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Für eine bessere Welt

Morgen ist es so weit. Das Best of Mainova Heimspiel geht – präsentiert vom JOURNAL FRANKFURT – über die Bühne der Batschkapp. Mit dabei Ayefore, Braggpeak, Skywalker, Stealing The Bride und Gastone.

Morgen ist es wieder so weit. Das Best of Mainova Heimspiel geht – präsentiert vom JOURNAL FRANKFURT – über die Bühne der Batschkapp. Mit dabei Ayefore (wir stellten sie im Heft wie auch online im Interview bereits vor), Braggpeak, Skywalker, Stealing The Bride und Gastone, eine der Bands der rührigen Frankfurter Sängers und Gitarristen Giuseppe Porrello.

Es scheint kein Weg daran vorbei zu führen... Wenn du Giuseppe Porrello heißt und singst, wirst du fast zwangläufig mit „Azzurro“, Zucchero und Eros Ramazzotti in einen Topf geworfen. Zumal Italiener immer dieses leicht kehlige, heisere Timbre haben. Als wären sie alle am Meer geboren und ihr Leben lang der Seeluft ausgeliefert gewesen. Da spielt es keine Rolle, ob man aus dem Piemont stammt, mitten aus der Emilia-Romagna kommt, Umbrier ist oder in Frankfurt geboren wurde wie Giuseppe Porrello.

Der Sänger, Gitarrist und Songschreiber fühlte sich aber immer eher dem Blues verbunden. Nicht dem Slow Blues, den Roots, sondern dem Blues mit Rock-Appeal für den Eric Clapton und Robben Ford stehen. Als Porrello noch italienisch textete, war Pino Daniele, ein Mann aus einfachen Verhältnissen, der künstlerisch unkonventionelle Wege ging, eine wichtige Inspiration. Aber mit seinen eigenen Lyrics in der Muttersprache war der Musiker nie zufrieden. „Ich bin in Deutschland aufgewachsen, ich denke auf Deutsch, ich träume auf Deutsch. Dann sollte ich auch deutsche Texte schreiben“, entschied Giuseppe und plötzlich schien ihm alles, was er vorher versucht hatte, nur als ein Vorgeplänkel. Von einem wahren Befreiungsschlag spricht Porrello. Rio Reiser war ihm plötzlich näher als Paolo Conte, Faith No More, Soundgarden oder The Cure mischten seinen Blues-Rock auf, hinterließen Spuren auf dem Weg zum eigenen Sound, der sich noch ständig verändert, entwickelt, weiter formt und den er selber gar nicht zu definieren vermag.

Nehmen wir Gastones Hymne an die Familie als Beispiel für die Stilvielfalt, die sich Giuseppe Porrello schon innerhalb eines einzigen Songs leistet. „La Familia“ beginnt mit einer Fanfare, die man vorschnell als Mariachi-Trompeten missdeuten könnte, die Band groovt sich in einen Reggae-Offbeat ein, New Orleans-Feeling kommt auf, italienische Textzeilen sind unüberhörbar, ein Akkordeon untermalt die deutschen Strophen, gesungen wird über das Gesetz der Straße. Eine stolze aber nicht allzu ernst zu nehmende, selbstironische Räuberballade mit romantischer „Ich geb´ mein Leben für dich“-Botschaft und mit einem Anarcho-Rock-Finale à la Manu Chao. Und er hat noch weitere Überraschungen parat. Denn was man in Intro zunächst in Mexiko oder Louisiana zu verorten dachte, ist ein Motiv aus einer Trauermusik von der größten Insel im Mittelmeer. Schließlich fließt in Giuseppe Adern sizilianisches Blut. Aber auch Sardinien prägt die Porrellos. Die traditionelle sardische Musik gilt als eine der reichsten im gesamten Mittelmeerraum. Ein Erbe, das es noch zu entdecken gilt.

Vom Folk hat Giuseppe alias Gastone seine Liebe zu akustischen Instrumenten. Sie geben dem muskulösen Rocksound seine subtilen Nuancen und wohltuende Ehrlichkeit. Zwölfsaitige Gitarre, Mandoline, Banjo, dazu Perkussion aus Afrika und Asien, darunter Tabla und Urdu mit ihren ganz spezifischen Klängen, bestimmen die Emotionalität der Songs maßgeblich. Gastone pendelt zwischen den Extremen. Schwarz, weiß. Kalt, heiß. Freund, Feind. Gewinner, Verlierer. Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt. Zwei Seelen wohnen, ach in seiner Brust. Es ist die Gefühlswelt eines echten Bauchtypen. Das Intellektualisieren überlässt er anderen. Wir lernen den verletzten Mann kennen, der oft genug Beziehungen an die Wand gefahren hat. Da gibt es Schmerz, aber auch Anklage. „Du bist so kalt, dass die Hölle erfriert“, singt er in „Schlechtes Gewissen“, „Auf Deine Liebe ist kein Verlass“ und „Du bist so greifbar wie der Wind“ in „Immer wenn Du weg bist“. Aber Porrello wäre kein richtiger Italiener, wenn er die Frauen nicht im nächsten Moment wieder idealisieren würde, sie singend erobern und sie auf Händen tragen möchte. Im Rausch der Gefühle.

Gastone tritt ein für eine bessere Welt und hat sein Album auch konsequenterweise gleich so genannt. „Bessere Welt“. Was aber macht die Welt besser? Ganz profan gesagt – und aus der Sicht eines Genießers gesehen – gutes Essen, gute Musik, Freundschaften, die Liebe. Und – das allerdings ohne Pathos formuliert – ein Plus an Fairness und Gerechtigkeit. Stolz gehört für Porrello zu einem lebenswerten Leben ebenso wie Moral, auch Romantik und Glück. Auch wenn niemand wirklich zu beantworten weiß, was das eigentlich ist. Nicht zu vergessen Authentizität. „Ganz ehrlich – ich will gar keine große Plattenfirma, keine Strategien, keinen Hype“, sagt Giuseppe. „Ich brauche Ecken und Kanten, nichts glatt Gebügeltes.“ Da bleibt er lieber der Typ, den man auch in der Fußgängerzone treffen und dort ohne großen Aufwand seine Lieder singen könnte. Und der mit Hilfe vieler Musikerfreunde seine CD in eigener Regie realisiert hat. Gerne auch mal gegen den Strom ruft die Kämpfernatur seine eigene kleine „Revolution“ aus. Die Zeit ist gekommen, die nächsten Schritte nach vorne zu gehen. Der Blues hat an Farbe und Facetten gewonnen. Das halbleere Glas ist halbvoll. Probleme verlieren mehr und mehr an Bedeutung. Und Giuseppe kann voller Überzeugung kundtun: „Dieser Tag gehört mir und die Sonne, die scheint, nur für mich, dieser Tag gehört mir und die Welt, die dreht sich nur für mich...“ Und mag der Aufstieg auch hart sein, die Aussicht ist umso schöner.

 
1. Oktober 2010, 10.47 Uhr
Detlef Kinsler
 
 
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