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Foto: Camillo Brau
Foto: Camillo Brau

Gregor Maria Schubert über das Lichter Filmfest

Zeit für Festival

Gregor Maria Schubert, Leiter des Lichter Filmfest Frankfurt International, schreibt für das JOURNAL FRANKFURT über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Festivals, das in diesem Jahr zum zwölften Mal stattfindet.
Der berühmte deutsche Regisseur und Mit-Initiator des „Oberhausener Manifests“ Edgar Reitz hat mal über Lichter gesagt, dass man dem Festival seine Armut gar nicht ansehe. Klar, Geld und Filmkultur scheinen in der Banken- und Unternehmerstadt Frankfurt nicht richtig zusammenzufinden, das ist keine neue Erkenntnis. Trotzdem sagt dieser Satz auch etwas über das Filmfest aus, worauf man stolz sein darf. In den zwölf Jahren seines Bestehens ist Lichter zu stattlicher Größe herangewachsen, trotz der Risiken der Unterfinanzierung, und doch trug es stets feinsten Zwirn.

Es gibt verschiedene Ursachen, die das hohe professionelle Niveau des Festivals erklären. Es mag vielleicht an vielem gemangelt haben in den vergangenen zwölf Jahren, ganz sicher aber nicht an der Identifikation seiner unzähligen Macherinnen und Macher mit den Ideen, für die Lichter steht. Identifikation ist ein kraftvoller Motor, von dem jedes Unternehmen träumt. Die Geschichte von Lichter ist prinzipiell aber eher eine Familiengeschichte und ähnelt nur entfernt einem Unternehmen. Die Kunst, aus wenig viel zu machen, steht ebenfalls in den Stammbuch-Memorabilien. Es darf aber keine brotlose Kunst sein. Erst recht nicht, wenn Sie einen großen Nutzen für eine ganze Stadt, ja, eine ganze Region hat.

Experimente rund um den Film

Ein bekannter Filmjournalist hat mal über Lichter gesagt, das Festival sei eines der experimentierfreudigsten in Deutschland. Kulturelle Erfahrung lebt vom Ausprobieren. Die Sehnsucht nach totalitären Verhältnissen, die große Teile unserer Welt derzeit ergriffen hat – in einer Zeit zunehmender Angst und Unsicherheit – fördert in der Regel keinen Fortschrittsoptimismus zutage oder gar Freude an einer Gegenwart, die das Morgen sucht. Im Gegenteil: Das Alte verteidigt sein Revier. Das gilt auch für das Filmschaffen und die Kinokultur in Deutschland. Edgar Reitz, Lichter Schirmherr i. R., hat das Festival vor zwei Jahren dazu ermutigt, ein Zukunftslabor zu organisieren und sich in diese Revierkämpfe zu stürzen.

Im Zoo-Gesellschaftshaus trafen sich vergangenes Jahr im Frühling mehr als 100 namhafte Filmschaffende aus ganz Europa, um an der Zukunftsfähigkeit des Films und des Kinos zu arbeiten. Daraus hervorgegangen sind die „Frankfurter Positionen zur Zukunft des deutschen Films“, mit denen sich unlängst auf der Berlinale sogar die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, sowie Mariette Rissenbeek, zukünftige Geschäftsführerin der Berlinale, befassen mussten.

Der kleine Unterschied zwischen Mensch und Natur

Die Natur lehrt uns das Prinzip, nach dem alle ihre Entwicklungen ablaufen: permanente Rückkopplungen zwischen Wirkungen und Ursachen. Dadurch entsteht ein permanenter Lernprozess, der zur beispiellosen Selbstorganisation führt. Die Menschheit hingegen produziert laufend Fehlentwicklungen. Auch in der Filmbranche. Diese Erkenntnis mag nicht neu sein, ärgerlich bleibt sie allemal. Deshalb bleibt auch der politische Kampf um Veränderung für Lichter bindend.

Natur ist übrigens das Schwerpunktthema des 12. Lichter Filmfest Frankfurt International. An sechs Tagen im März wird das Thema in der internationalen Programmreihe des Festivals aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Mittlerweile hat es Tradition, eines der drängendsten Probleme unserer Zeit in den Fokus unserer kuratorischen Überlegungen zu stellen. Die 15-jährige Schülerin Greta aus Schweden hat uns alle gerade wieder daran erinnert, welcher Bedrohung sich die Natur ausgesetzt sieht. Das Thema ist überraschenderweise kein Selbstläufer. Narrative Positionsbestimmungen der Naturverhältnisse im Film sind seltener, als man glaubt. Ein beeindruckendes Programm ist es trotzdem geworden. Bei unserer Suche hat sich einmal mehr der Wert des Dokumentarfilms als Mittel der künstlerischen und politischen Aufklärung gezeigt. Der Oscar-nominierte Film „Free Solo“ beeindruckt mit atemberaubenden Kletter-Aufnahmen am El Capitan im kalifornischen Yosemite-Nationalpark. So buchstäblich greifbar wird die Beziehung des Menschen zu seiner Natur in keiner anderen Kunstform.

Gleiches gilt für „Aquarela“, der uns die rohe Kraft von Wasser spüren lässt. In dem halbdokumentarischen Spielfilm „Von Bienen und Blumen“ hat Lola Randl den Selbstversuch gemacht: Wie verändert sich das Leben, wenn man als Großstädter aufs Land zieht? Nur schade, dass am 1. April das Festival bereits wieder der Vergangenheit angehört, während die globale Erwärmung nicht zu stoppen ist. Bleibt nur noch die Frage, wie es mit Lichterweitergeht: In Groß- und Metropolstädten wie Berlin, Hamburg, München, Stuttgart, Düsseldorf und Köln sind cineastische Festspiel-Events klar gesetzt. Warum gibt es eigentlich nur in Frankfurt kein großes Filmfestival? Wir arbeiten daran. Und wenn sich die Stadt an ihrem Anspruch messen lassen will, ist es auch hier an der Zeit, diesen Missstand zu ändern.

>> 12. Lichter Filmfest Frankfurt, 26.-31.3., Mehr Infos unter www.lichter-filmfest.de

Dieser Artikel erschien zuerst in der Print-Ausgabe 03/2018 des JOURNAL FRANKFURT.
 
26. März 2019, 10.32 Uhr
Gregor Maria Schubert
 
 
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