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Africa Alive...
Volles Haus beim Abschlusskonzert des 15 Jahre Africa Alive-Festivals in der Frankfurter Brotfabrik. Wann immer die Afrikaner ein solches Fest feiern, gibt es natürlich auch kulinarische Genüsse. Etwa Hühnchen mit Zwiebeln und Couscous. Schade nur, dass es – oder weiß ich Ignorant bloß nicht, dass man das so isst? – kalt war. Improvisation gehört eben auch zum Typus solcher Veranstaltungen.
Auf der Bühne volles Programm. Nach einem kurzen Flöten-Intro und Begrüßung durch Dasitu Kajela-Röttger von Afroton unter einem – passend zur Witterung draußen – Regenschirm zunächst Mamadou Diabate aus Bukina Faso und Balafon solo. In aller Seelenruhe bindet er sich seine Schellen und Rasseln um die Handgelenke und zelebriert schon das als Spiel mit seinem Publikum. Dann endlicxh widmet er sich seinem Urahn von Xylophon, Vibraphon, Marimbaphon, Glockenspiel, diesem sympathischen Monstrum Holz-Klangstäben über hohlen Kürbissen. Diese Balafone können höchst unterschiedlichen klingen. Mamadou scheint den stark verfremdeten Klang zu bevorzugen. Stark verzerrt klingt es bei ihm, fast schon wie ein elektronischer Remix. Geschmacksache. Immerhin entsteht so ein feiner Kontrast zwischen den klaren Gesanglinien und den sich überlagernden Flächen.
Danach Buba Jammeh mit einer weiteren Solo-Perfomance. Der Mann aus Gambia spielt Gitarre und das recht konventionell wie zum Beispiel auch Lokua Kanza, den man in seiner Wahlheimat Frankreich nicht zufällig unter chanson varieté sortiert. Dafür überrascht er eher mit seiner Mund-Perkussion. Wäre der Begriff nicht aus den Anfangstagen von Al Jarreau schon belegt, man würde von der Trommel im Hals (und/oder Mund- und Rachenraum) reden. Das kommt gut an, genauso wie die sehr persönlichen, auf Deutsch erzählten Geschichten der ersten beiden Programmpunkte, die von ihrem persönlichen Erfahrungen hier erzählen. Komisch nur, dass die selbstbewussten Afrikaner meist eine so leise Erzählstimme haben, dass die Botschaft nicht bis in den hintersten Winkel des Raumes dringt.
Dass, was das Publikum hört, beklatscht es begeistert, zumindest der deutsche Anteil im Haus. Egal ob schwarz, weiß, gelb, rot, grün oder blau – wir sind alle Menschen und sollten uns gegenseitig akzeptieren. Schließlich liebten wir doch alle die (selbe) Musik. Auch Programmpunkt 3 vor der Pause, der – obwohl ursprünglich anderweitig verpflichtet und deshalb nicht angekündigt – kurzfristig angereiste Tata Dindin (Gambia), hieb in dieselbe Kerbe. Bei ihm hieß es egal ob Christen oder Moslems... Sein Koraspiel faszinierend wie immer. Gern erklärt er sein Instrument mit den 21 Saiten und einer Extra-Bass-Saite, das man „mit zwei Fingern spielt – das ist alles...“ Schön wär’s, denn um der Stegharfe mit dem Kalebassenkorpus solch wunderschönes Klangkaskaden zu entlocken, bedarf es mehr als ein wenig koordiniertes Gezupfe. Das ist komplexes Storytelling, zumal wenn Gesang dazu kommt und Dindin virtuos die Lagen bis hin zum Falsett wechselt. Pause.
Klang das alles eher nach Roots, kommen nun die Sprouts zu Gehör mit Coco Mbassi und ihrer semi-akustischen Band. Mit akustischer Gitarre, akustischem Flügel und Background Sängerinnen ein dezenter Einstieg. Dann kommen akustische Bassgitarre und Schlagzeug dazu, mehr Grooves, mehr Dynamik, aber alles eher dezent, aber auch virtuos, vor allem dank des Flügels. Der wird von Thierry Sandio gespielt. Der Mann sieht eher karibisch aus und spielt wie ein kubanischer Jazzer. Aber er kommt – wie Mbassi – aus dem Kamerun. „Was mögt ihr denn an Musik?“, richtet sich Coco an ihr Publikum nachdem sie sich darüber lustig gemacht hat, dass wir Deutschen Wasser mit Gas trinken... Die einen mögen Reggae, die anderen Soul, wieder andere glänzen mit Fachbegriffen ganz spezieller afrikanischer Stile. „You know: I like good music, no boxes...“ Gute Musik soll hier drinnen bei uns bleiben, die schlechte bitte draußen bleiben. So einfach ist das. Was immer also Coco Mbassi da singt: massenkompatibel ist es noch nicht, aber wie oft bei solchen Konzerten konsensfähig. Wie wär’s denn fürs nächstes Jahr mal mit Pygmäengesängen oder madegassischer Musik?
Fotos: Detlef Kinsler
9. Februar 2009, 09.55 Uhr
Detlef Kinsler
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