Der Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags zum Mord an Walter Lübcke soll nun doch noch vor Ende des Prozesses Einsicht in die Akten des Strafverfahrens gegen Stephan Ernst und Markus H. bekommen. Im September hatte das Oberlandesgericht den Antrag noch abgelehnt.
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Der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt (OLG) hat dem Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags zum Fall Walter Lübcke am Dienstag Einsicht in die Akten des Strafverfahrens gegen Stephan Ernst und Markus H. gewährt. Der Untersuchungsausschuss soll aufklären, welche Rolle die hessische Landesregierung und insbesondere die hessischen Sicherheitsbehörden in Zusammenhang mit der Beobachtung von Stephan Ernst und Markus H. durch das Landesamt für Verfassungsschutz gespielt haben.
Schon im September hatte der Ausschuss Einsicht in die Akten beantragt. Damals lehnte der Strafsenat des OLG den Antrag aber ab. Der Senat hatte befürchtet, die Wahrheitsfindung könnte gefährdet und noch zu vernehmende Zeugen in ihren Aussagen beeinflusst werden. So sollte vermieden werden, dass die Zeugen durch Medienberichte über die Arbeit des Untersuchungsausschusses noch während der Beweisaufnahme Informationen über den Inhalt der Akten bekommen. Weil der Hauptangeklagte Stephan Ernst während der Vernehmungen verschiedene Versionen des Tathergangs geschildert habe, käme es bei der Wahrheitsfindung auf jedes Detail an, so das OLG im September.
Am Dienstag entschied der Senat nun, dem Ausschuss die beantragte Akteneinsicht zu gewähren. Die Beweisaufnahme im Prozess um den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten war am 17. Dezember abgeschlossen worden. Damit sei „das Gewicht der Gefährdung, die von der Akteneinsicht für den ungestörten Fortgang der Hauptverhandlung ausgehen könne, deutlich reduziert“, teilte das OLG mit.
Mit dem Vortrag von Oberstaatsanwalt Dieter Killmer haben am Dienstag die Plädoyers vor dem OLG begonnen. Medienberichten zufolge sehe die Bundesanwaltschaft die Schuld des Hauptangeklagten Stephan Ernst als bewiesen an. Daher habe sie eine lebenslange Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung für Ernst gefordert. Zudem sei die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Für den Mitangeklagten Markus H. habe die Bundesanwaltschaft wegen Beihilfe zum Mord und dem Verstoß gegen das Waffengesetz eine Freiheitsstrafe von neun Jahren und acht Monaten gefordert. Das Urteil soll voraussichtlich am 26. Januar gesprochen werden.