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Festival im Literaturhaus

Wim Wenders als DJ der Romantik

Der Beginn des Romantik-Festivals im Literaturhaus begann mit einer DJ-Einlage von Regisseur Wim Wenders, Poesie-Hören auf Matratzen sowie Diskussionen um eine neue Romantik und ein neues Erzählen.
Eigenlich sei er nur gekommen wegen eines Satzes, den er einmal gesagt habe, gestand Wim Wenders am Samstag im Literaturhaus: "I'm a hopeless german romantic." Zur Eröffnung des Romantik-Festivals "Was wir suchen, ist alles" bekannte sich der Regisseur zu seiner Aussage und legte dar, warum er ein Romantiker sei: zum Beispiel, weil er manche Einstellungen seiner Filme gerne in der Dämmerung dreht, in diesem Licht erscheine das Gewöhnliche ungewöhnlich, ja "hyperreal". Oder weil er in sich diesen Trieb zum Reisen spüre, die unaussprechliche Sehnsucht, "woanders zu sein".

Wenders illustrierte seinen Vortrag mit Szenen aus seinen Filmen wie "Paris, Texas", "Falsche Bewegung", "Im Lauf der Zeit" und "Bis ans Ende der Welt". Dazu betätigte sich der Regisseur auch in einem anderen Metier: als DJ, genauer gesagt als Romantik-DJ, spielte er einige seiner Lieblingssongs ab, in denen er romantische Motiven erkannte: Sehnsuchtsballaden wie "Still Haven't Found What I'm Looking For" von U2, Stücke von Van Morrison und Patti Smith aber auch deutsche Schlager und ein Lied von Schubert waren Teil der Setlist. Dazu erzählte Wenders Anekdoten aus seinem Leben und von der Entstehung seiner Filme.

Bei aller Romantik jedoch outete sich Wenders als Realist, als er sich gegen digitale Bilderwelten aussprach. Ihnen fehle die "Wahrheit", der "Seinsgrund", die "Realität", aus der sich erst Schönheit entfalten könne. Das tat der Zustimmung keinen Abbruch: Zum Schluss gab einen Saal voll Applaus.

Nur noch halb so voll war der Saal bei der Diskussion im Anschluss, bei der es um die Frage ging, ob "wir" ein neues romantisches Denken brauchen. "Nein", sagte Moderatorin Felicitas von Lovenberg zum Schluss. "Wir haben es bereits." Die Debatte lief darauf hinaus, nach der Romantik in der Gegenwart zu suchen. Dramaturg Thomas Oberender erkannte sie im Pathos von Barack Obamas Wahlkampagne "Yes We Can" und bezeichnete Christoph Schlingensief als einen romantischen Künstler, während Philosoph Joseph Vogl die unvollendeten Projekte der Romantiker, sowie ihre Ideen von der Verschmelzung der Gattungen und ihre auf Unendlichkeit angelegten Romane in der Gegenwart nachwirken sah. Vogl brachte auch den nüchternsten Satz des Abends: "Romantik lässt sich nicht praktizieren." Leider kam er nicht dazu, diese steile These auszuführen.

Warum eigentlich soll man es sich auf einem Festival nicht auch einmal bequem machen? Im Lesekabinett des Literaturhauses lagen am Sonntag Matratzen auf dem Fußboden, die dazu einluden, sich die poetisch-musikalische Performance von Christian Filips und Franz Tröger im Liegen anzuhören. Gerüchteweise wurde dort sogar Sekt gereicht, was in dem Dramatiker, Lyriker und Romanautor Albert Ostermaier umgehend den Wunsch auslöste, sich eben dort zur Ruhe zu betten. Kein Wunder – Ostermaier hatte anstrengende Tage hinter sich. Direkt vom Flughafen war er ins Literaturhaus gekommen, zurück von einer Reise in den Libanon und in syrische Flüchtlingslager, auf die er Außenminister Steinmeier begleitet hatte. Sein nächster Roman, so verriet Ostermaier, werde dort, im Nahen Osten, spielen. Nach Frankfurt war er allerdings nicht zum Ruhen, sondern zum Arbeiten gekommen: Die Schauspielerin Anna Maria Sturm, bekannt aus dem Polizeiruf 110, las aus Friedrich Schlegels 1799 erschienenen Skandalroman „Lucinde“; anschließend sprach Ostermaier mit der Schriftstellerin Verena Rossbacher (ihr neuer Roman „Schwätzen und Schlachten“ weist mehr romantische Züge auf, als ihr selbst bewusst war) über die ästhetische Gegenwärtigkeit der Romantik in der aktuellen Literatur, über Genies, den Müßiggang und bürgerliche Literatur – und über Fußball. Denn Ostermaier, der Torhüter der deutschen Autoren-Nationalmannschaft, hat in einer Ode an Manuel Neuer tatsächlich Zitate aus Hölderlin-Gedichten untergebracht. So hängt also, ganz gemäß dem Gedanken einer Universalpoesie, tatsächlich alles mit allem zusammen.
 
2. Juni 2014, 12.15 Uhr
Lukas Gedziorowski/Christoph Schröder
 
 
Fotogalerie:
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