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Mia bei you fm
Wenn you fm zum Studiokonzert einlädt, dann hat das immer Wohnzimmer-Atmosphäre, egal ob jetzt 100 oder 200 Fans ins kleine, feine Big Band-Studio des Senders kommen. Umso alberner ist es dann, wenn diese Außer-der-Reihe-Shows genauso abgezogen werden wie ein normaler Tourneeabend. Ganz besonders wird es dann, wenn – wie zuletzt bei den Kooks – die Band unplugged spielt. Wirklich doof ist es, wenn vorher in dieser familiären Atmosphäre rumgezickt wird, die Profis dürfen drei Stücke am Anfang ohne Blitz fotografieren (Standard in den Clubs und Hallen), dann eine neue Ansage kommt, nein, doch nicht, nur beim sechsten Stück und vorher und nachher unter strenger Beobachtung der Security nicht. Und das, wo der Rest des Saales eine Stunde lang ununterbrochen von Handys und Digis die Band im Visier hat.
Kommt das wirklich von den Musikern, will sich da ein Tour-Manager – ein altes Problem im Biz – profilieren und „seine“ Schützlinge schützen oder einfach nur das Management Machtspielchen betreiben? Pille-Palle ist es so oder so. Von Moderatorin Raffa in gewohnter Weise eingestimmt, erwartet das Publikum Sängerin Mieze in einem wieder mal ganz besonders verrückten Outfit. Irgendwie sieht das immer am Anfang der Show aus wie frisch zellophaniert. Ein herrlich bunter Knallbonbon, zum Zerreißen gespannt, kurz vor der Explosion. Ein Stündchen spielen sie, die Kompaktversion ihres Tourprogrammes, ganz normal, in vollem Line up, nur ohne große Bühne, ohne Showelemente, Accessoires. Diesmal keine jägergrünen Polos zu schottisch karierten Hose, sondern weiße Hemden, schwarze Schlipse. Anders als im Juli im O2-Zelt klingt hier im kleinen Raum bei aller Reduktion trotzdem alles fett und wuchtig.
Vor allem der Bass, der tatsächlich eine tragende Funktion hat, fährt hier mächtig in die Leiber. Wie immer man das Motto des Albums und der Tour, „Willkommen im Club“, auch verstehen mag. MIAs angeblicher „Electro-Rock“, der live von zwei Gitarren neben dem Gesang dominiert wird, animiert zum Tanzen, auch wenn sie nicht im klassischen, guten R&B-Sinne etwa groovt. Und Mietze, die Giulia Siegel des deutschsprachigen Pop, mobilisiert die Fans zusätzlich. Die Berliner Göre scheint irgendwie als role model für junge Mädels zu taugen. Die traut sich was, ist nicht auf den Mund gefallen, gibt sich verrückt, macht den Eindruck, sich auch im wahren Leben nichts gefallen zu lassen. Dass diese Mieze nur schnurrt, ist unvorstellbar. Das kann man – auf die Distanz zumindest – cool finden. Zumal wenn Ansagen zu ihren „Hobbys“ kommen wie: „Ich liebe Missverständnisse, sie aufzuspüren und zu verschlimmern...“ Das Leben ist – wir alle wissen es – kein Wunschkonzert. Aber man kann ja trotzdem versuchen, die Jukebox mit den Songs zu bestücken, die man lieber mag. Und sich mit diesen dann auch durchsetzen. So kommt’s dann zum „Tanz der Moleküle“, ein Lied übers Verliebtsein, dass der ganze Saal lauthals und mit verklärtem Blick mitsingt.
Warum sie gerade jetzt und noch bis März Konzerte (so auch am 30.1. in der Stadthalle Offenbach) geben? „Wir bekämpfen damit unsere Winter-Depressionen und wir wollen mit unserer Tournee gute Laune verbreiten...“ Diesen Anspruch erfüllen und Mieze und ihre Jungs mit links. Am Schluss der Show hat Mieze dann – passend zum Hängerchen, das unter dem Knallbonbon verborgen war – leuchtenden, orangene und grüne Neon-Streifen auf Backe und Kinn. Beinah Dschungel-kompatibel. Jetzt stell euch mal vor, wie die Gute die Camp-Bewohner aufmischen würde ...
Fotos: Detlef Kinsler
23. Januar 2009, 11.57 Uhr
Detlef Kinsler
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