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Lieder vom Loslassen

Alin_Coen_Foto_Sven-Korejtko

Bei der diesjährigen Sommerwerft am Main lernten sie sich kennen und beschlossen ein gemeinsames Konzert im Ponyhof: Claudia Rudek, Mitglied bei Emirsian und solo auf Singer/Songwriter-Pfaden mit viel Folk- und Country-Appeal, und Alin Coen, Songpoetin aus Weimar. Am 28.11. ist es nun soweit. Das JOURNAL sprach vorab mit Alin Coen.

Journal Frankfurt: Du hast Anfang September auf der Sommerwerft am Main gespielt. Was für Erinnerungen hast Du an dieses Konzert?
Alin Coen: Beim Konzert war eine unheimlich freundliche Stimmung im Zelt. Bei einem Lied haben zwei Mädchen in den vorderen Reihen so laut mitgesungen, mit einem völlig anderen Text als meinem, dass ich leider meinen eigenen Text vergessen habe. Ich habe mich aber über die beiden gefreut, wie sie so engagiert und mit vollem Herzen dabei waren. Das war hinreißend.

Zu den begeisterten Zuschauern gehörte auch Kollegin Claudia Rudek – habt ihr da gleich das gemeinsame Konzert im Ponyhof beschlossen?
Ja, so war's. Ich hatte beim Konzert angekündigt, dass ich für das Ende des Jahres gerne mit meiner Band auf Tour gehen möchte, und dass ich mich über Vorschläge freue. Da hat sich Claudia berufen gefühlt und mir ein gemeinsames Konzert vorgeschlagen.

Sind Konzerte in solch kleinen, intimen Locations, ob marokkanisches Zelt oder kleine Club wichtig für Dich und Deine Musik?
Bisher spielen wir ja fast ausschließlich in kleinen Clubs und Locations. Ich mag das sehr gerne. Wir haben als Band einige größere Konzerte als Support eröffnet und man kriegt sobald man auf einer großen Bühne steht und die Strahler zu hell werden, nicht mehr so viel vom Publikum mit, weil man bis auf die ersten drei Reihen nur noch Dunkelheit sieht. Hat natürlich auch seinen Reiz auf einer großen Bühne zu stehen.

Ich mag es aber nah am Publikum zu sein und etwas vom Publikum mitzubekommen. Am schönsten fand ich es bisher immer, wenn so eine Lockerheit zwischen Publikum und uns vorhanden war.
Wenn man sich das erste Mal über Alin Coen informieren will, die myspace-Seite aufruft und in die Musik hinein hört, dann überrascht, dass hier englische Songs neben deutschen stehen und Du beides mit der selben Selbstverständlichkeit verkörperst... Für andere Künstler setzt an dieser Stelle schon eine Gewissens- oder Glaubensfrage ein, überlegt man sich, kann das Konzept sein oder ist das für die eigene Positionierung viel zu irritierend für Medien, Booker und Publikum?

Irritierend scheint das mit der Deutsch/Englisch-Frage vor allem für Leute, aus der Musikbranche. Von den Zuhörern auf Konzerten werde ich sehr selten mal auf dieses Thema angesprochen. Diejenigen, die Englisch nicht so gut verstehen, wollen mehr deutschsprachige Lieder hören, anderen sind die englischsprachigen Lieder lieber.
Für mich hat sich die Zweisprachigkeit nie als ein Konflikt dargestellt. Zum einen bin ich zweisprachig aufgewachsen (mexikanischer Vater, deutsche Mutter), zum anderen habe ich angefangen Lieder zu schreiben, als ich in Schweden lebte, wo ich überwiegend Englisch sprach. Jahre später habe ich dann auch mal ein Lied auf deutsch fertig geschrieben. Für mich haben die beiden Sprachen verschiedene Qualitäten. Im Englischen fällt es mir leichter emotional zu singen. Mich in der Form im Deutschen auszudrücken käme mir manchmal pathetisch vor. Damit meine ich nicht die Wortwahl, sondern die Nachdrücklichkeit beim Singen. Mit dem Gebrauch der deutschen Sprache bin ich etwas vertrauter. Ich habe große Freude daran, wenn Sätze entstehen, die verschiedene Ebenen in sich tragen, die ich selber manchmal beim Schreiben noch nicht wahrnehme. Ich schreibe aber nicht absichtlich einen Song auf Deutsch oder auf Englisch. Die Lieder entstehen mit einer Melodie und einem ersten Satz, den ich behalten will. Der bestimmt dann, ob das Lied in der einen oder anderen Sprache geschrieben wird.

Kann man sagen, dass die zu erzählende Geschichte und die damit zu transportierenden Emotionen die Wahl der Sprache und auch der musikalisch-stilistischen Mittel bestimmt?
Ich wähle die Sprache nicht bewusst nach dem jeweiligen Thema, das ich besinge, aus (wobei es in den Liedern ja eh nur ums Loslassen in allen möglichen Facetten geht). Die musikalische Umsetzung findet auch eher intuitiv statt, aber dadurch, dass die Emotionen auf meine Stimme Einfluss haben, ist ja schon ein musikalisches Element von der Geschichte bestimmt.

In Kritiken wird immer wieder verwundert wie fasziniert auf die scheinbaren Widersprüche in Deiner Performance hingewiesen – das zart-melancholische, aber gleich selbstbewusste in Deinen Songs, der Folk, der aber vom jazz genährt scheint, das fragil-akustische Flair der Liedern bei sehr intensiver, dynamischen Bandinterpretation, die Pop-Motive, die aber nichts banal Populistisches haben... Verwundert Dich diese Wahrnehmung?
Das sind ja keine Widersprüche sondern Gegensätze. Dass ich Umweltschutztechnik studiert habe und seit meinem Abschluss nur noch Musik mache und weiterhin den Wunsch hege, eines Tages mal Wasserressourcen Management zu studieren ist ja auch etwas Gegensätzliches. Das mit den Gegensätzen zieht sich also nicht nur durch die Musik.

Die „Stimme mit Suchtpotenzial“ oder Kommentare wie „Wenn man sie live hört, fallen die Sorgen von einem ab wie nutzloser Ballast“ – wie wirkt das auf Dich Nur als Ansporn oder mitunter auch als zu große Verantwortung und eher kontraproduktiv?
Ich freu mich natürlich sehr über solchen Zuspruch. Positives Feedback hat mich am Anfang, als ich meine ersten Lieder geschrieben habe, auch sehr unterstützt, damit weiter zu machen. Aber ich habe nicht das Gefühl irgendwem gegenüber für mein musikalisches Schaffen verantwortlich zu sein. Das findet zum Glück noch freiwillig statt.

Alin_Band_Foto_Micha-Ott

Wie wichtig war für Dich das Reisen, der Kontakt mit fremden Kulturen für Deine Wahrnehmung auch in Hinblick auf Dich als Singer/Songwriter?
Es war tatsächlich beim Reisen, dass mir Musik immer wichtiger wurde. Aber ich kann nicht sagen, dass mich die verschiedenen Kulturen diesbezüglich wirklich beeinflusst haben. Meine Lieder finden eher in einem Mikrokosmos statt und der ist vor allem von einzelnen Begegnungen geprägt als von einer ganzen Kultur, vermute ich.

Welche Musik, welche Künstler waren für Dich wichtig als Impulsgeber?
Das mit den Impulsen ist ja noch längst nicht vorbei. Auf die Idee gekommen Gitarre zu spielen, bin ich mitunter durch die Musik von Joni Mitchell und Ani DiFranco. Aber mein musikalischer Hintergrund ist ein klassischer und ich merke immer wieder was für ein Schatz die klassische Musik ist. Ich war gerade auf einem Konzert mit Stücken von Ravel und bin so umgehauen von den harmonischen und klanglichen Farben. Ähnlich geht es mir wenn ich auf dem Klavier Stücke von Debussy spiele (oder es versuche). Dort taucht man nämlich wirklich in eine Klangwelt ein. Wenn ich so was höre, dann können alleine schon zwei Takte eine riesige Inspirationsquelle und Impuls sein.

Interview: Detlef Kinsler, Fotos: Micha Ott, Sven Korejtko
 
27. November 2009, 11.13 Uhr
Detlef Kinsler
 
 
Fotogalerie:
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