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Kolumne von Ana Marija Milkovic

Deutschland, Dein Bayernmärchen

Unsere Kolumnistin überlegt, dem Kommunismus zu frönen. Sie sieht sich da in guter Gesellschaft, selbst ein Deutsche-Bank-Chef spielte mit solchen Gedanken. Das Beispiel Hoeneß zeigt dagegen ein verkorkstes System.
Ich gestehe, ich bin gefährdet. Ich beginne, mich für kommunistische Ideen zu interessieren. Ich stehe da nicht alleine. Auch Hermann Josef Abs stellte sich zu Lebzeiten die Frage: "Wieviel dürfen Kinder erben?" Abs war Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank. Abs war übrigens kein Kommunist. Eher Kapitalist.

Uli Hoeneß zum Beispiel ist auch ein Kapitalist. Über Kapitalisten ist bekannt, sie investieren ihr Geld produktiv. Nach allem was über Hoeneß bekannt ist, tut er das. Nun ist Hoeneß angeklagt. Den Vorgang findet er, in Anbetracht seiner Lebensleistung, nicht gerecht.

Grund des Anstoßes ist sein Konto in der Schweiz. Dieses Konto verzeichnet 33.000 Kontobewegungen. Das ist eine Menge. Zeitgleich hat Uli Hoeneß und das möchte ich an dieser Stelle hervorheben, Millionen Würste produziert, diese vertrieben und den erfolgreichsten deutschen Fußballclub gemanagt. Das lässt zwei Interpretationen zu. Die eine ist: Uli Hoeneß, ein deutscher Unternehmer und Funktionär, ist genial. Die andere ist: Einmal im oberem Management angekommen, laufen die Dinge von selbst, wenn die Abwehr nur gut genug steht.

Da stellt sich mir die Frage, wie erfolgreich sind Manager denn nun tatsächlich? Und, ist Leistung das Kriterium für Erfolg? Eine aktuelle Studie, die sich mit dem Mythos der Leistungseliten beschäftigt, bestätigt das nicht. Soziale Herkunft und Persönlichkeitsmerkmale sind demnach ausschlaggebend. Ich will das gerne glauben und ergänzen, die Welt muss in den 70ern und 80ern auch eine andere gewesen sein. Wettbewerbsfreudiger, offener, freiheitlicher wird diese Zeit gewesen sein, wenn sie einem Studienabbrecher und Sportinvaliden wie Hoeneß es war Berufsaufstiegschancen bot, die heute vergleichbar so nicht denkbar und auch bei Kapitalgebern längst nicht mehr durchsetzbar sind. Wenn Bayern München heute besser aufgestellt ist, dann im Besonderen, weil das Präsidium seine Mittel meistbietend im Markt nutzt und Gegner gezielt zu schwächen versteht. Das ist nicht nur im Fußball gängige Praxis. Fußball ist Sport und auch nichts anderes als der Markt der kleinen Leute. Dominiert wird das Geschehen aber von einigen wenigen. Und Bayern München gehört zu den wenigen Erfolgreichen.

Freie Marktwirtschaft kann nur etwas für Sonderlinge und Gutgläubige sein und Uli Hoeneß Selbsteinschätzung ebenso. Die meisten der heutigen DAX Unternehmen stammen aus der Zeit noch vor dem ersten Weltkrieg. Auch Bayern München. Und da war Uli Hoeneß bekanntlich noch nicht auf der Welt.

Was mich zur Frage führt, wie frei ist der Markt denn nun wirklich? Ich befürchte, auch die Freiheit ist eine undurchsichtige Geschichte, die vermögende Männer dazu treibt, sich Geld bei ihren zukünftigen Geschäftspartnern zu leihen. Die Leistung der im ungleichen Wettbewerb Stehenden, auch anderer Fußballclubs kann daher nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ins Geschäft kommen vornehmlich hauptsächlich Unternehmer mit entsprechendem Stallgeruch. Wiederkehrende Manager stehen traditionsreichen Unternehmen vor und wissen wie es geht. Ausschlaggebend ist, kontinuierlich am Ball zu bleiben. Stadien eignen sich hervorragend als Austragungsstätten für Wettbewerb. Und hier hat Fußball nun endlich die Vorbildfunktion, die es verdient! Fußballmanager haben ein sehr einfaches Erfolgsrezept. Sie setzen auf gute Trainer und gute Spieler. Die Motivation Aufzusteigen macht den Rest. Spitzenleistungen stehen kontinuierlich im Wettbewerb und sind ausdrücklich gewollt und auch ohne Studienabschluss bestens bezahlt!

Die Wirtschaft setzt aber außerhalb des Sports auf Hilfspakete, anstelle auf die Besten im Wettbewerb. Statt den Nachwuchs zu fördern und sie auch aufsteigen zu lassen, ringen sie den Ärmsten unter uns ab, ihren Status Quo zu sichern und jeden Preis für Ihre Arbeit zu akzeptieren. Hier ist die Basis schlecht bestellt. Misslich ist, dass dadurch Konsum und Qualität der Leistung auf Dauer nachlassen. Misslich ist auch, dass sich Manager aus einem herrschenden Status Quo rekrutieren, darüber hinaus aber den Beweis über Erfolg schuldig bleiben dürfen. Schuld sind natürlich immer die anderen. Das lässt die Schlussfolgerung zu, die herrschende Klasse bestehend aus Politikern und Managern könnte vielleicht nicht schuld, aber dafür auch wenig erfolgreich sein.

Für Uli Hoeneß Freunde fallen mir Dieter Hildebrandts Worte zum Trost ein: Einen Freund verliert man nicht durch den Knast.
 
27. November 2013, 12.10 Uhr
Ana Marija Milkovic
 
 
Fotogalerie:
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