Mit dem Projekt „ReScript“ will die Goethe-Universität eine neuartige Therapiemöglichkeit für Geflüchtete mit posttraumatischen Belastungsstörungen erproben. Dabei sollen der Ausgang der traumatische Erfahrung im Nachhinein verändert werden.
jwe /
Um Geflüchteten mit Kriegstraumata eine geeignete Therapiemöglichkeit zu bieten, erprobt die Goethe-Universität aktuell eine Methode, die den Betroffenen in einem relativ kurzen Zeitraum und auf innovative Weise helfen soll. Unter dem Namen „Brief Imagery Rescripting for Posttraumatic Stress Disorder in Refugees“ (ReScript) verwendet das Forschhngsteam unter der Leitung von Regina Steil der Goethe-Universität, Thomas Ehring von der Ludwig-Maximilians-Universität in München und Nexhmedin Morina von der Universität Münster innere Vorstellungsbilder, um die Traumata mit den Betroffenen aufzuarbeiten.
Nach Gewaltverbrechen und Kriegstraumata erkranken anschließend rund ein Drittel der Betroffenen an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Für Menschen mit Fluchterfahrung, die hier in Deutschland leben, kann der Zugang zu einer Behandlung von PTBS und Psychotherapie im Allgemeinen jedoch bereits im Vorhinein mit einigen Barrieren verbunden sein. Die Deutschkenntnisse vieler Geflüchteten seien noch nicht ausgeprägt genug, um eine Therapie zu beginnen, erklärt die Diplom-Psychologin Franziska Lechner-Meichsner von der Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie der Goethe-Universität. „Zudem werden die bisher als sehr wirksam erwiesenen konfrontationsbasierten Methoden in der Praxis oft nicht angewandt.“ Wende man in der Therapie die Konfrontationsmethode an, bei der Patient oder Patientin traumatische Erlebnisse nacherzählten und damit auch nacherlebten, koste dies meist beide Parteien sehr viel Kraft. Das führe in manchen Fällen zu einem Therapie-Abbruch.
Traumatische Erlebnisse verändern
„Bei der Methode, die wir bei Rescript anwenden, verzichten wir auf eine Konfrontation mit allen Details des traumatischen Erlebnisses“, sagt Lechner-Meichsner. Diese Methode sei im Allgemeinen weniger belastend. Dabei versuchten die Therapeutinnen und Therapeuten gemeinsam mit den Traumatisierten einen anderen Ausgang für das traumatische Erlebnis zu finden. „In ihrer Vorstellung können die Betroffenen dann beispielsweise in einer ausweglosen Situation Hilfe holen oder sind im Stande einen Angreifer abzuwehren. So können wir die Gedanken verändern.“
Die Therapie soll dann in lediglich zehn Sitzungen à 100 Minuten erfolgen. Als erstes versuchten die Therapeutinnen und Therapeuten ein Verständnis für die Traumata der Betroffenen zu entwickeln, sich genauer anzuschauen, was diese erlebt haben und welche Erfahrungen heute noch besonders belastend seien. Dabei gehe man so individuell wie möglich auf die Bedürfnisse und den kulturellen Hintergrund der Betroffenen ein.
In den ersten drei Sitzungen betrachte man sich diese dann genauer und in den weiteren sieben Stunden versuche man diese zu bearbeiten. Die Kosten für die Behandlung übernimmt die Krankenkasse. Entwickelt und geprobt wurde die Methode bereits an der Universität in Amsterdam von dem Psychologen Arnoud Arntz. Dort zeigte sich, dass die Stresssymptome der Therapierten deutlich reduziert wurden.
Nun sollen insgesamt 90 Betroffene in Frankfurt, Marburg, Münster und München in das Projekt aufgenommen werden. Dabei erhält die Hälfte der Teilnehmenden die neue Therapiemethode, die andere Hälfte erhält zum Vergleich eine ausführliche Aufklärung über das deutsche Gesundheitssystem, konkrete Behandlungsadressen und eine ausführliche Diagnostik. In drei und dann erneut in zwölf Monaten wird dann nochmals die Entwicklung der beiden Gruppen überprüft. „Wir sind hoffnungsvoll, den Betroffenen damit besser helfen zu können“, sagt Lechner-Meichsner.
Gefördert wird das Projekt mit rund 1,03 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Fördermaßnahme „Forschungsverbünde zur psychischen Gesundheit geflüchteter Menschen“.