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Foto: IMAGO/photothek
Foto: IMAGO/photothek

„NSU 2.0“-Prozess

Başay-Yıldız: „Es geht um die Familie und das ist mein Schwachpunkt“

In dem Prozess um die „NSU 2.0“–Drohschreiben haben am Montag Betroffene ausgesagt, darunter auch die Frankfurter Anwältin Seda Başay-Yıldız, die im Sommer 2018 die erste Drohnachricht erhalten hatte.
Es ist nicht das erste Drohschreiben, das Seda Başay-Yıldız am 2. August 2018 erhält, besonders nicht zu diesem Zeitpunkt. Doch das Fax mit dem Absender „Uwe Böhnhardt“ sticht an diesem Abend heraus. Denn anders als die anderen hundert Schreiben voller Beleidigungen und Bedrohungen, enthält es den Namen ihrer Tochter und ihre Meldeadresse. „Da war eine Grenze überschritten“, sagt die 46-Jährige am Montag vor dem Landgericht Frankfurt. Keine der anderen Drohnachrichten habe sie angezeigt, nur dieses vom 2. August. 2018.

Die Anwältin vertrat die Familie des ersten NSU-Opfers Enver Şimşek; das Urteil in dem Prozess fiel am 11. Juli 2018. Ebenfalls im August 2018 fand ein weiteres Verfahren von Başay-Yıldız große mediale Beachtung: Başay-Yıldız verteidigte Sami A., einen mutmaßlichen Leibwächter Osama Bin Ladens, der rechtswidrig abgeschoben worden war. Beide Verfahren hätten dazu geführt, dass sie hunderte Drohnachrichten bekam.

Nach dem Drohfax Anfang August, das ihre privaten Daten erhielt, habe sie mit ihrem Mann zusammen verschiedene Vorkehrungen getroffen, um die zu diesem Zeitpunkt erst zwei Jahre alte Tochter zu schützen. Die Gefahr sei „unglaublich real“ für sie gewesen. „Die Erwähnung meiner Tochter, das hat etwas in mir ausgelöst“, sagt sie.

Mehr als vier Monate lang erhält Seda Başay-Yıldız kein weiteres Drohschreiben dieses Absenders, bis am 20. Dezember 2018 ein Fax in ihrer Kanzlei eintrifft, in dem die Namen und Geburtsdaten ihres Mannes und ihrer Eltern genannt werden. Sie habe sich gewundert, da die Namen ihrer Familienmitglieder nicht öffentlich seien; auch habe zu dieser Zeit keiner der drei ein Social-Media-Profil mit Klarnamen gehabt. In der ersten Mail, die sie von dem „NSU 2.0“-Verfasser bekam, sei dann auch noch ihre gesperrte Adresse genannt worden. „Das hat mich aus der Fassung gebracht“, erklärt Başay-Yıldız.

Später wurde diese Adresse im Darknet veröffentlicht, es wurde zu ihrer Tötung aufgerufen und Geld dafür gesammelt. Ein paar Mal seien Unbekannte um ihr Haus gelaufen und hätten Fotos gemacht. 50 000 Euro habe sie bezahlt, um ihr Haus absichern zu lassen, das meiste davon werde nach langer Diskussion nun vermutlich vom Land Hessen bezahlt, sagt Başay-Yıldız.

Auf die Frage, wie sich das Geschehene auf ihre psychische Verfassung ausgewirkt habe, antwortete Başay-Yıldız: „Ich kann damit umgehen. Es geht nicht nur um mich, sondern es geht um die Familie und das ist mein Schwachpunkt.“ Sie selbst müsse stabil bleiben, damit ihre Familie nicht total verängstigt werde.

Başay-Yıldız hat Zweifel an Einzeltätertheorie

Bereits vor dem Prozessbeginn äußerte Seda Başay-Yıldız Zweifel an der Einzeltätertheorie; es gebe „zwingende Hinweise auf mindestens gezielte Datenweitergabe aus Polizeikreisen“, äußerten sich Betroffene, darunter auch Başay-Yıldız, in einer Mitteilung vergangene Woche. Im Fall des ersten Drohschreibens wurden die Daten der Anwältin und die ihrer Familie in drei verschiedenen polizeilichen Datenbanken 17-mal abgerufen. Die Anklage geht jedoch davon aus, dass Alexander M. sich die Daten verschafft habe, indem er sich in einem Anruf an die Polizei als Behördenmitarbeiter ausgegeben habe.

Angeklagter beleidigt Zeugen

Neben Başay-Yıldız sagt am Montag ein weiterer NSU-Opferanwalt aus, der ebenfalls ein Drohschreiben erhielt: Mehmet Daimagüler. Auch er habe eine Vielzahl solcher Drohbriefe in den vergangenen zwölf Jahren erhalten, 1500 Stück habe er gezählt. Angst habe er nicht, aber die Schreiben hätten sich trotzdem psychisch ausgewirkt. „Manchmal bin ich sauer, häufig habe ich aber auch Mitleid“, sagt Daimagüler. Solche Drohbriefschreiber seien für ihn „kleine, feige Würstchen“, die noch bei ihrer Mutter wohnen. Der Angeklagte sei für sein Leben bedeutungslos.

Diese Aussage Daimagülers löst beim Angeklagten einen erneuten Wutausbruch aus. „Der spinnt wohl“, ruft er in den Saal und will bei der Vorsitzenden Strafanzeige stellen. Die Vorsitzende Richterin versucht, M. daraufhin zu beruhigen. Die Aussage sei allgemein formuliert. „Wenn Sie sagen, sie haben das Schreiben geschrieben, dann würde es zutreffen“, so die Vorsitzende.
 
21. Februar 2022, 17.36 Uhr
Elena Zompi
 
 
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