Foto: Nikola Petrek in seiner Werkstatt © Harald Schröder
Handwerk lebt

Die Reise zur fertigen Gitarre

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Mit viel Respekt für den wertvollen Rohstoff Holz repariert und baut Nikola Petrek in seiner Werkstatt im Frankfurter Nordend Gitarren und dokumentiert das auch in viral gehenden Videos.

Detlef Kinsler /

Aller Anfang ist das Holz. Noch bevor Nikola Petrek die Gitarre, die ihm vorschwebt, erst mit Bleistift, dann mit Tusche auf Pergamentpapier bringt, wie es ihm sein Vater, ein Architekt, beigebracht hat, entscheidet er sich für das Holz. Denn das gibt vor, was er bauen wird. „Ich benutze nur Holz, das ich selbst gefällt habe, ich kaufe keines zu“, erzählt er, dass die Hölzer allesamt von Grundstücken seiner Verwandtschaft stammen.

So hat er ein Holzlager in Kroatien, der Heimat seiner Familie. Für ihn kommen nur einheimische Hölzer in Frage, etwa Kirschholz vom Weinberg seines Urgroßvaters. „Ich benutze gerne Kirsche, auch Birne, Walnuss, Kiefer und natürlich Ahorn für die Hälse.“ Für ihn muss es nicht, wie so oft kolportiert, Ebenholz oder Palisander sein. „Jimi Hendrix hat sich sicher keine Gedanken darüber gemacht, aus welchem Holz seine Gitarre war. Der Kerl hat gespielt, alles andere war ihm egal.“

„Jimi Hendrix hat sich sicher keine Gedanken darüber gemacht, aus welchem Holz seine Gitarre war“

Wenn die Zeichnung steht, werden Schablonen hergestellt. „Dann sägt man das zunächst grob aus und fräst es anschließend mit der Hand.“ Es laufen verschiedene Prozesse parallel. „Der Korpus an sich ist simpel, das kriegt bei E-Gitarren auch ein Schreiner hin.“ Petrek benutzt dafür Handhobel und ein Schnitzmesser, sein am häufigsten benutztes Werkzeug. Das ist aus Schwedenstahl, er hat es während seiner Ausbildung selbst gebaut.

„Aber der Hals ist tricky“, erklärt er, wie der Spannstab eingefügt werden muss, die Bundschlitze eingesägt, dann die Bünde reingedrückt oder reingehämmert werden. „Ich mache den Bau so traditionell, wie ich es auf der Schule in Mittenwald gelernt habe. Da standen die krassesten Maschinen herum, aber die durftest du nicht anfassen. Wie im Mittelalter“, lacht er. Aber das hat Petrek geprägt. Das ist für ihn die Quintessenz seiner Arbeit.



Die Schablone für eine E-Gitarre © Harald Schröder

Mit 13 wollte Petrek das Innenleben seiner Gitarre kennenlernen

Zur Gitarre fand der 53-Jährige im zarten Alter von 12. Da bekam er seine erste E-Gitarre vom Vater geschenkt. „Wir haben zwar in einer dunklen Ecke im Gallus gewohnt, aber die Eltern haben meinem Bruder und mir ermöglicht, Klavierunterricht zu nehmen.“ Aber die Gitarre lockte ihn auf einen anderen Pfad. Das Spielen brachte er sich selbst bei.

Mit 13 wollte er das Innenleben seiner Gitarre kennenlernen. „Ich habe sie dann auseinandergeschraubt, wollte wissen, wie sie funktioniert.“ Ganz ohne Werkzeug ruinierte er dabei das gute Besteck seiner Mutter. Ein Schraubenschlüssel musste her. Wenig später, bei einer Projektwoche am Bettina-Gymnasium, bauten die Mitschüler im Werkunterricht Vogelhäuschen. „Ich habe gesagt, ich baue eine E-Gitarre“, erinnert sich Petrek. Seine Lehrerin lachte ihn aus. „Ich habe dann diese Gitarre auf dem Abiball gespielt.“

Zunächst studierte er Jura, dann Musikwissenschaften

Das Handwerk als Beruf hatte er da noch nicht im Sinn. Die Eltern hätten sich gefreut, wenn er einen akademischen Titel erworben hätte. Zunächst studierte er Jura, wechselte dann zu Musikwissenschaften. Das brachte ihm Spaß. In den Semesterferien machte er ein Praktikum beim Gitarrenbauer Schack. „Ich bin jeden Morgen freudig um 6 Uhr aufgestanden, fuhr die 40 Kilometer nach Hammersbach und abends wieder zurück“; dort wurde sein Talent entdeckt. So entschied er sich schließlich gegen die Uni und für eine handwerkliche Ausbildung.

Schon damals baute er sich einen E-Bass. Als Drug Bass findet man ihn auf seiner Website. Drug ist kroatisch für Kumpel. Das klingt nach einer engen Beziehung. Für die Berufsschule ging es blockweise nach Oberbayern. Seinen Abschluss machte er schließlich 1997. Auf seinem Gesellenbrief steht Zupfinstrumentenmacher. Das ist die offizielle Bezeichnung. „Gitarrenbauer heißt es nur im Volksmund. Zupfinstrumentenmacher, das inkludiert Harfen, Hackbretter, alles, was du zupfst, theoretisch auch ein Cembalo“, verrät Petrek.

Info
Der Beruf des Zupfinstrumentenmachers
Beim Blick in die freie Enzyklopädie Wikipedia finden wir keinen Hinweis darauf, wie lange es den Beruf des Zupfinstrumentenmachers schon gibt. Aber wir entdecken da eine Illustrationen eines Lautenmachers aus dem 16. Jahrhundert.

Die Dauer der Ausbildung beträgt drei Jahre. Begleitend und ergänzend zur Ausbildung im Lehrbetrieb vermittelt die Berufsschule praktische Fertigkeiten wie auch theoretische Kenntnisse auf den Gebieten des modernen und historischen Zupfinstrumentenbaus. Die Duale Ausbildung zum Beruf „Zupfinstrumentenmacher“ schließt mit der Gesellenprüfung vor der Handwerkskammer ab.

Zupfinstrumentenbaugesellen sind als Mitarbeiter in Zupfinstrumentenbauwerkstätten tätig oder arbeiten als selbstständige Zupfinstrumentenbauer. Wie komplex der Fachunterricht ist, können Sie auf der Website der Staatlichen Berufsschule Mittenwald einsehen.


Petrek dokumentiert sein Reparaturen auf YouTube

Selbstständig machte er sich als Gitarrenbauer erst 2018. Längst hatte er das Reparieren von Gitarren entdeckt. Das betreibt er mit derselben Leidenschaft. Damit finanzierte er, neben dem Musikmachen, auch seine Ausbildung. Er war seinem großen Bruder zu Cream Music – Musikhaus Hummel gefolgt.

„Ich hatte einmal eine Gibson Melody Maker, die war bei einem Hochwasser völlig aus dem Leim gegangen“, ist für ihn jede Reparatur auch eine Herausforderung, gerade wenn sie einen Riesenaufwand bedeutet. Viele Kollegen hassen Reparaturen. Petrek nicht. Viele davon dokumentiert er heute mit Videos, die weltweit bei YouTube aufgerufen werden mit weit mehr als 100 000 Clicks. Das hat ihm sein Renommee als Reparateur eingebracht. Ein Kunde kam aus Guatemala zu ihm.



Gut sortiert: Schrauben und elektronische Bauteile © Harald Schröder

Nächstes Projekt: Eine Gitarre ganz ohne Strom zu bauen

Im Nordend hatte er seine Werkstatt zunächst unterm Dach in einem Hinterhaus auf 8,3(!) Quadratmetern. Inzwischen konnte er sich vergrößern. Aber er plant, in diesem Jahr für Monate unterwegs zu sein, um sein Projekt zu realisieren, eine Gitarre ganz ohne Strom zu bauen.

Davon will er ein Roadmovie machen, wird Mittenwald besuchen und mit seinem Jeep auch nach Kroatien fahren, dahin, wo der Baum stand, von dem das Holz stammt. An allen Orten, an denen er haltmachen wird, will er einen Teil des Instrumentes bauen. „Am Ende der Reise habe ich dann eine fertige Gitarre.“

Info
Mehr Infos finden Sie unter petrekguitars.com.

Detlef Kinsler
Detlef Kinsler
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt.
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