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Merkel und Doppelkinn

Man könnte ja glauben, dass Rechtsanwälte einige Erfahrung vor Gericht gesammelt haben und deswegen wissen müssten, was bei einem Richter gar nicht gut ankommt. Zum Beispiel ein nassforsches, freches, leicht zickiges Auftreten, das auf Überrumpelung und den Grundsatz „Frechheit siegt“ aufgebaut ist. Einen Beistand dieser Art hat sich Frau N. mitgebracht. Es geht lediglich um ein Verkehrsdelikt, doch erstens zeigt sich immer wieder, dass die Menschen in keinem anderen Lebensbereich so sehr um ihr vermeintliches Recht kämpfen wie auf der Straße; zweitens ist Frau N. eine Wiederholungs­täterin. Und dann wird es irgendwann langsam eng. 26 Kilometer zu schnell soll sie auf der Bundesstraße in Richtung Flughafen gefahren sein, und das bereits zum dritten Mal. Macht 120 Euro Bußgeld. Auftritt der feschen Rechtsanwältin: Ihre Mandantin, sagt sie, könne nicht mit Sicherheit sagen, ob sie an jenem Tag am Steuer gesessen habe. Ihr Auto werde auch hin und wieder von der Nachbarin benutzt, und auf dem Foto sei ihre Mandantin nicht wiederzuerkennen – „für mich sieht das aus wie Angela Merkel“. Der Richterin gefällt das gar nicht. „Justitia ist nicht immer blind“, bescheidet sie der Anwältin und fügt wenig galant hinzu: „Die großen Nasenlöcher, das Doppelkinn – da brauche ich keinen Gutachter, um Ihre Mandantin wiederzuerkennen.“ Die Wahrheit, das wissen wir seit Papa Hesselbach, ist eben stets die schlimmste aller Beleidigungen. Die Rechtsanwältin scheint zwar nicht einzusehen, dass sie im Unrecht ist, aber wenigstens merkt sie, dass sie keine Chance hat. Allerdings braucht sie knapp zehn Minuten, um Frau N. davon zu überzeugen, die ihren Einspruch schließlich zurückzieht.
Nun kommt Herr S, ein schluffiger junger Mann, der als Sozialarbeiter arbeitet. Sein Fall scheint auf andere Weise speziell zu sein. Auch er ist geblitzt worden, 23 Kilometer war er in der Tempo- 30-Zone zu schnell. Beziehungsweise: War er eben nicht. Denn das Auto gehört seinem Vater, gefahren ist aber der Bruder. Das wurde auch der Polizei und der Bußgeldstelle mitgeteilt; dennoch ging der Bußgeldbescheid an ihn. „Ich habe keine Ahnung, warum ich jetzt hier bin“, sagt Herr S. Auf dem Strafzettel jedenfalls will er keineswegs sitzen bleiben, weil auch er vorbelastet ist: Ausgerechnet am berüchtigten Elzer Berg hat er sich einen dicken Knollen eingefangen. „Das weiß doch nun wirklich jeder, dass da geblitzt wird“, kommentiert die Richterin. Nun ja, sagt Herr S., er habe Streit mit der Beifahrerin gehabt, da könne man das schon einmal vergessen. Nach kurzer Erörterung und einigem Kopfschütteln über die Er­mittlungsarbeit der Polizei verwirft sie den Bußgeldbescheid gegen Herrn S. Und der rasende Bruder kann auch nicht mehr belangt werden, weil die Sache inzwischen verjährt ist. Glück gehabt. Christoph Schröder
 
13. Mai 2011, 12.51 Uhr
Christoph Schröder
 
 
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