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Iran-Proteste
„Die Stimme der iranischen Revolution auf die Straße schreien“
Die Proteste im Iran gegen das Mullah-Regime gehen unermüdlich weiter. Auch in Frankfurt wird jeden Samstag demonstriert. Am 16. September, zum ersten Jahrestag der Proteste, ist eine große Demonstration geplant.
Auch wenn in den Medien nicht mehr so viel darüber berichtet wird, sind die Proteste im Iran noch immer allgegenwärtig. Von Protesten wollen viele iranische Demonstranten aber gar nicht sprechen, sondern bewusst von einer Revolution – so auch Shahnaz Morattab. Sie veranstaltet mit anderen Mitstreitern jeden Samstag eine Kundgebung, wahlweise vor der Alten Oper, auf dem Römerberg oder, wenn beide Plätze schon besetzt sind, auf dem Goetheplatz.
Die Exil-Iranerin, die vor 1985 aus ihrer Heimat vor dem repressiven Regime floh, betont im Gespräch mit dem JOURNAL immer wieder, dass sie gar nicht anders könne, als aktiv zu sein, zu protestieren. „Wir wollen die Stimme der iranischen Revolution auf die Straße schreien“, sagt sie. Wir, damit meint sie eine Gruppe von vor allem Frauen, die lauthals den Protest auf die Straße tragen.
Iran-Proteste in Frankfurt: Keine Unterstützung von der Uni
„Die Rückmeldung von den Bürgern ist gut und macht Mut“, sagt sie. Viele würden stehenbleiben oder dazukommen. Auch die Stadt und das Ordnungsamt hätten ihre Protestveranstaltungen bisher unterstützt. Sie hätten nie eine Absage erhalten. Enttäuscht sei sie aber von der Uni: Von dort habe es ihrer Kenntnis nach keine Unterstützung gegeben. Der AStA sei bisher nicht bei den Kundgebungen oder anderen Protestveranstaltungen dabei gewesen. Sie hätte mehr von der Studierendenbewegung erwartet, die in der Vergangenheit doch sehr aktiv gewesen sei, betont sie.
Wie andere Organisationen und Protestierende auch fordern sie von der Politik, die Revolutionsgarden als terroristische Vereinigung einzustufen, dann die Proteste im Iran offiziell als Revolution anzuerkennen, und die diplomatischen Beziehungen zum Mullah-Regime zu beenden.
Forderungen der Protestierenden in Frankfurt richten sich an das EU-Parlament
Allerdings wende sich die Gruppe, die sich schlicht „Solidarität mit der iranischen Revolution“ nennt, bewusst an das EU-Parlament, erzählt Morattab. Die deutsche Regierung könne nicht allein entscheiden, das müsse von der EU ausgehen. Es sieht allerdings nicht danach aus, dass die EU ihre Beziehungen zum Iran ernsthaft kappen wird.
So berichtete Reuters Ende Juni von einem Treffen zwischen Enrique Mora, dem EU-Spitzendiplomat, und Ali Bagheri Kani, dem iranischen Chefunterhändler für Atomwaffen, in Doha. Beide hätten „intensive“ wie „konstruktive“ Gespräche geführt, bei denen es auch um eine mögliche Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran gegangen sei, sowie um das weitere Vorgehen um das Atomabkommen.
Parlamentswahl 2024 im Iran: „Die Wahl ist egal“
Von der im Frühjahr im Iran stattfindenden Parlamentswahl erhofft sich Morattab nichts: „Die Wahl ist egal. Die Menschen, die Wähler, haben keinen Einfluss.“ Wenn sich 1000 Leute aufstellen lassen wollen, würden vier zugelassen, die genauso Hardliner seien wie die Machthaber.
Das Problem liegt in der iranischen Verfassung begründet: Der aus Ultrakonservativen bestehende Wächterrat überprüft die möglichen Wahlkandidaten und kann sie ablehnen. An ernsthaften Reformen orientierte Kandidaten würden deshalb immer abgelehnt. Morattab und ihre Mitstreiter protestieren bei jeder Wahl vor dem iranischen Konsulat in Frankfurt.
Iran-Proteste: Der Widerstand hat sich gewandelt
Täglich stünden sie in Kontakt mit den Menschen im Iran und erhalten E-Mails, Videos, Anrufe und Briefe, sagt sie. In letzter Zeit seien viele neue Sicherheitskräfte eingestellt worden, nur „um die Frauen unter Kontrolle zu halten“. Aber die Frauen und Mädchen würden die Grenzen immer wieder ausreizen. Morattab zeigt ein Handyvideo, auf dem eine junge Frau mit Sonnenbrille auf einem Motorrad abends durch eine Straße fährt und sich dabei filmt – ohne Helm oder sonstige Kopfbedeckung.
Auf einem anderen Video sieht man drei junge Frauen, die in einer Straßenbahn tanzen, singen und sich dabei in Szene gesetzt filmen lassen. Das Ganze mutet wie ein Video auf der Plattform TikTok an. „Sie finden einen anderen Weg“, sagt Morattab.
Geteilte Meinung zum Shahsohn Reza Pahlavi
Einige Exil-Iraner erhoffen sich eine stärkere Protestbewegung durch große Namen. So wurde im Januar eine Petition gestartet, um Reza Pahlavi, den Sohn des letzten Shahs von Persien, als Oppositionsführer einzusetzen. An dieser Forderung wird allerdings auch harsche Kritik geübt. Ein anderer iranischer Demonstrant erzählt auf Anfrage, dass Pahlavi vor allem von Monarchisten unterstützt wird. Teils würden selbst ausländische iranische Medien propagieren, dass während der Regierungszeit seines Vaters alles „perfekt gewesen sei“.
Zwar betone Pahlavi immer wieder, dass er als König nicht zurückkehren wolle, aber viele seiner Anhänger würden das wünschen. Auch betreibe er viel Propaganda um seine Person. Andere Aktivisten würden Pahlavi deshalb ablehnen, da er unter anderem keine politische Karriere verfolgt habe und nicht die nötigen Eigenschaften für einen Oppositionsführer oder –sprecher besitze.
Iran-Demo in Frankfurt am 16. September
Auch Morattab hält nicht viel von den Solidaritätsbekundungen mit dem Sohn des letzten Shahs. Sie glaubt an die Macht der Aktion: Am 16. September, wenn sich der Widerstand im Iran zum ersten Mal jährt, gibt es eine große Demonstration auf dem Römerberg, bei dem unter anderem auch Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Bündnis 90/Die Grünen) sprechen wird.
Auch ukrainische Demonstranten werden dabei sein: Angemeldet ist etwa ein Auftritt einer ukrainischen Sängerin. Mit einem Protestmarsch geht es zum Main, bei dem die Menschen eine „Überraschung“ erwarte, erzählt Morattab.
>> Nähere Informationen zu ihrer Gruppe und den Kundgebungen sind hier zu finden.
Die Exil-Iranerin, die vor 1985 aus ihrer Heimat vor dem repressiven Regime floh, betont im Gespräch mit dem JOURNAL immer wieder, dass sie gar nicht anders könne, als aktiv zu sein, zu protestieren. „Wir wollen die Stimme der iranischen Revolution auf die Straße schreien“, sagt sie. Wir, damit meint sie eine Gruppe von vor allem Frauen, die lauthals den Protest auf die Straße tragen.
„Die Rückmeldung von den Bürgern ist gut und macht Mut“, sagt sie. Viele würden stehenbleiben oder dazukommen. Auch die Stadt und das Ordnungsamt hätten ihre Protestveranstaltungen bisher unterstützt. Sie hätten nie eine Absage erhalten. Enttäuscht sei sie aber von der Uni: Von dort habe es ihrer Kenntnis nach keine Unterstützung gegeben. Der AStA sei bisher nicht bei den Kundgebungen oder anderen Protestveranstaltungen dabei gewesen. Sie hätte mehr von der Studierendenbewegung erwartet, die in der Vergangenheit doch sehr aktiv gewesen sei, betont sie.
Wie andere Organisationen und Protestierende auch fordern sie von der Politik, die Revolutionsgarden als terroristische Vereinigung einzustufen, dann die Proteste im Iran offiziell als Revolution anzuerkennen, und die diplomatischen Beziehungen zum Mullah-Regime zu beenden.
Allerdings wende sich die Gruppe, die sich schlicht „Solidarität mit der iranischen Revolution“ nennt, bewusst an das EU-Parlament, erzählt Morattab. Die deutsche Regierung könne nicht allein entscheiden, das müsse von der EU ausgehen. Es sieht allerdings nicht danach aus, dass die EU ihre Beziehungen zum Iran ernsthaft kappen wird.
So berichtete Reuters Ende Juni von einem Treffen zwischen Enrique Mora, dem EU-Spitzendiplomat, und Ali Bagheri Kani, dem iranischen Chefunterhändler für Atomwaffen, in Doha. Beide hätten „intensive“ wie „konstruktive“ Gespräche geführt, bei denen es auch um eine mögliche Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran gegangen sei, sowie um das weitere Vorgehen um das Atomabkommen.
Von der im Frühjahr im Iran stattfindenden Parlamentswahl erhofft sich Morattab nichts: „Die Wahl ist egal. Die Menschen, die Wähler, haben keinen Einfluss.“ Wenn sich 1000 Leute aufstellen lassen wollen, würden vier zugelassen, die genauso Hardliner seien wie die Machthaber.
Das Problem liegt in der iranischen Verfassung begründet: Der aus Ultrakonservativen bestehende Wächterrat überprüft die möglichen Wahlkandidaten und kann sie ablehnen. An ernsthaften Reformen orientierte Kandidaten würden deshalb immer abgelehnt. Morattab und ihre Mitstreiter protestieren bei jeder Wahl vor dem iranischen Konsulat in Frankfurt.
Täglich stünden sie in Kontakt mit den Menschen im Iran und erhalten E-Mails, Videos, Anrufe und Briefe, sagt sie. In letzter Zeit seien viele neue Sicherheitskräfte eingestellt worden, nur „um die Frauen unter Kontrolle zu halten“. Aber die Frauen und Mädchen würden die Grenzen immer wieder ausreizen. Morattab zeigt ein Handyvideo, auf dem eine junge Frau mit Sonnenbrille auf einem Motorrad abends durch eine Straße fährt und sich dabei filmt – ohne Helm oder sonstige Kopfbedeckung.
Auf einem anderen Video sieht man drei junge Frauen, die in einer Straßenbahn tanzen, singen und sich dabei in Szene gesetzt filmen lassen. Das Ganze mutet wie ein Video auf der Plattform TikTok an. „Sie finden einen anderen Weg“, sagt Morattab.
Einige Exil-Iraner erhoffen sich eine stärkere Protestbewegung durch große Namen. So wurde im Januar eine Petition gestartet, um Reza Pahlavi, den Sohn des letzten Shahs von Persien, als Oppositionsführer einzusetzen. An dieser Forderung wird allerdings auch harsche Kritik geübt. Ein anderer iranischer Demonstrant erzählt auf Anfrage, dass Pahlavi vor allem von Monarchisten unterstützt wird. Teils würden selbst ausländische iranische Medien propagieren, dass während der Regierungszeit seines Vaters alles „perfekt gewesen sei“.
Zwar betone Pahlavi immer wieder, dass er als König nicht zurückkehren wolle, aber viele seiner Anhänger würden das wünschen. Auch betreibe er viel Propaganda um seine Person. Andere Aktivisten würden Pahlavi deshalb ablehnen, da er unter anderem keine politische Karriere verfolgt habe und nicht die nötigen Eigenschaften für einen Oppositionsführer oder –sprecher besitze.
Auch Morattab hält nicht viel von den Solidaritätsbekundungen mit dem Sohn des letzten Shahs. Sie glaubt an die Macht der Aktion: Am 16. September, wenn sich der Widerstand im Iran zum ersten Mal jährt, gibt es eine große Demonstration auf dem Römerberg, bei dem unter anderem auch Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Bündnis 90/Die Grünen) sprechen wird.
Auch ukrainische Demonstranten werden dabei sein: Angemeldet ist etwa ein Auftritt einer ukrainischen Sängerin. Mit einem Protestmarsch geht es zum Main, bei dem die Menschen eine „Überraschung“ erwarte, erzählt Morattab.
>> Nähere Informationen zu ihrer Gruppe und den Kundgebungen sind hier zu finden.
10. August 2023, 12.37 Uhr
Till Geginat
Till Geginat
Jahrgang 1994, Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe Universität Frankfurt, seit November 2022 beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Till
Geginat >>
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