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Selbstbewusster Auftritt junger Independent Filmer im Berlinale-Forum

Zu den schönsten Entdeckungen im Forum der Berlinale 2009 gehören die Vielfalt und das Selbstbewusstsein des nachwachsenden Independent-Kinos. Nach einem Jahr globaler Krisen, wirtschaftlicher Instabilität und militärischer Konflikte begegnet man einem Filmjahrgang, der durch genaues Hinsehen, den Bezug auf selbst Erlebtes und ein erstaunliches Vertrauen in die eigene Filmsprache überrascht. Bei aller Individualität verbindet die jungen Filmemacher aber die Bereitschaft, ihr Medium als Herausforderung anzusehen, statt voreilig auf seine Universalität zu setzen – Independent-Kino im besten Sinne.


Im einmal mehr weltumspannenden Forum stehen Filme aus Korea, den USA, Rumänien und den Niederlanden exemplarisch für die Lust, Geschichten aus dem sozialen und emotionalen Nahbereich zu erzählen. Diese Filme erforschen vertrautes Terrain und entdecken im sicheren Boden feine Risse und Brüche, die den „kleinen Geschichten“ existenzielle Dringlichkeit geben. Viele der Filme sind Debüts, die meisten werden als Weltpremieren gezeigt, was ihre Aktualität noch unterstreicht.



Drei unabhängige US-Produktionen werden im Forum 2009 als Weltpremieren zu sehen sein. Andrew Bujalskis Beeswax ist in vielerlei Hinsicht symptomatisch für die Suche nach einer neuen Unabhängigkeit des Erzählens. In den Gesten, Redensarten und Requisiten des Alltags entdeckt Bujalski kleine Dramen von erstaunlicher kinematografischer Qualität. Seine Lakonie und Intimität gelten als Markenzeichen eines Trends: die Genre-Bezeichnung „mumblecore“ ist auf den umgangssprachlichen Duktus der Darsteller, meist Laien, gemünzt. Der Name lässt sich aber auch als Verweis darauf interpretieren, dass im Nuscheln des Alltags nicht selten die deutlichsten Lebenszeichen verborgen sind.



Wo sich Bujalski für die Untiefen der mündlichen Kommunikation interessiert, umgibt Matthew Hysell seine Protagonisten in Marin Blue mit einer rätselhaften Stille, der Ahnung von einer traumatischen Vergangenheit. In der ratlosen Leere der Vorstadtarchitektur von Los Angeles, Spekulationsruinen, suchen sie eine vorübergehende Behausung und warten auf die Rückkehr der Erinnerung. Auch The Exploding Girl von Bradley Rust Gray ist ein leise inszeniertes emotionales Drama. In den Sommerferien entdecken Ivy und Al, dass sie von „besten Freunden“ zu Liebenden werden könnten. Aber gerade ihre Vertrautheit steht auf einmal wie eine Barriere zwischen ihnen. Koproduziert wurde der Film von So Yong Kim, für deren eigene Regiearbeit Treeless Mountain Bradley Rust Gray im Gegenzug als Koproduzent verantwortlich zeichnet. Kim erzählt die Geschichte zweier Schwestern, die im jüngsten Kindesalter mit einer Welt konfrontiert werden, die sie nicht verstehen und in der sie nicht willkommen sind.



Anders als Kims Regiedebüt In Between Days, welches das Forum vor drei Jahren zeigte, ist Treeless Mountain in Südkorea entstanden und zählt damit zu einer ganzen Reihe von Filmen im diesjährigen Programm, die von einem Land erzählen, dem nach einer Phase der Prosperität härtere Zeiten bevorstehen. Elegant wie My Dear Enemy von Lee Yoon-Ki mit der herausragenden Hauptdarstellerin Jeon Do-Yeon, existenziell und subtil wie die Debüts Members of the Funeral von Baek Seung-bin und, als Weltpremiere, The Day After von Lee Suk-Gyung, wortlos karg wie Land of Scarecrows von Roh Gyeong-Tae – das koreanische Kino, das Skeptiker bereits im Sog der Krise sahen, zieht in diesen Filmen alle Register und erweist sich als sensibler Seismograph für die Sehnsüchte, die im Dunkeln bleiben, wenn es allen scheinbar blendend geht.



In die Reihe erzählerisch dichter und stilistisch reifer Debütfilme gehört auch Esther Rots' Kan door huid heen (Can go through skin), das Psychogramm einer jungen Frau, die durch zwei persönliche Katastrophen aus der Bahn geworfen wird und verbissen versucht, auf eigene Faust mit ihrem Trauma fertig zu werden. Einen ganz anderen Akzent setzt das niederländische Kino mit Eugenie Jansens Calimucho. Eine Saison lang reiste die Regisseurin mit einem kleinen Wanderzirkus durch die Provinz und inszenierte eine fiktive Geschichte, in der sich alle mehr oder weniger selbst spielen und die dennoch einen Hauch von Märchen hat. Komplettiert wird das niederländische Trio durch das Regiedebüt Winterstilte von Sonja Wyss, die in ihrer Schweizer Heimat eine archaische Geschichte von sexuellem Erwachen und religiöser Mystik erzählt.



Wie in einer anderen Welt fühlt sich auch Delia, die in der rumänisch-niederländischen Koproduktion The Happiest Girl in the World ein Auto gewinnt und als Gegenleistung in einem Werbespot das „glücklichste Mädchen der Welt“ geben soll. Der Drehtag am Werbefilmset wird in Radu Judes treffsicherem Spielfilmdebüt zu einem Crashkurs im Erwachsenwerden – ein ebenso schonungsloser wie komischer Kommentar auf den Zustand im postkommunistischen Rumänien.
 
13. Januar 2009, 10.54 Uhr
red
 
 
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