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Eröffnung der Buchmesse

„Die Literatur muss rausgehen und stören“

Die Meinungsfreiheit stand im Zentrum der Eröffnung der Buchmesse, bei der Gastredner Salman Rushdie zur freien Meinungsäußerung aufrief. Dem deutschen Buchmarkt geht es nach Expertenmeinung gut, er habe sich weiterentwickelt.
Auf die Frage, wie es dem deutschen Buchmarkt in diesem Jahr gehe, antwortete Heinrich Riethmüller, Vorsteher des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, am Dienstag auf der Eröffnungskonferenz der Buchmesse: „Es geht ihm gut. Denn er hat sich stark weiterentwickelt.“ Dennoch lasse sich beim Umsatz mit Büchern im Privatmarkt ein Rückgang erkennen. Dort liege man derzeit bei einem Minus von über 2,5 Prozent. Der deutsche Buchmarkt sei ein Markt mit leichten Schwankungen, erklärte Riethmüller. Man sehe ein leichtes Minus also mit Gelassenheit, da es kein Ausdruck für einen schrumpfenden Markt sei, sondern es dieses Jahr lediglich noch keinen wirtschaftlichen Ausnahmetitel gebe. Denn diese Jahre seien für den Buchmarkt immer die Umsatzstärksten gewesen. Man hoffe auf einen umsatzstarken Herbst, um auf dem Vorjahresniveau zu landen oder sich dem zumindest anzunähern.

Charakteristisch für die Entwicklung des Buchmarktes seien jedoch andere Dinge. Dazu gehören aufgrund der Veränderung nicht mehr Ebooks oder Electronic Publishing. Bestandteile seien nun Buchhandlungen, Autoren als Selbst-Publisher, Literaturagenten, Online-Plattformen, Streamingseiten und vieles mehr. Der Markt habe sich verändert ohne seine Kernaufgaben, die Entdeckung, Publikation, Ausstellung und Vermarktung von Inhalten zu vernachlässigen. Davon profitiere nach einer Phase der Ungewissheit nun der Buchhandel.

Über 2000 Buchhandlungen haben mittlerweile einen eigenen Online-Shop und beherrschen das Zusammenspiel von stationären Handel und Online-Handel immer besser, so Riethmüller. Denn Untersuchungen zeigten auch, dass dies die Zukunft des gesamten Einzelhandels sei. „Die deutsche Buchbranche ist ideenreich, innovativ und kreativ.“ Buchhändler und Verleger sähen die Chancen, die die Digitalisierung biete und nähmen diese Herausforderung auch an.

Salman Rushdie über die Verteidigung der Kunst
Vor allem das Thema der freien Meinungsäußerung stand im Zentrum der Eröffnungskonferenz, zu dem auch der britisch-indische Autor Salman Rushdie als Gastredner geladen war. Rushdie rief zur Meinungsfreiheit auf, die für ihn sehr wichtig sei. So wie Schriftsteller und Aufklärer im 18. Jahrhundert um ihre Meinungsfreiheit gekämpft hätten, bestreite man heute wieder denselben Kampf. Der Grund dafür seien leider jüngste Phänomene, wie die Gefahr durch Gewaltandrohungen und tatsächliche Gewalt gegen Autoren, Verleger, Buchhändler und Übersetzer, so Rushdie.
Er erklärte, dass für ihn die freie Meinungsäußerung nicht länder- oder kulturabhängig sei, denn der größte Angriff auf dieses Recht gehe von Denkern aus den Ländern aus, bei denen keine freie Meinungsäußerung herrsche und die behaupten, dies gelte nur in bestimmten Gebieten. „Die Meinungsfreiheit ist universell“, betonte Rushdie, denn alle Menschen hätten die Sprache gemeinsam, mit der sie sich ausdrucken können – ein Vorteil gegenüber anderen Lebewesen. Zensur sei gegen diese menschliche Natur. „Es hindert uns daran, die Lebewesen zu sein, die wir sind“, so Rushdie, denn „ohne Meinungsfreiheit gibt es keine anderen Rechte.“ Deshalb sei es so wichtig die Meinungsfreiheit zu verteidigen.
Die Kunst werde gefürchtet, weil niemand sie besitze. Kunst gehöre niemandem, sondern sei nur eine einzige Stimme, die auf ihre eigene Art und Weise spreche. Sie werde gefährlich für Menschen, die Literatur kontrollieren wollen und bestimmen wollen, was andere denken sollen. Deshalb verfolgten Gewaltherrscher Schriftsteller. Autoren in der Vergangenheit hätten dies selten überlebt, ihre Kunst schon. „Es scheint sehr wichtig, dass wir sowohl Schriftsteller als auch die Werke verteidigen“, erklärte Rushdie, damit Autoren frei schreiben und publizieren könnten, ohne verurteilt zu werden.

"Wir müssen Brücken bauen"
Als bekannt wurde, dass Rushdie als Gastredner auf der Buchmesse auftreten sollte, sagte Iran seine offizielle Teilnahme ab. Dennoch werden einige iranische Aussteller anwesend sein. Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, äußerte sein Bedauern über Irans Boykott, da eine Gelegenheit verpasst werde, sich mit den Kollegen auszutauschen. „Es gibt den einen zentralen Aspekt in der menschlichen Zivilisation, der für mich nicht verhandelbar ist. Das ist die Freiheit des Wortes, die freie Meinungsäußerung“, so Boos. Was die Branche gegen die jetzige Situation am besten tun könnte, sei zu stören. Als Beispiel verweist er auf Rushdie, der auch mit seiner Literatur störe.

„Aber wir dürfen nicht nur stören, wir müssen auch Brücken bauen“, sagte Boos. Ideen aus ganzer Welt treffen auf der Buchmesse zusammen, die aber lange nicht zusammenpassen. Dieses Zusammentreffen solle aber was bewirken. Die Besucher sollten nach einer Woche Buchmesse eine neue Perspektive angenommen haben, so Boos. Deshalb habe man die Messe radikal umgebaut und die englischsprachige Welt ins Zentrum geholt, damit jeder potentielle Geschäftsabschluss nur noch fünf Minuten Fußweg durch die Hallen entfernt liegt. Der Blickwinkel der Kunden und deren Geschäfte sollen sich dadurch erweitern.

Das Konzept scheint aufzugehen. Rund 7 200 Aussteller aus 104 Ländern sind auf der diesjährigen Buchmesse vertreten. Das sind zirka 0,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Es werden fast 300 000 Besucher erwartet, davon ein Drittel Privatbesucher.

Frankfurter Buchmesse, 14.–18. Oktober, Messegelände
Fachbesuchertage: 14.–16.10., 9–18.30 Uhr; Privatbesucher: 17. Oktober, 9 – 18.30 Uhr, 18. Oktober, 9 – 17.30 Uhr
Eintrittspreise: Fachbesucher Tageskarte: 60 Euro; Privatbesucher Tageskarte: 18 Euro, ermäßigt 12 Euro, Wochenendticket:
26 Euro
 
14. Oktober 2015, 11.47 Uhr
ms
 
 
Fotogalerie:
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Für weitere vier Jahre findet die Buchmesse in Frankfurt statt. Ein Thema soll dabei eine wichtige Rolle spielen.
Text: Till Geginat / Foto: Halle 3 der Frankfurter Buchmesse 2023 © Frankfurter Buchmesse, Foto: Holger Menzel
 
 
 
 
 
 
 
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