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Willy Praml Theaterprojekt

Mit Heine auf dem Zebrastreifen

Eine neue Form von Theater im öffentlichen Raum soll „Heine wacht auf…“ werden. Das Projekt lädt zu einer Reise durch die ehemalige Judengasse ein – auf der Suche nach Gott, der Welt und Heine.
„Heine wacht auf und erzählt seinem Freund Karl Marx, wie er in einem Kahn die Kurt-Schumacher-Straße rauf und runter fuhr. Stationen eines Traumas.“ Schon der extralange Titel des neuen Theaterprojekts von Willy Praml deutet an, dass man es sich hier nicht einfach für zwei Stunden in einem Sessel bequem machen und das Stück auf sich wirken lassen kann. Nein, wer die Komplexität Heines begreifen möchte, der muss dafür schon selbst aktiv werden: Bei dem vierstündigen Stück, das auf acht Stationen der ehemaligen Judengasse verteilt ist. „Das Theater soll ein Ort sein, an dem man aus seinem eigenen Leben aussteigen kann und sich auf etwas völlig Neues einlassen kann“, erklärt Regisseur Willy Praml seine Leidenschaft für Stücke über drei Stunden. „Wer sich wirklich auf Heine einlassen will, braucht dafür auch Zeit.“

Am Beginn der Arbeiten zu – der Einfachheit halber – „Heine“ standen erst mal zahlreiche Fragen. Kann man die Biographie des Dichters in einer Stadt begreifbar machen, die er selbst kaum besucht hat? Spielte das Judentum für Heine, der aus einer unorthodoxen Familie stammte, überhaupt eine Rolle? Kann man den „Nicht-Dramatiker Heine dramatisieren“? Und gibt es in dem Sammelsurium aus Sätzen und Kommentaren von Heine überhaupt einen roten Faden? Michael Weber nahm sich dieser Fragen an. Er las Heine, was das Zeug hielt und erarbeitete eine Textfassung für das Stück. Dabei stieß er tatsächlich auf einen roten Faden, der hoffentlich im Laufe einer Aufführung auch dem Publikum verständlich wird.

Denn Regisseur Willy Praml kündigt bereits an: „Unser Heine Projekt ist wie ein Puzzle oder eine Collage, bei dem die zwei Protagonisten sich dem Zuschauer mit jeder Station besser erschließen.“ Ein Protagonist ist natürlich der Dichter selbst, der zweite die ehemalige Judengasse, in der „Heine“ gespielt wird. Deren Geschichte habe den Autor sein Leben lang beschäftigt. Zu der Zeit, als die Stadt noch durch Napoleon Bonaparte – Heines „Messias“ – besetzt war. Später als das Viertel immer ärmer wurde oder als Heine nach einem Gott und einer Religion für sich selbst suchte. Eine große Rolle habe in diesem Zusammenhang auch Karl Marx gespielt. Der jüngere Freund habe Heine immer als sein lyrisches Vorbild gesehen und mit ihm viel über Poesie und Religion diskutiert.

Heines Biographie, seinen Gedanken und auch seiner Literatur wurden also acht Stationen zugeordnet, die alle eine andere Facette des Dichters und der Geschichte des Viertels repräsentieren. Los geht es bei der Premiere am Freitag, 16. August, und den 20 weiteren Vorstellungen im Museum Judengasse. Die hier gespielte Szene soll als Einleitung dienen und beschäftigt sich erst mal nur mit Heine selbst. In der zweiten Szene kommen dann seine Figuren zu Worte, nämlich der Rabbi von Bacharach aus einer Novelle im Hof der ehemaligen Börneplatz-Synagoge. Ganz speziell wird es an der dritten Station von „Heine“. Das Publikum wird mit Kopfhörern ausgestattet und verteilt sich auf die vier Ecken einer Kreuzung der Kurt-Schumacher-Straße. Sie hören dann über ein Hörspiel die Flucht des Rabbis nach Frankfurt, während das Ensemble diese auf Verkehrsinseln und Zebrastreifen spielt. Der dabei vorbeifließende Verkehr soll den Rhein symbolisieren.

Nach dieser künstlerisch wertvollen Präsentation gibt es erst mal eine kleine Pause, dann geht es schon komplex weiter: Die Zuschauer werden in vier Gruppen aufgeteilt und gehen nacheinander zu vier weiteren Stationen, die parallel gespielt werden. Das ist einmal ein Bus, mit dem der Rabbi von Bacharach in der Judengasse ankommt. Im Artrium des Planungsamtes wird währenddessen „Ein Wintermärchen“ gespielt, in der Unitarischen Kirche Heines Interpretation des Shylocks aus dem „Kaufmann von Venedig“ von Shakespeare und in der Heilig-Geist-Kirche werden Heine und seine Freundin Mathilde mit Orgelbegleitung über Religion und Unsterblichkeit diskutieren. Zum Abschluss kommt das maximal 170 Personen umfassende Publikum wieder zusammen und erlebt im Innenhof des Dominikanerklosters die „Matratzengruft“ – der von Heine selbst so bezeichnete Ort, an dem er die letzten acht Jahre seines Lebens verbrachte. Kurz vor Mitternacht soll dieser Theaterabend dann für das Publikum zu Ende gehen. Wenn dieses Mammutprojekt glatt durchläuft werden nicht nur Regisseur, Projektleiter und die zehn Schauspieler, sondern wohl auch der eigens gegründete Männerchor „Harry Heine“, die vier Musiker und die zahlreichen ehrenamtlichen Helfer aufatmen. „Und das Publikum wird die gut bekannten Frankfurter Straßen dann hoffentlich mit anderen Augen sehen“, erklärt Willy Praml seine Intension.

Wer von der Komplexität Heines bis dahin noch nicht genug hat, für den gibt es noch das große Rahmenprogramm zum Stück. Von Stadtführungen, Musikabenden und Theaternachlesen über Filmabende im Naxoskino bis zu einem „Blinddate“ mit Heine-Experten ist alles dabei. Das komplette Programm sowie ein Trailer zu „Heine“ ist im Internet unter www.theater-willypraml.de zu finden.

>> Die Premiere ist bereits ausverkauft. Die Termine der anderen Aufführungen sind im Internet zu finden. Der Start ist immer 19 Uhr, sonntags 18 Uhr. Eine Stunde vorher sind im Hof des Dominikanerklosters die Abendkasse und die Theaterbar geöffnet. Die Karten kosten regulär 22 Euro, ermäßigt 16 Euro und für Schüler und Studenten 10 Euro. Sie sind telefonisch unter der 43 05 47 34 oder per E-Mail an theater.willypraml@t-online.de erhältlich.
 
12. August 2013, 07.30 Uhr
Franziska Winterling
 
 
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