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Foto: Sonntags-FAZ
Foto: Sonntags-FAZ

Gefährdung der Pressefreiheit

"Lügenpresse" ist das Unwort des Jahres

Die Jury der Sprachkritischen Aktion hat "Lügenpresse" zum Unwort des Jahres erklärt. Es leiste einen Beitrag zur Gefährdung der Pressefreiheit. Gerügt werden auch "erweitere Verhörmethoden" und "Russland-Versteher".
Diese Nachricht hat ein Problem. Sie fällt unter das Paradoxon des Epimenides, in dem ein Kreter behauptet, dass alle Kreter Lügner seien. Was ist von einer solchen Aussage zu halten? Ein uraltes Problem, das sich heute wiederholt, wenn die Presse von der "Lügenpresse" schreibt. Ein Modewort, ein Kampfwort der Extremisten und Verschwörungstheoretiker, das Unwort des Jahres, wie die Jury der sprachkritischen Aktion nun entschieden hat.

Doch das Problem ist nun, dass dies von einem Medium behauptet wird, das in gewissen Kreisen sicher auch zur "Lügenpresse" gezählt wird. Die Aussage müsste also unwahr sein. Zum Beleg hier ein Link, der hoffentlich alle Zweifel ausräumt. Verschwörungstheoretiker werden jetzt höhnen, Ausnahmen bestätigten die Regel. Immerhin handle es sich um eine Meldung, die der "Lügenpresse" in die Hände spiele - und überhaupt seien mit Stephan Hebel (Frankfurter Rundschau) und Christine Westermann auch Journalisten in der Jury ...

Man kann es nicht allen recht machen.

Manche wollen es eben immer besser wissen, auch wenn ihre Ansichten nur auf Vorurteilen beruhen, also einer Art Wunschdenken, wie die Welt zu sein habe. Zum Beispiel, dass die Presse von irgendwelchen Hintermännern finanziert werde, um Lügen zu verbreiten. Wenn das so wäre, gäbe es keine Zeitungskrise, die Insolvenzen und Entlassungen zur Folge hätten. Dann hätten wir Journalisten ein ziemlich gutes Leben: die Versorgung wäre gesichert und wir hätten auch kein Sommerloch, mit dem wir uns jedes Jahr rumschlagen würden. So ein paar Einflüsterer, die uns sagen, was wir schreiben sollen, wenn es gerade nichts zu schreiben gibt, wären eigentlich ganz praktisch. Aber leider hat bei beim JOURNAL FRANKFURT noch nie jemand angerufen, der einen solchen Service angeboten oder angedroht hätte. Und Schecks oder Barzahlungen sind auch nicht bei uns eingetroffen. Aber gut, damit wären wir wieder beim Paradoxon angelangt.

Die Vorwürfe sind nicht neu: Bereits im Ersten Weltkrieg sei "Lügenpresse" ein zentraler Kampfbegriff gewesen und habe auch den Nationalsozialisten zur pauschalen Diffamierung unabhängiger Medien gedient, teilt die Unwort-Jury mit. "Gerade die Tatsache, dass diese sprachgeschichtliche Aufladung des Ausdrucks einem Großteil derjenigen, die ihn seit dem letzten Jahr als 'besorgte Bürger' skandieren und auf Transparenten tragen, nicht bewusst sein dürfte, macht ihn zu einem besonders perfiden Mittel derjenigen, die ihn gezielt einsetzen."

Dennoch räumt die Jury ein, dass Mediensprache eines kritischen Blicks bedürfe und nicht alles, was in der Presse steht, auch wahr sei. "Mit dem Ausdruck 'Lügenpresse' aber werden Medien pauschal diffamiert, weil sich die große Mehrheit ihrer Vertreter bemüht, der gezielt geschürten Angst vor einer vermeintlichen 'Islamisierung des Abendlandes' eine sachliche Darstellung gesellschaftspolitischer Themen und differenzierte Sichtweisen entgegenzusetzen. Eine solche pauschale Verurteilung verhindert fundierte Medienkritik und leistet somit einen Beitrag zur Gefährdung der für die Demokratie so wichtigen Pressefreiheit, deren akute Bedrohung durch Extremismus gerade in diesen Tagen unübersehbar geworden ist."

Weitere Unwörter sind übrigens "erweiterte Verhörmethoden", ein Euphemismus für Folter, sowie "Russland-Versteher".
 
13. Januar 2015, 12.00 Uhr
Lukas Gedziorowski
 
 
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