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Das Gute kehrt immer und immer zurück



Auch wenn Zélia Fonseca heute in Heidelberg lebt, dort ihr „kleines Nest für meine Familie“ eingerichtet hat – Frankfurt wird für die Brasilianerin „ein wichtiger, wenn nicht sogar der wichtigste Platz in meiner Karriere“ bleiben. Hier ist sie – via Portugal und Finnland(!) – zusammen mit ihrer Freundin und Sängerin Rosanna Tavares Anfang der Neunzigerjahre angekommen. „Man begegnete uns bei unserem ersten Auftritt als Duo in der Alten Oper mit soviel Respekt und Begeisterung für unsere Musik, dass wir wussten, Frankfurt ist ein wunderbarer Platz für uns“, erinnert sich die Musikerin aus Minas Gerais. Der Jazzkeller wurde ein zweites Zuhause, in der Brotfabrik die erste CD 1993 live aufgenommen. „Es ist schön jetzt dort den Release meiner ersten Solo-CD zu feiern.“ Den Termin, 6. Mai, 20 Uhr, sollte man sich vormerken.

Mit „Impar“ stellt Zélia Fonseca ihr erstes eigenes Album vor. Noch im Sommer 2006 war es undenkbar für sie, dass sie bald als Solistin ins Studio gehen würde. Ihr Leben lang hatte sie mit Rosanna Tavares Musik gemacht. Doch nach dem Tod der Sängerin gab es nur die Alternative: Aufhören oder Weitermachen. Zélia ließ sich drei Jahre Zeit, um nun fortzusetzen und weiter zu entwickeln, was Rosanna & Zélia begonnen haben und was auf vielfältige Weise Publikum und Kritik begeisterte.

Um die Einzigartigkeit von Zélia Fonsecas Musik zu verstehen, muss man weit zurück in ihre Kindheit gehen. Mit ihrer zwölfköpfigen Familie – die Mutter stammte aus einer jüdischen Familie aus Portugal, die Ur-Oma väterlicherseits hatte indianische Wurzeln – lebte sie in den Sechzigerjahre zunächst auf dem Land, dann am Rande Itaúnas, einer kleinen Stadt in Minas Gerais, einem Bundesstaat im Südosten Brasiliens. Sie liebte die Natur, besaß einen Papagei und dreizehn Spinnen und fühlte sich ein wenig wie Pipi Langstrumpf. Unbeschwert war ihre Jugend dennoch nicht, denn der Vater hatte sich ein Taxi gekauft und das einzige öffentliche Telefon des Ortes war in ihrem Haus. So traf dort ständig Freud’ auf Leid, war es doch auch der Notfallposten über das eigenen Viertel hinaus. Als der Vater später einen Laden, den er „Zélia Bazar“ nannte, eröffnete, ging es der Familie finanziell dadurch auch nicht besser. Denn keiner der Kunden hatte Geld, die Waren wurden oft ohne Bezahlung abgegeben, die Namen nur notiert. Prägende Erlebnisse für Zélia, die vieles davon in ihren späteren Texten verarbeitete.



Die Musik kam ins Spiel, als Zélia für Familie, Freunde und Nachbarschaft kleine Auftritte improvisierte – ein Tisch diente als Bühne. Die Inspirationen dafür kamen aus der Familie, Radio und Fernseher gab es nicht. Der Vater spielte Akkordeon und Gitarre, die Mutter sang. Als dann ein kleines Kiosk auf einem Hügel der Stadt von ihrem Vater betrieben wurde, gab es dort jeden August ein Fest, das von der katholischen Kirche organisiert und wo gesungen und getrommelt wurde. Die Ursprünge dieser Congado gehen auf afro-brasilianische Rituale zurück. Das beeindruckte Zélia Fonseca mehr als irgendwelche Schallplatten sie beeinflussen konnten. Und wir werden der Congado später wieder begegnen. Den Wunsch, Musikerin zu werden, formulierte Zélia trotzdem nie. Sie las lieber Bücher, schweren Stoff für einen Teenager, Nietzsche, Clarice Lispector, Adelia Prado. Klavier hätte sie liebend gerne gelernt, aber ein Instrument war unbezahlbar. Also spielte sie Theater, z.B. die Rolle der Anne Frank, und lernte erst mit 16 erste Akkorde auf der Gitarre, schrieb aber gleich ein erstes eigenes Stück. Die Gitarre bekam sie von der Tante geschenkt.

Zu dieser Zeit, 1973, kam Rosanna Tavares mit ihrer Familie von Nanuque im Bundesstaat Bahia nach Itaúna. Die Mädchen wurden Freundinnen, machten Musik miteinander, traten bei Schulfesten auf, schrieben Lieder zusammen und behielten das gemeinsame Projekt im Auge auch als Zélia nach Belo Horizonte zog, um Journalismus zu studieren während sich Rosanna in Itaúna der Zahnmedizin widmete. Nach Abschluss ihres Studiums kam auch sie nach Belo Horizonte kam und überredete ihre Freundin in Bars, Restaurants und kleinen Theatern aufzutreten. Eine Einladung von zwei befreundeten Musikern, die in Portugal lebten, klang verlockend, weckte ihre Abenteuerlust. „Wir hatten überhaupt kein Geld, aber es gab kein Halten mehr. Wir verkauften alles. Die Möbel, die Instrumente, mein Büro, Rosannas Anteile an der Zahnarztpraxis und wir beschlossen uns Jobs zu suchen, mit denen wir schneller Geld verdienen würden“, erinnert sich Zélia Fonseca. Der Verkauf von pão de queijo war die Lösung. Einen Monat lang schleppten sie um 5 Uhr morgens Säcke mit Maniokmehl, literweise Milch, unzählige Eier und milden Käse vom Markt in die kleine Küche, rührten alles zu einem Teig, buken daraus Brötchen und verkauften sie an die begeisterten Einwohner von Bahia und ihre Sommergästen, um die Flugtickets finanzieren zu können. „Mit 200 Dollar in der Tasche kamen wir in Lissabon an, wurden noch am selben Abend in einem Jazz Club in der Altstadt zu einer kleinen Einlage auf die Bühne gebeten.“ Auftritte in Porto und Albufeira folgten, sie lernten einen Journalisten und Musikproduzenten aus Finnland kennen, wagten die lange Schiffspassage ins Land der tausend Seen, spielten dort in vier Monaten 56 Konzerte in 16 verschiedenen Städten, auch als Vorgruppe von Alice Cooper und Gary Moore, der von Zélia lernen wollte, wie man Bossa Nova spielt.

1989 ging die Reise von Rosanna & Zélia weiter nach Deutschland, Frankfurt wurde bald zur neuen Heimat. Das Duo nahm ein Live- und drei Studioalben, „Passagem“ (1979), „Coisário“ (1999) und „
 
29. April 2010, 12.05 Uhr
Detlef Kinsler
 
 
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