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Kunst mit Rohren

Wie man ins Rohr hineinruft, so schallt es wieder hinaus

In der Galerie Jens Fehring ist derzeit ein wahres Leitungs-Konvolut zu bewundern. Ein Gespräch mit den Künstlerinnen Ramona Poenaru und Lou Galopa über widerspenstige Rohre als Klangmaschinen.
Journal Frankfurt: Wir stehen in der Galerie von Jens Fehring, vor uns sehen wir 300 Meter rote Plastik-Rohre. Sie schlängeln sich durch den ganzen Raum. Auf der einen Seite führen sie durch das mit einer Plastikscheibe abgedichtete Fenster von der Straßenseite hinein. Auf der Rückseite führen sie auf gleichem Weg hinaus in den Hinterhof. Was soll das eigentlich?
Ramona Poenaru: Viele Geräusche gelangen von der Straße über die Rohre in den Innenraum der Galerie. Es ist wie eine Maschine, eine Klangmaschine. Es geht darum, was du sagst und was du hörst. Im Grunde funktioniert es wie ein altes Telefon. Die Klänge werden über die Rohre übertragen. Selbst den starken Wind, der draußen pfeift, kann man am anderen Ende hören, sogar den Luftzug spüren, wenn jemand seine Hand vor das Rohr hält. Ständig kommen Leute auf dem Bürgersteig an der Galerie vorbei und rufen etwas in das Rohr hinein. Und wenn wir etwas von drinnen in ein Rohr rufen, dessen anderes Ende sich draußen auf der Straße befindet, dann hören es die Passanten vor der Tür und wundern sich vielleicht.

Wie kamen Sie auf den Titel Ihrer Installation „Mécanique des fluides – Fluid Mechanics“?
Ramona Poenaru: Er weist vor allem auf einen Fluss hin. Es fließen Geräusche durch die Rohre von draußen nach drinnen in die Galerie und umgekehrt. Außerdem sieht es so aus, als flössen die roten Plastik-Rohre durch die Galerie hindurch. Durch die Frontfenster hinein und auf der Rückseite hinaus in den Hinterhof.

Es wurden insgesamt 300 Meter Rohre verwendet, die einen Durchmesser von 10 cm haben. Informierten Sie sich vorab, welches Material den Klang am besten transportiert, also wie lang die Rohre und wie groß die Öffnung sein muss?
Lou Galopa: Na ja, es war das erste Mal, dass wir mit Rohren gearbeitet haben, ein Experiment, ein Abenteuer. Deshalb haben wir uns in unterschiedlichen Industrie-Fachgeschäften erkundigt, um zu sehen, was am besten passt, um das Rohr an das Ohr oder auch an den Mund zu halten.

Und die Farbe?
Ramona Poenaru: Die war genauso entscheidend. Wir beide verwenden häufig in unseren Arbeiten Rot, weil wir uns dieser Farbe sehr verbunden fühlen. Diese Art Rohr verwendet man normalerweise in Frankreich um im Bau elektrische Kabel, die sich im Boden befinden, zu verkleiden. Es ist zusätzlich eine Art „Farb-Code“. In Frankreich stehen verschiedene Farben für unterschiedliche Leitungen im Boden. So weiß man zum Beispiel, dass man ein gelbes Rohr nicht berühren darf, weil es Gasleitungen enthält und bei roten, dass sich Elektroleitungen im Inneren befinden. Hier besteht also eine Verbindung zum Titel „Mécanique des fluides“. Es fließt zwar keine Elektrizität, aber es fließen Klänge, darin liegt eine gewisse Poesie. Wir haben einen Gegenstand aus seiner ursprünglichen Funktion herausgelöst und auf den hier in der Galerie herrschenden Kontext bezogen.

Wie entstand die Idee zu dieser speziellen Arbeit?
Lou Galopa: Eine Freundin von mir aus Helsinki kannte Jens Fehring. Sie hat den Kontakt hergestellt und so kamen wir zur Galerie. Wir sind hier her gekommen und haben uns umgeschaut. Bei ortsspezifischen Arbeiten entscheiden die Räumlichkeiten über die Möglichkeiten, die wir als Künstler haben und darüber, was entsteht. Wir sind dann wieder nach Straßburg zurückgefahren und haben uns getroffen, um über unsere Ideen zusprechen. Ramona wollte gern etwas mit Rohren machen. Und so entstand das Projekt letzten Endes sehr spontan, weil wir nicht genau planen konnten, wie wir die Rohre im Raum installieren.

Wieso konnten Sie das nicht planen? Haben Sie nicht vorher ein Modell der Installation erstellt und es dem Galeristen gezeigt?
Ramona Poenaru: Nein, das war nicht möglich. Wir mussten uns erst mal darauf einlassen. Es war nicht ganz einfach, da es ein für die industrielle Verwendung produziertes Material ist. Die Rohre sind vor ihrem Einsatz in einer Spirale aufgewickelt und man kann sie nicht in jede Richtung biegen. Sie stehen unter Spannung, sind eigenwillig. Man muss sich von ihnen leiten lassen. Zwar kann man versuchen sie ein Stück weit in eine bestimmte Richtung zu biegen. Das funktioniert allerdings nur bis zu einem gewissen Punkt. Wir mussten mit ihnen spielen. Insofern gab es kein Konzept für die Ausstellung, wie sie hier zu sehen ist.

Ich wusste nur, ich möchte vier Löcher in dem einen Fenster und fünf im anderen, durch die die Rohre in den Innenraum führen. Oder dass sie den Baum vor der Galerie mit einbeziehen sollen. Im Innenraum fanden wir es interessant, die Rohre in den Luftschacht zu leiten, um weitere unterschiedliche Geräusche zu ermöglichen. An einer Wand sollten die Rohre nur im Raum schweben, um die Geräusche von draußen nach drinnen zu tragen. So entstand diese „in situ“ Installation.

„In situ“ bedeutet was?
Ramona Poenaru: Man entwickelt etwas in der Situation, im Kontext, in unserem Fall also, nach den Begebenheiten der Galerie.

Was bedeutet Klang für Sie?
Lou Galopa: Zunächst einmal sind wir beide eher bildende Künstler. Wir arbeiten viel mit Video und vor allem visuellen Elementen. Für Arbeiten in der Gesellschaft nutzen wir viele Bilder, Zeichen und Symbole. Klänge dagegen sind zwar allgegenwärtig, aber wenig präsent.

Ramona Poenaru: Auf diese Art nutzen wir Klänge zum ersten Mal. Wir haben zwar beide schon mit Geräuschen gearbeitet, aber eher in dem Sinne, als dass sie aufgezeichnet waren und mit einer Maschine abgespielt wurden, auf Videos beispielsweise. Natürliche Geräusche aus der Umwelt sind hier zum ersten Mal Teil einer unserer Installationen.

>> Mécanique des fluides – Fluid Mechanics
Frankfurt, Jens Fehring Galerie, Gutzkowstraße 57, bis 9. Juli 2011, Di–Do, Sa 10–15 Uhr, Fr 14–19 Uhr
 
1. Juni 2011, 09.04 Uhr
Interview: Laura Sommerfeld
 
 
Fotogalerie:
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