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Foto: Detlef Kinsler
Foto: Detlef Kinsler

„In der Ägäis leben noch die Engel“...

Benefiz für Ärzte ohne Grenzen Griechenland

Die gebürtige Offenbacher Mezzosopranistin Alexandra Gravas hat ein Benefizkonzert in der Alten Oper organisiert. Am 24.November singt sie mit befreundeten Musikern wie Lavrentis Macheritsas zugunsten Not leidender Landsleute in Griechenland.
JOURNAL FRANKFURT: Als Musikerin und Mutter bist Du zwischen Familie und Konzertreisen ja voll eingespannt. Was lässt Dich immer mal wieder die zusätzliche Energie aufbringen, Benefizveranstaltungen anzustoßen, gar mitzuorganisieren?
Alexandra Gravas: Ich laufe ja nicht mit Scheuklappen durch die Welt… Du siehst, was um uns herum passiert. Als kleines Mädchen dachte ich immer, ja eigentlich wird in der Welt alles besser werden, denn die Menschen werden wohl nicht wieder die gleichen Fehler begehen und was dazulernen (das klingt irgendwie „hochklug“, aber so dachte ich wirklich). Aber man wird Erwachsen und siehe da: Es ändert sich nicht viel und wird sogar schlechter. Ich habe so eine leise Stimme in mir, die mir immer wieder was erzählt (bitte nicht mit Esoterik zu verwechseln). Und ich habe gelernt darauf zu hören. Das habe ich auch vor zwei Jahren gemacht und mein erstes Griechenlandbenefizkonzert auf die Beine gestellt, hier in der Frankfurter Alten Oper für die SOS Kinderdörfer Griechenlands. Mit Hilfe der Griechischen Gemeinde Frankfurt e. V., tollen Künstlerkollegen, Sponsoren und einem tollen Publikum haben wir 30.000 Euro an die griechischen Kinderdörfer überreichen können. Harte Arbeit, die irgendwie „zwischendurch“ auf meinen Reisen gemacht wird. Zum Glück gibt es in allen Flughäfen WIFI. Bei diesem „Aus-dem-Bauch-Hilfsprojekt“ habe ich gelernt, dass das nicht so einfach ist mit dem „Organisieren“. Nicht jeder ist gleich „Feuer-und Flamme“ wie du selbst für die Sache, die dich bewegt. Für das Benefizkonzert Griechenland „Ärzte ohne Grenzen – Griechische Sektion“ habe ich dieses Mal wieder einen super Veranstaltungspartner gefunden. Den Verein Griechischer Akademiker in Frankfurt. Tolle Leute, die gleich „Wir sind dabei“ gesagt haben. Es ist 2014 und es geht den meisten Menschen in Griechenland nicht besser. Man lernt Menschen kennen, die direkt von der „Superkrise“ betroffen sind, liest Statistiken, Berichte, streitende Besserwisser aus Politik und sonst woher. Ich kann singen und kenne ein paar Leute, wollte nicht nur nette Sprüche des Mitgefühls von mir geben, sondern musste etwas tun. Und tun bedeutet klar und deutlich Geld zusammen zu bekommen in Kombination mit Medienaufklärung und versuchen Menschen zu mobilisieren gemeinsam etwas anzuregen und zu bewirken. Etwas wirklich Gutes zu tun ist nicht eine Floskel von mir, ich meine das wirklich so. Es ist zwar wirklich viel Arbeit, aber ich bekomme soviel Energie zurück und spornt an.

Anders als Big Names in Pop und Rock wie Sting und Bono, bist Du dabei nie in fremden Gefilden unterwegs, sondern widmest Dich als „deutsche Griechin“ (kann man das so sagen, entspräche das Deinem Selbstverständnis?) konkreten Problemen in der Heimat. Ist Hilfe nur so authentisch, glaubwürdig und wirklich konkret hilfreich?
Ich glaube, dass der Anstoß zur „Hilfe“ immer aus dem Bauch kommt. Eine Reaktion auf etwas, dass dir auffällt, dich stört, dich wütend mach, also eine Emotion hervorruft (zu mindest bei mir). Dann versucht man dieses „Feuer“ mit Taten umzusetzen und hier fangen dann die Probleme an, und hier zeigt sich dann auch, ob das Feuer wirklich groß oder nur klein. Man macht weiter oder lässt die Bauchreaktion „ruhen“. Wir sind ja alle von unserem ethnischen Background, unseren Wurzeln, unseren Umfeld so wahnsinnig geprägt, dass man ganz automatisch in bestimmte Richtungen getuned ist, oder nicht? Meine Geschichte ist die der in Deutschland geborenen „Nicht-Deutschen“. Ich trage die deutsche und die griechische Kultur und Lebensart in mir, spreche beide Sprachen, eigentlich eine Selbstverständlichkeit für mich, die ich auch meinem Sohn vermitteln möchte. Viele Menschen wollen, dass ich mich für eine „Identität entscheide, weil sie selbst das Schubladendenken brauchen, um zu funktionieren. Mach ich nicht, nicht in meinem Leben und nicht in meiner Musik. Ja, Griechenland geht mich sehr viel an. Ich kann nicht nur zusehen, muss auch etwas tun und das ist Singen und Menschen zusammenbringen.

Nach welchen Kriterien hast Du Dir Deine Partner ausgesucht (oder haben die Dich angesprochen), wofür sollen die Gelder wo in Griechenland verwendet werden? Eigentlich ganz einfach. Nach einem meiner Konzerte letztes Jahr kamen die Ärzte ohne Grenzen Griechenland auf mich zu und baten mich, sie zu treffen in Athen. Das haben wir dann auch gemacht. Ich wusste natürlich von dem Einsatz der Organisation weltweit, wollte aber wissen, was die Ärzte konkret gerade jetzt hier in Griechenland machen. Das kam zeitgleich mit meinem Wunsch wieder in der Alten Oper Frankfurt etwas für den „griechischen Zweck“ zu organisieren und so brauchte ich nicht viel Überzeugungsarbeit. Dank des tollen Vereinsvorsitzenden der Griechischen Akademiker in Frankfurt, Kiriakos Giokoglou, der sofort mit seinem Enthusiasmus das „Organisieren“ mit übernommen hat sind wir seit Februar am „Projektwerkeln“. Ein tolles aktives Team, die helfen. Jeder mit dem was er kann vom Designen der Poster bis zum Verteilen der Poster. Wir werden oft gefragt, „welche Agentur macht die PR für euch“. Da muss ich immer wieder lachen. Wir machen alles selbst. Agenturen sind zu teuer. Wir unterstützen mit den Einnahmen und Spenden dieser Veranstaltung die ambulante Behandlungsstation der „Ärzte ohne Grenzen“ in Griechenland. Die Rolle der ambulanten Behandlungsstation ist besonders wichtig für die medizinische Versorgung der sozial schwachen Bevölkerungsschichten, die keinen Zugang zur Krankenversorgung haben. Dabei verwertet die Organisation das Know-how und die Erfahrung, die sie seit mehr als 40 Jahren während ihrer Programme auf der ganzen Welt erwarb.

Deinen Lebensmittelpunkt ist ja noch Athen, das Konzert ist aber in Frankfurt. Weil Du in nächsten Nachbarschaft (Offenbach) aufgewachsen bist, weil die Griechischen Akademiker hier sitzen oder weil hier in der Stadt Geld zu holen ist?
Ja, ich pendle momentan ganz fleißig zwischen Athen und Frankfurt. Ich habe mich entschieden, mein neues Songbook in Athen aufzunehmen, was ich übrigens zum ersten Mal in Griechenland mache. Frankfurt/Offenbach ist Heimat. Terrain, das sich anbietet, weil ich mich dort auskenne und die Erfahrungen vor zwei Jahren sehr hilfreich sind, um das neue Benefizprojekt auf die Beine zu stellen. Ha, da muss ich lachen „die Stadt des Geldes“… Ja für die Banker und die, die davon leben. Den Rest des Satzes kann sich jeder selbst weiterführen. Comme tu veux!

Zum Programm: wie hast Du das zusammengestellt? Macheritsas ist ja daheim eine ganz große Nummer, wie bekannt ist er in Deutschland? Was wollt ihr musikalisch anbieten? Natürlich ein griechisches Programm?
Gute Dinge sind immer einfach. Unsere Chemie hat von Anfang an gestimmt. Lavrentis und mich verbindet eine Freundschaft, die auf der Bühne begonnen hat. Er fragte mich letztes Jahr, ob ich Lust hätte als Gast in seinem großen Open-Air Konzert in Athen zu singen. Das habe ich natürlich sofort angenommen. Denn Lavrentis ist nicht nur ein Superstar der griechischen Musikszene, aber auch ein toller Mensch. Er engagiert sich wo er kann, und er verbindet mit seinen Songs 20-Jährige bis Endlosjährige. Das Konzert wird eine gute Mischung sein. Ausschnitte aus meinen zwei Konzertprogrammen, mit denen ich 2012/2013 auf Konzertreisen war „Greece In Poetry And Music“ und „Hommage à Melina Mercouri“ gemeinsam mit den Solisten Despina Apostolou-Hölscher am Klavier und dem griechischen Gitarristen Panagiotis Margaris. Lavrentis wird dem Frankfurter Publikum seine tollen Lieder vorstellen und gemeinsam kommt dann auch noch was als Überraschung.

Griechenland ist durch die Krise ja reichlich in Verruf geraten. Ganz sicher wollt ihr nicht generell auch etwas für die Ehrenrettung eines ganzen Landes tun, sondern eher eine Image-Korrektur da vornehmen, wo es auch die Menschen in Griechenland (nicht die Politik, die Wirtschaft) betrifft, zumal die, die (nicht selbst verschuldet) leiden müssen?
Ehrenrettung, was interessiert mich die Ehrenrettung. Es geht hier um Menschen wie du und ich, die in den letzten sechs Jahren ohne Unterbrechung zur Kasse gebeten werden. Für was? Um Schulden abzubezahlen, Auflagen zu erfüllen? Wer ist Schuld an der Krise in Griechenland, in Europa, wer hat seine Steuern unterschlagen? Sicher nicht 100 Prozent der griechischen Bevölkerung, und sicher nicht die, die heute verarmt sind oder sich auf dem besten Wege nach dorthin bewegen. Die Mittelschicht, die nicht mehr weiß, wie es morgen weitergehen soll? Jede dritte Familie lebt mittlerweile am Rande der Armut in Griechenland. 36 Prozent der griechischen Kinder leben in Armut. Drei Millionen Griechen haben keine Krankenversicherung, aufgrund von Arbeitslosigkeit. Konsequenzen der Sparpolitik der letzten Jahre. Klingt das alles wunderbar?

Ein Wort zum Motto des Abends: „In der Ägäis leben noch die Engel“...
Wir Griechen-Menschen des Südens sind noch da. There is still hope for us living in the mediterranean.

Benefizkonzert „In der Ägäis leben noch die Engel“, Alte Oper Frankfurt, 24. November, 20 Uhr, Eintritt: 35 bis 60 Euro
 
18. Juli 2014, 12.14 Uhr
Detlef Kinsler
 
 
Fotogalerie:
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