
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