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Kolumne von Ana Marija Milkovic

Hochwasser in Europa - und kaum jemand spendet

Nach dem Hochwasser in Bosnien und Serbien sind viele Menschen dort obdach- und perspektivlos. Doch hier interessiert das nur wenige Menschen. Warum eigentlich? Unsere Kolumnistin fordert Solidarität ein.
Im Fußball kenne ich mich nicht aus. Wenn ich Fragen dazu habe, rufe ich meine Mutter an. Ich schicke voraus: Meine Mutter ist Fan der Borussen. Über viele Jahre war sie Werder treu. Das war einmal. Spreche ich heute meine Mutter auf Werder an, antwortet sie einsilbig: Sie spielen schlecht!

Über Jogi Löw spricht meine Mutter gerne. Prinzipiell, so stellt sie fest, hat Löw noch kein Turnier gewonnen. Aber darum geht es nicht. Es geht um Emotionen. Wer mit Jogi Löw nicht kann, führt meine Mutter weiter aus, hätte schlechte Karten im Nationalkader nach Brasilien mitzufahren. Schmelzer von den Borussen zum Beispiel. Der fährt nicht mit. Dafür Verletzte und nicht mehr taufrische Spieler. Darunter Schweinsteiger und Klose. Nicht, dass meine Mutter es Klose nicht gönnt, nur, Hand aufs Herz fragt sie: Was soll das?

Meine Mutter ist gebürtige Serbin. Ich wurde in Serbien noch als Jugoslawin geboren. Ich reüssiere in den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens gleichermaßen als gebürtige Serbin und Kroatin. Sollte sich vielleicht auch noch Dalmatien von Kroatien abspalten, dann auch dort. Der vorhandene Flickenteppich an Nationalstaaten lässt sich weiter ausbauen. Dalmatien und Istrien. Montenegro und das Kosovo gibt es ja schon.

Früher hätte die Meldung gelautet: Hochwasser in Jugoslawien. Nun lautet die Zeile: Hochwasser in Bosnien und Serbien. Dort gingen in den vergangenen Wochen weite Teile des Landes - Menschen, Tiere, Häuser - unter. Viele Serben und Bosniaken sind nun obdach- und perspektivlos. Nach kurzer öffentlicher Berichterstattung in Deutschland schwand die Aufmerksamkeit abrupt. Da drängt sich mir, bei der anhaltenden Not der Menschen vor unserer Haustüre, die Frage auf: Warum eigentlich?

Das mag vielleicht unterschwellig daran liegen, dass dieser Landstrich, vor allem der von Serben bevölkerte, in Deutschland weniger gut gelitten ist. Das war einmal anders. Bevor die Jugoslawienkriege 1991 ausbrachen war Jugoslawien für die Deutschen ein Urlaubsland. Es war im deutschen Bewusstsein aber nie das Land, das gegen Hitler in den Widerstand zog und dafür große Repressalien und Opfer auf sich zog.

Fürsprache für die Serben zu halten, daran haben sich schon ganz andere versucht. Peter Handke zum Beispiel. Auch der in Belgrad geborene, in Amerika zum Poeta Laureatus gekürte Charles Simic. Wenn Menschen mit Sprach- und Bewusstseinschablonen arbeiten, wie zum Beispiel Handke, dann kann es passieren, dass er im Ergebnis einen anderen kognitiven Schluss zur Lage in Jugoslawien zieht, als gemeinhin bekannt. Das ist zulässig. Mag sein, dass viele das anders sehen. Nur, besser wird es dadurch nicht.

Nicht nur Putin zieht Parallelen zwischen der Ukraine und dem ehemaligen Jugoslawien. Gerhard Schröder tut es auch. Mir persönlich geht es heute nicht darum Autokraten wie Milosevic oder Putin beizustehen, wenn ich behaupte, eine deutsche Außenpolitik, die eine Teilung Jugoslawiens im Blitztempo forcierte und später dann noch einen Angriffskrieg ohne UN-Mandat befürwortete, wäre heute so nicht möglich. Das ist nicht der Punkt. Vielmehr geht es darum, dass Menschen durch ihre Aktivitäten im Netz ihre Bewusstseinsschemata kontinuierlich verändern. Änderungen von Algorithmen vollziehen nicht nur Computerprogramme. Das menschliche Gehirn leistet das auch.

Die Macht der Gefühle. Menschen lassen sich stark von Emotionen leiten. Der Osnabrücker Philosoph Achim Stephan sagt: "Ohne eine emotionale Reaktion auf das Erlebte ist der Mensch orientierungslos und kaum in der Lage, Entscheidungen als soziales Wesen zu treffen." Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch für uns, wenn wir den Menschen in Serbien und Bosnien unsere Hilfe nicht zuteil werden lassen, begreifen wir Bosnien und Serbien als Europa nicht.

Bitte helfen Sie den Menschen in Bosnien und Serbien. Spenden Sie jetzt.
 
4. Juni 2014, 10.57 Uhr
Ana Marija Milkovic
 
 
Fotogalerie:
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