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Dosch@Berlinale 2013, Teil 2

Berlinale, helau!

Unser Kinoredakteur Andreas Dosch schämt sich auf der Berlinale fremd. Für Kollegen, die im Mallorca-Stil Sitzplätze reservieren. Und auch ein bisschen für Til Schweiger, den alten rumänischen Gangsterboss.
Lassen Sie uns über Filme sprechen. Darum geht es schließlich bei den 63. Internationalen Filmfespielen Berlin. Auch wenn es Kollegen gibt, die allen Ernstes von sich behaupten: „Das Letzte, warum ich auf die Berlinale fahre, ist, um Filme zu gucken.“ Was ist dann der Grund? Um sich wichtig zu machen? Zugegeben: Das kann man hier ganz gut, und es gibt nicht wenige Pappnasen, die, nur weil sie ein offiziell bedrucktes Plastikkärtchen mit ihrem Namen drauf um den Hals hängen haben, glauben, sie wären kleine Fürsten und sich auch dementsprechend benehmen. Folgenden Dialog musste ich im Berlinale-Palast miterleben: „Hallo, Sie, das ist mein Platz!“ „Tja, Pech gehabt, jetzt sitze ich.“ „Aber Moment mal, den hatte ich doch reserviert – da steht meine Tasche!“ „Ich habe keine Tasche gesehen, die hätten Sie vielleicht etwas auffälliger platzieren sollen.“ „Würden Sie jetzt bitte freundlicherweise meinen Platz freimachen?“ „Nein.“ „Und warum nicht?“ „Weil Sie diesen Platz NICHT GEKAUFT haben!“ Und so weiter. Es ist schon manchmal zum Fremdschämen bei den Presseleuten.

Aber ich wollte ja über Filme reden. Also: Til Schweiger ist hier. In echt, auf der Berlinale-Kinoleinwand! Nein, nicht mit „Kokowääh 3“ oder „Vielschwanzochsen 16“, sondern in einem regulären Wettbewerbsbeitrag. Leider in keinem wirklich guten, und unser Til spielt in „The Necessary Death Of Charlie Countryman“ auch eher eine Nebenrolle – einen rumänischen Gangsterboss namens Darko („My näim is Darrrko!“), der besagtem Charlie, einem von Shia La Boeuf dargestellten jungen Amerikaner, den es nach Bukarest verschlagen hat, die Hölle heiß macht. In Hollywood denkt man eben, nur weil ein europäischer Ausländer kein akzentfreies Englisch beherrscht, geht er auch als Rumäne durch. Deshalb hat man den Dänen Mads Mikkelsen kurzerhand zum lokalen Oberschurken erklärt – noch brutaler und unberechenbarer als Til, noch eine schlechtere Aussprache, aber dafür kann er besser spielen.

„The Necessary Death ...“ ist einer dieser Filme, bei denen man sich ernsthaft fragt, wie sie im Berlinale-Wettbewerb gelandet sind. Klar, da gibt es ein Auswahlkommittee unter Führung von Dieter Kosslick, dem Oberchef persönlich. Aber vielleicht hat der Dieter da gerade mal ein Nickerchen gemacht und sich auf die junge Praktikantin verlassen, die den Shia La Boeuf ja „so süß“ findet (oder möglicherweise gar den Til?). Okay, der Möchtegern-hippe Romantic-Comedy-Thriller (oder so) ist kein Totalreinfall, allerdings erkennt man den gebotenen Durchschnitt schon aus weiter Ferne. Es gibt ein Überangebot an Kinoware – warum musste es ausgerechnet dieses Ding sein? Aber das fragt man sich sowieso ständig: ein deutscher Goldgräberwestern – hat die Welt wirklich darauf gewartet? Nur weil die Hauptdarstellerin „Hoss“ heißt? Dass bierernste Bedeutungswerke über schwule Nonnen – verzeihung – homosexuelle Priester und gedemütigte Nonnen (man kommt da manchmal durcheinander) entstehen, geht ja noch irgendwie an, von wegen aufklärerischem Anspruch und so. Und dass Biopics über Pornodarstellerinnen und steinreiche Sexmagazin-Verleger gedreht werden, irgendwie auch (interessante Persönlichkeiten halt). Aber Rupert Grint – der Ron aus den Harry Potter-Filmen – mit einem Dauerständer …? Obwohl das noch mit zum Besten von „Charlie Countryman“ gehörte. Jetzt wird es mir auch klar: Kosslicks Praktikantin ist ein Potter-Fan, und sie findet den Ron/Rupie „aber so was von schnuckelig“. Vor allem mit Megaerektion (und den unsterblichen Worten „I came in my pants!“). Ja, doch, einleuchtend: Das ist ein klares Auswahlkriterium.

Und weil heute Fastnacht ist, hier als kleiner Bonus noch ein paar persönliche Worte zum Rosenmontag:

Von Frankfurt bin ich hergekommen /Den Flieger, den habe ich genommen / Ich war ja hier schon meh're Male / Auf diesem Fest, der Berlinale.
Gesehen hab ich Damon, Matt / Ein netter Typ, auch ganz adrett / Die Nina Hoss, ne tolle Frau /Ihr Film aber – ziemlich flau.
Ich weiß nicht, liegt es nur an mir? / Ich sehe viele Pornos hier. / Im Kino, mein' ich, auf dem Screen. Das muss wohl sein – das ist Berlin.
Ein Porno-Suchtbolz aus den Staaten / Ne Porno-Queen – na, dreimal raten? / Nicht Dolly Buster ist der Name / Nein, Linda Lovelace heißt die Dame.
Ich könnt' ja auch mal, todesmutig / Ein Seelendrama seh'n, unblutig / Mit schwulen Priestern, live aus Polen / Verstörten Nonnen – Blick verstohlen.
Mich bilden in der schlechten Welt / Wo nix mehr zählt, nur noch das Geld / Wo Leid die ganze Handlung prägt / Auch wenn zwei Stunden das nicht trägt.

Ich gucke Filme – ist mein Job / Und danach steht mir auch der Kopp / Ich liebe das – grad fürs JOURNAL / Es ist mal Freude, manchmal Qual.
Ein Festival, Ihr lieben Leut' / Das ist nicht Spaß und Heiterkeit / Der Ernst muss bei der Sache sein / Zu blöd: Der Ernst blieb heut daheim.
Duffdää, Narhallamarsch und ein dreifach donnerndes „Berlinale HELAU!“.
 
11. Februar 2013, 10.50 Uhr
Andreas Dosch
 
 
Fotogalerie:
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