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Fassbinder-Ausstellung im Filmmuseum

Mein Gott, Rainer!

Das Deutsche Filmmuseum widmet dem Künstler, Menschen, Phänomen und Ex-Frankfurter Rainer Werner Fassbinder seine neue Sonderausstellung. Die ist nicht nur eine filmische Retrospektive.
Es ranken sich viele Geschichten um Rainer Werner Fassbinder. Einen Mann, der in seiner kurzen Lebenszeit – zur Welt gekommen im Mai 1945, verstorben im Juni 1982 – 41 Filme und etliche Theaterstücke inszenierte, als Genie und Wahnsinniger gefeiert wurde und nach seinem frühen Tod vor allem in der deutschen Kinolandschaft eine künstlerische Lücke hinterließ, die bis heute nicht mehr gefüllt werden konnte. Man denke nur an seine Filme: „Liebe ist kälter als der Tod“, „Warnung vor einer heiligen Nutte“, „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“, „Angst essen Seele auf“, „Die Ehe der Maria Braun“, „Lili Marleen“ oder „Lola“ – um nur einige aus seinem beeindruckenden Œuvre herauszugreifen: allesamt Meisterwerke, die heute als Klassiker des „Neuen Deutschen Films“ gelten, wie er damals, in den ideologisch und ästhetisch schwer bewegten 70er-Jahren, genannt wurde, und seither als Inspirationsquelle für nachgewachsene Regietalente à la François Ozon, Pedro Almodóvar oder Oskar Roehler dienen.

Wie viele von ihrer Kunst Getriebene, die den kreativen Schaffensprozess über alles stellen, neigte auch RWF zum exzessiven Alkohol- und Drogenkonsum, der ihn schließlich das Leben kosten sollte, und seine cholerischen An- und Ausfälle sind mittlerweile fast schon legendär. Er scharte einen Hofstaat um sich, der regelmäßig in Deckung gehen musste, wenn der Meister mal wieder „seine fünf Minuten“ hatte. Hanna Schygulla, die große Fassbinder-„Muse“ und Schauspielerin, meint dazu: „Das Tragische an ihm war, dass er einerseits sagte, die Freiheit fängt da an, wo die Unterdrückung aufhört, andererseits musste er selber immer unterdrücken. Hörigkeit war für ihn ein Liebesbeweis. Wie kann man mit den eigenen Filmen dafür kämpfen, dass der Mensch nicht mehr getreten wird, und dabei selber treten? Aber wahrscheinlich sind alle Genies mehr oder weniger unerträglich.“

Auch mit Frankfurt ist der Name Fassbinder eng verbunden. 1978 drehte er hier sein berühmtes Transsexuellen-Drama „In einem Jahr mit 13 Monden“ und äußerte sich über seinen Schauplatz folgendermaßen: „Frankfurt ist kein Ort des freundlichen Mittelmaßes, der Egalisierung von Gegensätzen, nicht friedlich, nicht modisch, nett, Frankfurt ist eine Stadt, wo man an jeder Straßenecke überall und ständig den allgemeinen gesellschaftlichen Widersprüchen begegnet, zumindest, wenn man nicht gleich über sie stolpert, den Widersprüchen, an deren Verschleierung sonst allerorten recht erfolgreich gearbeitet worden ist.“ Ein Ort wie für ihn geschaffen also. Hier wirkte RWF in der Spielzeit 1974/75 als Mitintendant des ehemaligen „Theaters am Turm“ und sorgte mit seinem höchst umstrittenen Stück „Der Müll, die Stadt und der Tod“, in dem er einen jüdischen Immobilienspekulant, als vermeintliche Negativfigur auftreten ließ, für einen handfesten Skandal, der ebenfalls in die (Theater-)Geschichte eingehen sollte: Ignatz Bubis, damals einflussreicher Baulöwe und späterer Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, fühlte sich persönlich verfemt, dem Bühnenstück und seinem Autor wurden Antisemitismus und „Linksfaschismus“ vorgeworfen – zu einer geplanten Frankfurter Aufführung kam es nie. Man trennte sich in Feindschaft.

Jetzt aber ist RWF an den Main zurückgekehrt. Das Deutsche Filmmuseum widmet ihm seine neue große Sonderausstellung „Fassbinder – Jetzt“. Hier werden, neben einer umfangreichen filmischen Retrospektive und etlichen Schaustücken seines wilden, anscheinend unbegrenzten Schaffensreichtums, vor allem zeitgenössische videokünstlerische Installationen einen neuen Blick auf Fassbinders Werk werfen, um dieses sowohl in seiner Entstehungszeit zu verorten wie auch ihre gegenwärtige Aktualität herauszuarbeiten. Es ist der Ansatz, einen Mann und Künstler neu zu begreifen, der in seinem Leben selbst ein einziger Widerspruch war: „Ein Tabubrecher sein und gleichzeitig das sogenannte bürgerliche Glück leben, diese beiden Extreme wollte er gleichzeitig ausleben“, sagt Hanna Schygulla über ihn. Und die muss es ja wissen.

>> Fassbinder – Jetzt: Film und Videokunst
Deutsches Filmmuseum, 30.10.2013–1.6.2014
 
30. Oktober 2013, 11.05 Uhr
Andreas Dosch
 
 
Fotogalerie:
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