Die Frankfurter Bücherschau gibt’s seit 62 Jahren. Doch die Zeiten ändern sich. Und so spielen Filme und digitale Medien mittlerweile eine immer wichtigere Rolle.

Spielkarten wirbeln durch die Luft, Alice kann zusammengeschrumpft und auseinandergezogen werden. Den Kinderbuchklassiker „Alice im Wunderland“ interaktiv zu erfahren, das machen Apps und E-Books möglich. Auch Zauberlehrling Harry Potter hat nicht nur längst die Welt der Buchstaben für die des Films verlassen. Er ist der Held von Computerspielen, und seine Erfinderin Joanne K. Rowling hat für ihn nun auch noch eine Transmedia-Plattform geschaffen. „Harry Potter ist das beste Beispiel dafür, wie die ursprünglich lineare Verwertungskette von Inhalten sich zu multidimensionaler Verwertung wandelt“, so der Direktor der Frankfurter Buchmesse Juergen Boos.

Zwar geht es auf der Buchmesse nach wie vor in erster Linie um das Gedruckte zwischen Buchdeckeln, aber wie solche weltweit bekannten Beispiele zeigen, nicht mehr allein. Die Digitalisierung verändert die Buchbranche und damit auch die Frankfurter Buchmesse. Digitale und elektronische Inhalte gewinnen zunehmend an Bedeutung. Schließlich verbringen viele Menschen immer mehr Zeit vor den Bildschirmen von Laptops, Handys oder Tablets. „Wir beobachten ein engagiertes, sehr vitales Experimentieren mit neuen Partnern, neuen Medienformaten und neuen Ideen, wenn es um die Aufbereitung kreativer Inhalte geht“, so Boos. „Letztes Jahr wurden in Frankfurt erstmals 'enhanced E-Books' präsentiert, dieses Jahr ist völlig klar: Multimediale Inhalte sind die Zukunft“, so Boos weiter. Kooperationen zwischen den Kreativbranchen Film, Games und Buch, aber auch der Informations- und Telekommunikations-Branche nehmen zu, und die Frankfurter Buchmesse öffnet sich immer mehr für andere Branchen und entwickelt neue Formate.

So wird in diesem Jahr das Konferenzen-Programm unter der Marke „Frankfurt Academy“ ausgebaut, damit die Verlagsvertreter nicht mehr nur auf Kollegen aus anderen Weltregionen und Sprachräumen treffen, sondern auch mit Telekomfirmen, Spieleproduzenten und anderen Bildungsanbietern sprechen können. „Seit drei Jahren öffnen wir deshalb die Buchmesse systematisch und haben dabei festgestellt, dass wir viele kleine Marktplätze schaffen müssen. Es reicht nicht, 200.000 Fachleute der Kreativindustrie auf das Frankfurter Messegelände zu bringen. Wir müssen sie identifizierbar machen und Möglichkeiten bieten, sich zu relevanten Themen auszutauschen. Das sollen die Konferenzformate leisten“, so Boos. Auch Medienmacher wie der Harry Potter-Produzent David Heyman kommen nach Frankfurt. Er erhält am 14. Oktober den von der Frankfurter Buchmesse verliehenen Preis für die beste internationale Literaturverfilmung, der traditionell auf der Gala des Hessischen Filmpreises verliehen wird. Teilnehmer der „StoryDrive-Konferenz“ werden mit Heyman einen Blick hinter die Kulissen der crossmedialen Erfolgsgeschichte Harry Potter werfen. Auch der Gamification Guru David Zicherman kommt zur Buchmesse, und Filmproduzent, Regisseur und Drehbuchautor Roland Emmerich stellt seinen neuen Film "Anonymous" vor. Weitere Buch-, Games- und Filmexperten reflektieren in rund 40 Veranstaltungen über die Zukunft der Medien und die daraus entstehenden neuen Geschäftsmodelle.
Mit den neuen Medien verändert und erweitert sich auch der eigentliche Motor der Buchmesse, das Geschäftemachen und das Tätigen von Lizenzabschlüssen. Zu dem Literary Agents & Scouts Centre (LitAg), bei dem sich die internationalen Literaturagenten in einem fast dem Speed-Dating vergleichbaren Tempo treffen, um Rechte und Lizenzen zu handeln, gesellt sich nun ein neuer Treffpunkt für Händler aus der Film-, Games- und Buchbranche: das StoryDrive Business Center. Hier werden trans- und crossmediale Rechte- und Lizenzgeschäfte verhandelt und neue Formen der Kooperation über Branchengrenzen hinweg gefunden. „Es kommen immer mehr Vertreter der Filmbranche und der Videospielbranche zu uns", so Buchmessenchef Boos. „Manche Autoren wie Cornelia Funke oder Ken Follett denken beim Schreiben sogar schon andere Verwertungsformen ihrer Erzählstoffe mit.“

Nach wie vor ist die Frankfurter Buchmesse die größte Buch- und Medienmesse der Welt. Mehr als 7.500 Aussteller aus über hundert Ländern werden sich auch dieses Jahr am Main ein Stelldichein geben. Ehrengast ist in diesem Jahr Island. Neben zahlreichen internationalen Literaturgrößen werden daher auch rund 40 isländische Autoren auf der Buchmesse erwartet. Unter ihnen Andri Snær Magnason, Guðrún Eva Mínervudóttir, Hallgrímur Helgason, Jón Kalman Stefánsson, Kristín Steinsdóttir und Sjón sowie die Krimiautoren Arnaldur Indriðason und Yrsa Sigurðardóttir und der diesjährige Preisträger des Nordischen Literaturpreises Gyrðir Elíasson.