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Der Opa von Nebenan

menschenbild-4Ein riesiges Plakat am ehemaligen Bundesrechnungshof wirft mehr oder minder große Irritationen bei Passanten auf. Oder die schwarze Frau mit dem Walkman? Wer ist dieser alte Mann mit der Aktentasche und der gelben Sonnenbrille? Als hätte jemand aus Versehen das Foto seines Opas dort hängen lassen. Eine Frau beschwerte sich sogar neulich bei der Stadt, dass an der Straße jetzt mehr Unfälle passieren würden.

Doch wieder mal ist ein Künstler für die große Verwirrung schuld. Diesmal heißt er Emmanuel Raab, ist Fotograf und kommt aus Wiesbaden. Sein Werk nennt sich Projekt „MenschenBild“ und ist eine Fotoinstallation, die Menschen und Gruppen verschiedenster Herkunft, Generation und Erscheinung zeigt. Die Personen wurden in urbaner Umgebung fotografiert und auf schwarzem Hintergrund abgebildet. Das Ergebnis ist nun auf 100 Quadratmeter großen Plakaten am Gebäude des Bundesrechnungshofes gegenüber der Paulskirche zu sehen. Etwa alle vier Monate wird das Bild gewechselt. Bis jetzt hingen dort ein Polizist, eine schwarze junge Frau und jetzt der alte Mann mit der Aktentasche.

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Hinter den einfachen Personen steckt eine komplexe Idee: Allein im schwarzem Hintergrund stehend, erhalten die Personen einen stereotypischen Charakter, der sie aus ihrem Kontext herauswirft – sagt der Künstler. „Die Menschen werden sozusagen zurück in ihre Umgebung geworfen, aber erhalten durch ihre Übergröße eine ganz andere Wirkung und damit auch eine andere Bedeutung“, erläutert der Künstler. So wird der gewöhnliche alte Mann mit der Aktentasche in seiner Übergröße beispielsweise zur Metapher für heutige gesellschaftliche Zustände und Strukturen. Er steht dafür, dass Deutschland immer älter wird, könnte man interpretieren. Oder vielleicht ist er einfach nur eine Personifizierung des schon zerfallenen Bundesrechnungshofes. Die Übergröße verleiht der Person eine zusätzliche ikonenhafte Wirkung. Sonst können nur wunderschöne Models oder Stars so überdimensional werden. Das wiederum wirft „mediale Fragen“ auf, so der Künstler Emanuel Raab. Warum erscheint es so surreal, wenn man normale Menschen auf Plakaten sieht, während ein tausend Mal bearbeitetes Foto viel realer wirkt? „Mir war wichtig, dass die Menschen auf dem Bild authentisch wirken und sich nicht für die Kamera inszenieren“, erklärt Raab.

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Natürlich ist es nicht billig, Bilder von solch einer Größe aufzuhängen. Für die Installation musste man sogar einen Industriekletterer einstellen. Doch Raab fand für seine Aktion schnell bereitwillige Sponsoren. Besonders das Kulturamt Frankfurt und das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst stellten Fördermittel zur Verfügung. Als passender Partner fand sich das momentan heimatlose Fotografie Forum Frankfurt, die ihre Ausstellung einfach in den öffentlichen Raum verlegten, nachdem sie für das neue Karikaturmuseum Platz machen mussten. „Der Austausch der Plakate kostet ungefähr zwischen 2500 und 4000 Euro.“, so das Fotografie Forum Frankfurt.
Das spannende ist auch, dass man nicht weiß, wie lange die Aktion noch gehen wird. „Das ist eine Geldsache“, meint Raab. Es wird sich zeigen, ob man noch weitere Sponsoren findet. Außerdem weiß niemand, wie es mit der Zukunft des Bundesrechnungshofes steht. Ein zukünftiger Besitzer könnte die Kunstaktion ablehnen.
Über Kunst lässt sich bekanntlich streiten. Es ist aber nicht zu verachten, dass diese Aktion einen ausgefallenen (und vor allem großen) Beitrag zum vielfältigen Stadtbild Frankfurts leistet. Auch wenn es nur ein Bild vom ganz gewöhnlichen Opa von Nebenan ist.

Emmanuel Raab wurde 1957 in Bautzen geboren. Er studierte an der Fachhochschule für Gestaltung in Darmstadt und ist seit 1982 freier Fotograph. Er beteiligte sich seit 1990 an zahlreichen Einzelausstellungen im In- und Ausland (Goethe-Institute London und Neapel; 2004, Nachtland, Kunsthalle Bielefeld; 2002) sowie an verschiedenen Gruppenausstellungen (1996,
Deutschland erotisch, Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg MARTa Museum, Herford; 2005, Landschaft als Metapher, Ursula Blickle Stiftung;). Seit 2001 arbeitet er zusätzlich als Professor für Fotografie und Bildmedien an der Fachhochschule Bielfeld. Heute lebt und arbeitet er in Wiesbaden.
 
15. Mai 2009, 08.17 Uhr
Bettina Taylor
 
 
Fotogalerie:
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