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Himmel hilf!

Gebete gegen Geld

Der Gebetomat betet vor. Laut. Mindestens 300 Gebete. Das volle, besinnliche Programm. Unsere Autorin Laura J Gerlach hat es ausprobiert. Und mit dem Erfinder des Automaten gesprochen.
Ich liebe Automaten. Kaugummiautomaten, Fahrkartenautomaten, natürlich auch Geldautomaten. Mein neuester Favorit: Der Gebetomat. Der gehört in die Kategorie „Dienstleistungsautomat“ und steht in der Uni. Geld rein und der Automat ist aktiviert:„Gu-ten-Tag. Will-kommen-im-Gebe-to-mat.“ sagt die weibliche Stimme hinter dem Touchscreen. „Bitte wählen Sie Religion und Glaubensrichtung!“ Diverse Religionen, Länder, Gebetskategorien werden aufgelistet. Ich durchstöbere das Archiv, Beten per Fingertipp. Originale wie originelle Gebete aus aller Herren Länder und in 65 verschiedenen Sprachen, Gesangsgebete und Sektengebete sind erhältlich, auch Stoßgebete (unter Christentum einsortiert). Der Erfinder des Gebetomat, Künstler und Hörspielregisseur Oliver Sturm hat sie alle selbst aufgenommen, weltweit an Ort und Stelle. Und damit seine drei Automaten gefüttert. Die verleiht und vermietet er an Kulturinstitutionen, auch mal an die Kirche, in Frankfurt als nächstes ans Haus am Dom. Es sei ein Zuschussgeschäft, sagt er. Der Geldeinwurf dabei provozierender Bestandteil des künstlerischen Ansatzes. Die Preise sind auch eher symbolisch als ökonomisch: 50 Cent für fünf Minuten – ein Schnäppchen im Vergleich zu dem Getränkeautomaten direkt daneben, der unter zwei Euro aber mal gar nichts ausspuckt.

Ich lunse nach draußen in den Gang. Die Luft ist rein. Niemand, der mir und dem Gebetomat mit seinem meditativem Geräusch-Ausstoß Aufmerksamkeit schenken würde. Ich kann ungestört weiter lauschen, werfe noch ein paar Kröten nach, der Automat schluckt, und bietet mehr: Ich tippe mich durch die buddhistischen Gesänge von oben nach unten, springe kurz zum Islam, ein bisschen ins Christentum, dann doch lieber zurück nach Tibet – oooommmm – sehr entspannend.

Für einen Kopfstand ist hier kein Platz, für den Lotussitz schon gar nicht. Jetzt tut mir das Sitzfleisch langsam weh, der kleine Drehhocker könnte ein Polster vertragen. Nix da, sagt der Automatenerfinder, beten ist doch kein Honigschlecken, schnöde und banal muss der Stuhl sein, nicht zum Rumlungern, sondern zum konzentrierten Geradesitzen und Hinhören! Da ist das Budget ohnehin aufgebraucht. Ich verlasse die Kombüse, den „kleinsten Sakralraum der Welt“, schiebe den schalldämpfenden, schweren Filzvorhang zurück. Da, das ist der Fingerzeig: Beuys'scher Filz! Dieser Kasten MUSS Kunst sein – ausdrücklich! Amen.

>> Gebetomat im Haus am Dom, Domplatz 3.
 
23. Dezember 2011, 10.32 Uhr
Laura J Gerlach
 
 
Fotogalerie:
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