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Antony & The Johnsons: Kunstmusik bar jeder Künstlichkeit...

Antony

„Was für ein schönes Konzert!“, war der meist gehörte Satz nach dem Konzert von Antony & The Johnsons in der ausverkauften Alten Oper. Und meist war er von einem verzückten Seufzer begleitet. Wir könnten das jetzt so stehen lassen und genau darauf beschränken, gäbe es nicht so viel mehr über den Auftritt zu sagen. Der begann mit einem Lichtkegel in der Bühnenmitte und einen getanzten Performance zu Musik, die erst wie Kettenrasseln in einem alten Schloss, später dann wie Stravinsky klang. Die weiße Frau? Ein Paradiesvogel? Jedenfalls ein ungewöhnlicher Beginn und auf alle Fälle passend zu Antony & The Johnsons. Die Band und ihr Kopf fanden dann im Dunkeln ihren Platz auf der Bühne. Und dunkel blieb es dann eine ganze Weile. Man konnte die Instrumente eher erahnen (oder heraushören), denn wirklich erkennen. Die Konturen eines großen Flügels waren von meinem nun wirklich nicht besonders guten Platz auf dem Balkon fernab des Geschehens wahrzunehmen, dahinter Antony. Nicht mehr Raum nahmen die sechs Begleiter ein: Bass, Schlagzeug, Geige, Cello und ein Gitarrist, der auch Geige spielte, und ein zweiter, der zudem Blasinstrumente (mehr als die Standards) beherrschte. Nicht nur wegen der Besetzung irgendwie Kammermusik, subtil, zart, eher leiser und Raum lassend für Antonys eigenwilligen, wie interessanten und überaus ästhetischen Gesang.

Mühelos schraubte sie sich in die Höhen ohne zum nervigen Falsett zu werden. Antony ist kein Tim Tiny, eher ein Scott Walker. Und je mehr der Sänger preis gab, desto mehr ließ er sich auch sehen, blieb das Licht nicht nur diffus, wurde aber trotzdem nie grell und gleißend. Die Musik, der Auftritt, extravagant, vielleicht auch exzentrisch, aber nie anmaßend, anbiedernd, extrovertiert, plakativ und schrill. Antony ist eher der zurückhaltende Typ, freundlich, sympathisch. Eines seiner Themen ist aus der Biografie begründet boy/girl, man/woman. Wie sehr könnte man damit den Voyeurismus eines Publikums bedienen... Nicht Antonys Sache. Es gehört „nur“ zu seiner Sinnsuche. Und dabei suhlt er sich bei aller Melancholie nicht nur in Schmerz und Leid, so sehr seine Musik auch davon erfüllt ist. Sehnsucht und Erfüllung sind weitere zentrale Themen, der Wunsch, dass Träume wahr werden möchten. Diese Romantik ist es, die nicht nur die jungen, oft verzückt zwischenrufenden Mädchen berührt...

Es gibt Momente, wo dieses latente „Mittelalter-Feeling“ (einfach ein Gefühl, dass ich nicht wirklich erklären kann und eher auf britischen Folk mit solchen Inkredenzien gemünzt) durchbrochen wird, der Drummer eine verqueren Shuffle spielt, Antony im Dialog mit dem Saxofon fast ekstatisch wirkt und Spaß und Freude für Momente die Überhand bekommen in seinem barocken Soul, der dann zum Spiritual wird. Da muss man fast unwillkürlichen an die irischen Legende Van Morrison denken. An anderen Stellen ist es die Intensität von Ex-Beatle John Lennon auf seinem erst kathartischen Plastic Ono Band-Album, die vorm geistigen Augen aufblitzt. Pathos und Kitsch jedenfalls ist dieser Musik fremd. Und Antony verkörpert auch keinen Glamour, sondern Ernsthaftigkeit. Trotzdem ist seine Kunstmusik in keinem Moment künstlich, sondern durch und durch ehrlich und irgendwie auch rein. Standing Ovations gab es zum Ende des Konzertes von den begeisterten Frankfurtern für den Mann, dem nicht wenige im Publikum alles Glück der Welt wünschen, Solange er dann noch immer in der Lage ist, solch schöne Musik zu schreiben.

Foto: Detlef Kinsler
 
29. April 2009, 16.33 Uhr
Detlef Kinsler
 
 
Fotogalerie:
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