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Foto: Detlef Kinsler
Foto: Detlef Kinsler

Lingby im Hafen 2

Keine Musik für Hipster

Mit einer Musik der scharf gesetzten Kontraste überrascht das Kölner Quintett Lingby und taucht damit in unterschiedlichste Gefühlswelten ein. Posaune und Waldhorn sorgen für ganz besondere Klangkonstellationen.

JOURNAL FRANKFURT: Orchestraler (oder zumindest orchestrierter) Indie-Pop ist die vielleicht simpelste Formel, auf die man eure Musik bringen kann. Habt ihr selber eine bessere Definition parat?


Willi Dück (Gitarre, Gesang):
Ist gar nicht so einfach. Ich persönlich finde ja Bombast-Rock ganz schön ;-).


Ich weiß noch, dass ich nach eurem Open Air-Auftritt das letzte Mal im Hafen2 die vielfältigsten Assoziationen hatte (mit denen ich euch hoffentlich hinterher nicht überfallen habe), an die ich mich jetzt aber im Einzelnen nicht mehr erinnere. Ich habe dafür mal meine Mini-Vorschau von damals, die sich so las: Mal episch, euphorisch, schwelgerisch, mal düster, melancholisch, mit einer Träne im Auge präsentieren die Kölner ihren orchestralen Pop, gerne auch mal mit Pathos. Mit welchen dieser Vokabeln könnt ihr euch identifizieren und stimmt die Wahrnehmung der scharf gesetzten Kontraste, dieser Wechsel der Gefühlswelten, extreme Emotionen, die ja auf der neuen CD mit fast „noisigen“ Titeln wie „Like A Stone“ und „House Of Glass“ eher noch weiter ausgereizt wurde?


Die scharf gesetzten Kontraste sind Absicht, einfach so verschieden wie die Lebensumstände als wir die Songs geschrieben und erarbeitet haben. Zum einen sind die Lieder etwas düster und auf jeden Fall melancholisch, das epische und euphorische kommt fast automatisch mit dem Waldhorn.


Die Besetzungen wechselten, heißt es, wann kam das aktuelle Quintett zusammen und nach welchen Kriterien wurde die Band denn zusammengestellt? Kalkuliert oder kam euch eher der Zufall zur Hilfe?


Die Besetzung besteht seit 2012. Wir hatten einfach Glück als Dennis – bis dato Fan der Band – mit seiner schönen ästhetischen Sicht von Musik (er produzierte die neue Platte) dazu kam und direkt seinen Freund und Mitbewohner Maik mit ins Boot holte. Maik ist ein Ausnahme-Bassist, der maßgeblich den Lingby-Sound prägt. Carmen, die Schwester von Judith hat sich dann auch anstatt in Orchestern das Waldhorn zu spielen für Lingby entschieden und war ein unglaublicher Gewinn, sowohl stimmlich, instrumental, als auch persönlich und organisatorisch.


Wir kennen es im Pop ja seit den Beatles, die auch gerne mal eine Bach-Trompete einsetzten und denen im Gegensatz zu den Rolling Stones die europäische Kunstmusik nicht fremd war. Wie viel studiertes Musikertum spielt in euer Konzept mit hinein und welche (Klang-) Welten eröffnen euch gerade die Blasinstrumente?

Judith ist studierte Posaunistin, Carmen studierte Waldhornistin. Da ist schon ein großer Einfluss bei uns zu finden. In ihrer Familie wuchsen sie mit der Klassik, Brahms, Bach und Modest Mussorgski auf. Sobald das Waldhorn zu so noisigen Stücken wie „House Of Glass" dazu kommt klingt alles direkt weiter und erhabener.

Die Posaune assoziiert man mit dem Jazz, das Horn mit wahlweise Klassik oder Volksmusik (obwohl: die sind eher andere Hörner...). Spielt das eine Rolle bei Lingby?

Siehe Antwort davor.


Wichtig für euch ist ja auch die vokale Doppelspitze. Was macht den Reiz der unterschiedlichen Leadstimmen aus?


Wenngleich auch die Songs immer nach Lingby klingen, egal wer singt, verleiht Judith ihnen eine andere Farbe und Emotion als wenn ich die Hauptstimme singe. Damit kann man spielen und verschiedene Stimmungen erzeugen.

Pop, aber eben kein Chartfutter, sondern eher was Originäres, Individuelles, gerne etwas mit Nachhaltigkeit gehört zu eurem Credo wenn ich das richtig verstanden habe ...

Wir glauben nicht an Hype. Für uns muss Musik auch in 100 Jahren noch interessant klingen. Deshalb schreiben wir nicht in Hipster-Klischees und versuchen nicht zu berechnen was der „Konsument“ denn jetzt gerne hören möchte. Wobei wir uns natürlich sehr freuen, dass unsere Musik in den unterschiedlichsten Altersschichten Gehör findet.

„Twist and Turn“ heißt euer neues Album – steckt da eine Programmatik drin, welche twists and turns habt ihr euch denn zugetraut und wie äußern sich die musikalisch und auch textlich?

Das Album spiegelt die Zeit wieder in der bei uns viel los war auf dem persönlichen Gebiet. Zum Beispiel ist mein Vater gestorben, viele Dinge haben sich damit für mich verändert. Das hört man auch auf der Platte.

Kollege Linus Volkmann hat sich ja getraut, Namen in die Diskussion zu bringen: Arcade Fire, Bright Eyes, The Polyphonic Spree, Palace Brothers, I Am Kloot, Dry The River, The Cure, Savoy Grand, Codeine ... Immerhin taucht da auch ein Beinahe-Klassiker wie The Cure auf. Gehen etwaige Inspirationen/Einflüsse weiter zurück in der Popgeschichte?

Auf jeden Fall. Ob man will oder nicht wird man ja bis heute von Künstlern wie z.B.. den Beatles beeinflusst. Ich muss auch sagen dass ich ziemlich viel Neil Young höre.


Wie schafft man es in Köln eine Musik zu entwickeln, bei der der Zuhörer eher glaubt, sie sei wahlweise eher in einem Cabin in der amerikanischen Wildnis, dem isländischen Eis oder norwegischen Wäldern entstanden?


Ha, ha, ich bin tatsächlich öfter in norwegischen und schwedischen Wäldern gewesen und spüre mich dort immer am intensivsten. Zum Teil bin ich tagelang allein durch die Nationalparks gewandert. In der Natur, die in Skandinavien einfach wunderschön und wild ist, hat man so eine weite Sicht auf die Dinge. Man spürt einfach, dass man ein kleiner Teil eines Großen und Ganzen ist. Vielleicht sind diese Erlebnisse dann so tief in mir drin dass die Musik auch danach klingt.

>> Lingby, Offenbach, Hafen 2, 2.4., 20 Uhr, Eintritt: 8,–
 
23. Februar 2015, 15.23 Uhr
Interview: Detlef Kinsler
 
Detlef Kinsler
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt. – Mehr von Detlef Kinsler >>
 
 
Fotogalerie:
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