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Dreieinhalb Jahre im Rabbi-Prozess
Anfangs plädierte der Angeklagte noch auf Notwehr: Er habe sich von Zalmann Gurevich bedroht gefühlt, gab Sajed A. damals bei der Polizei an. Dass tatsächlich er es war, der die Auseinandersetzung mit antisemitischen Beschimpfungen (ob Sajed „Scheiß Jude“ oder „Judenschwein“ gerufen hatte, blieb unklar) in aggressive Bahnen lenkte, sieht das Gericht mittlerweile als erwiesen an. Selbst der geladene Zeuge, der die Tat letzten Herbst auf der Eschersheimer Landstraße beobachtet hatte, brachte wenig Licht ins Dunkel.
Platz für Interpretationen blieb mehr als genug: Weder eine klare Tötungsabsicht, noch deren lautstarke Ankündigung konnten dem 23-Jährigen einwandfrei nachgewiesen werden. Ebenfalls fraglich bleibt, ob der Angeklagte sein Gegenüber tatsächlich als Rabbiner erkannt hat.
Mit dem Strafmaß von dreieinhalb Jahren positioniert sich das Gericht genau zwischen den Forderungen von Anklage (die Staatsanwaltschaft forderte vier Jahre Gefängnis) und Verteidigung (die für drei Jahre plädierte). Mit seinem Geständnis hat der Täter zwar straf mildernde Umstände geschaffen, seine einschlägigen Vorstrafen - die letzte hatte Sajed A. erst ein halbes Jahr vor der Messerattacke verbüßt - dürften den positiven Eindruck jedoch relativ schnell wieder verwischt haben.
Trotz des Urteils muss Sajed A. seine Haftstrafe wohl frühestens in zwei Monaten antreten. Bis dahin wird er auf freien Fuß gesetzt. Bis das Urteil rechtskräftig ist, wäre der Gefängnisaufenthalt von A. formal Untersuchungshaft. Da diese aber angesichts der Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung bereits zu lange andauert und auch keine Fluchtgefahr vorliege, könne der 23-Jährige nicht länger in Haft gehalten werden.
Rabbi Gurevich, der im Prozess als Nebenkläger auftrat, ist mit dem Rechtsspruch alles andere als zufrieden: „Wir werden wahrscheinlich in Revision gehen“, lässt sein Anwalt Rolf Döring wissen. Das Urteil werde der enormen Brutalität des Übergriffs keinesfalls gerecht.
Text: Denise Freidank, Foto: S. Hofschlaeger/pixelio
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