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Deutsches Jazzfestival
Heilige Momente
Beim 43. Deutschen Jazzfestival hat Michael Wollny ein Heimspiel. Mit seinem Duo Wunderkammer trifft der Neu-Frankfurter am 27. Oktober auf die hr-Bigband.
Als Michael Wollny im vergangenen Jahr den „Jazz im Museum“ mit dem Trio [em] eröffnete und mit Saxophonist Heinz Sauer fünf Wochen später auch beschloss, schwärmte der Pianist von der Reihe im Garten des Liebieghauses: „Die Konzerte finden vormittags und Open Air statt – das ist ungewöhnlich. Und es ist das einzige Festival, das ich von meiner Wohnung aus zu Fuß in wenigen Minuten erreichen kann.“ Die Aussage überraschte nicht wenige. „Wie, der Wollny lebt in Frankfurt?“ Ein mit unzähligen Preisen ausgezeichneter Musiker, der schon in jungen Jahren selbst im Ausland als „Most Promising International Newcomer“ gefeiert wurde und die „Wiege des deutschen Jazz“, der längst von Köln und Berlin der Rang abgelaufen wurde, wie passte das zusammen? „Geographisch kann man als Vielreisender gar nicht geschickter wohnen“, wurde Wollny zitiert. „Aha, daher weht der Wind“, kommentierten Auswärtige, die nur Pragmatisches als Rechtfertigung für die Ortswahl gelten lassen. Tatsächlich aber hatte es den gebürtigen Schweinfurter noch aus ganz anderen Gründen von der Spree zurück an den Main gezogen. Wegen der Zusammenarbeit mit Heinz Sauer mutmaßte die Szene. Der Liebe wegen munkelten andere. Seine Frau Céline ist u.a. Mitglied des Freien TanzTheater Frankfurt. Der dritte gute Grund: „Bevor ich hergezogen bin war Frankfurt schon eine heimatliche Umgebung für mich.“ Die Mutter ist in Sachsenhausen geboren, die Eltern haben sich hier kennen gelernt, ein Teil der Familie lebt schon lange in der Stadt. Der gute Kaffee bei Wacker’s, das hr Jazzensemble, die Romanfabrik als „unser Club-Zuhause“, Kidd Pivot und das Ensemble Modern mussten da gar nicht als Alibis herhalten.
Ein Indiz, dass man ein Ausnahmetalent wie Wollny nur allzu gerne willkommen heißt, ist die Einladung zum 43. Deutschen Jazzfestival. „Können wir Dich dieses Jahr mit der Big Band featurern?“, fragte hr-Jazzredakteur Guenther Hottmann. Wollny fühlte sich geehrt, dachte nach, mit welchem Projekt das am sinnvollsten zu realisieren sei und wählte die Wunderkammer, sein außergewöhnliches Duo mit Cembalistin Tamar Halperin. Willkommen im Kuriositätenkabinett der Klänge zwischen Bach und Björk. „Als ich die Platte gemacht habe, war es schon mein Anliegen, mit diesen Instrumenten, die ich in dieser Kombination noch nicht gehört hatte, etwas zu finden, was ich so vorher nicht kannte“, erinnert sich Wollny. „Jetzt geht es darum, das mit um Big Band erweiterten Klängen auf die Bühne zu bringen, und das so, dass es sich ästhetisch nicht beißt.“ Die Aufgabe des Arrangierens hat Jörg Achim Keller übernommen, ein Work in Progress, dessen Ergebnis letztlich erst am Samstag, 27. Oktober im Sendesaal des Hessischen Rundfunks zu bestaunen sein wird. Ein Abenteuer, auf das sich der Tastenvirtuose als erklärtermaßen neugieriger Mensch gerne einließ und für das er Keller nur Klangbeispiele nannte, etwa Steve Reichs „Desert Music“, Krzysztof Pendereckis „The Awakening Of Jacob“ oder Ari Benjamin Meyers’ „Symphony X“. Und er brachte den Begriff Kammermusik ins Spiel. Dass ihm die Bewunderung, die er als Komponist, Instrumentalist und Improvisateur erfährt, solche Kooperationen ermöglicht, freut Wollny. Ansonsten versucht er, von Lob und Schmeicheleien, größerer Publikumsresonanz und starker Medienpräsenz unbeeindruckt zu bleiben. Es spricht für seinen Charakter, dass er vor allem eines im Fokus behält. „Der Moment am Flügel zu sitzen, der ist mir heilig geblieben. Da muss eine Verbindung zum Instrument passieren, zum Raum, da fängt man immer wieder bei Null an, bei jedem Konzert.“
Nach einem weiteren Jahr in Frankfurt sollte Michael Wollny nun noch mehr wahrgenommen haben, was zwischen Flughafen, Messe und Bankentürmen seinen Beifall findet„ Ich versuche immer die hochkulturellen Dinge aufzuzählen, die es nur in Frankfurt gibt und ich habe gerade das Gefühl, dass das gar nicht der Punkt ist, warum ich mich hier so wohl fühle“, sinniert der 34-Jährige. „Es ist dann eher so banaler Kram, dass alles um die Ecke ist, dass man nicht so viel Zeit verplempert mit irgendwelchen U-Bahn-Fahrten, nicht täglich zwischen 50 Cafés wählen muss, sondern nur aus drei. Wenn einem das zusagt, entsteht das Gefühl, das ist Zuhause. Die Wertschätzung dieser 300 Meter ums Haus herum, wenn man da seine Plätze gefunden hat, ob es ein Kneipe ist, ein Park oder ein Nachbar.“ Man hört heraus: Wollny ist wirklich in Frankfurt angekommen. Detlef Kinsler
>> Wunderkammer XXL, 43. Deutsches Jazzfestival, 27.10., 19 Uhr, Ffm: Hessischer Rundfunk, Sendesaal
Ein Indiz, dass man ein Ausnahmetalent wie Wollny nur allzu gerne willkommen heißt, ist die Einladung zum 43. Deutschen Jazzfestival. „Können wir Dich dieses Jahr mit der Big Band featurern?“, fragte hr-Jazzredakteur Guenther Hottmann. Wollny fühlte sich geehrt, dachte nach, mit welchem Projekt das am sinnvollsten zu realisieren sei und wählte die Wunderkammer, sein außergewöhnliches Duo mit Cembalistin Tamar Halperin. Willkommen im Kuriositätenkabinett der Klänge zwischen Bach und Björk. „Als ich die Platte gemacht habe, war es schon mein Anliegen, mit diesen Instrumenten, die ich in dieser Kombination noch nicht gehört hatte, etwas zu finden, was ich so vorher nicht kannte“, erinnert sich Wollny. „Jetzt geht es darum, das mit um Big Band erweiterten Klängen auf die Bühne zu bringen, und das so, dass es sich ästhetisch nicht beißt.“ Die Aufgabe des Arrangierens hat Jörg Achim Keller übernommen, ein Work in Progress, dessen Ergebnis letztlich erst am Samstag, 27. Oktober im Sendesaal des Hessischen Rundfunks zu bestaunen sein wird. Ein Abenteuer, auf das sich der Tastenvirtuose als erklärtermaßen neugieriger Mensch gerne einließ und für das er Keller nur Klangbeispiele nannte, etwa Steve Reichs „Desert Music“, Krzysztof Pendereckis „The Awakening Of Jacob“ oder Ari Benjamin Meyers’ „Symphony X“. Und er brachte den Begriff Kammermusik ins Spiel. Dass ihm die Bewunderung, die er als Komponist, Instrumentalist und Improvisateur erfährt, solche Kooperationen ermöglicht, freut Wollny. Ansonsten versucht er, von Lob und Schmeicheleien, größerer Publikumsresonanz und starker Medienpräsenz unbeeindruckt zu bleiben. Es spricht für seinen Charakter, dass er vor allem eines im Fokus behält. „Der Moment am Flügel zu sitzen, der ist mir heilig geblieben. Da muss eine Verbindung zum Instrument passieren, zum Raum, da fängt man immer wieder bei Null an, bei jedem Konzert.“
Nach einem weiteren Jahr in Frankfurt sollte Michael Wollny nun noch mehr wahrgenommen haben, was zwischen Flughafen, Messe und Bankentürmen seinen Beifall findet„ Ich versuche immer die hochkulturellen Dinge aufzuzählen, die es nur in Frankfurt gibt und ich habe gerade das Gefühl, dass das gar nicht der Punkt ist, warum ich mich hier so wohl fühle“, sinniert der 34-Jährige. „Es ist dann eher so banaler Kram, dass alles um die Ecke ist, dass man nicht so viel Zeit verplempert mit irgendwelchen U-Bahn-Fahrten, nicht täglich zwischen 50 Cafés wählen muss, sondern nur aus drei. Wenn einem das zusagt, entsteht das Gefühl, das ist Zuhause. Die Wertschätzung dieser 300 Meter ums Haus herum, wenn man da seine Plätze gefunden hat, ob es ein Kneipe ist, ein Park oder ein Nachbar.“ Man hört heraus: Wollny ist wirklich in Frankfurt angekommen. Detlef Kinsler
>> Wunderkammer XXL, 43. Deutsches Jazzfestival, 27.10., 19 Uhr, Ffm: Hessischer Rundfunk, Sendesaal
24. Oktober 2012, 11.27 Uhr
Detlef Kinsler
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