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Wie frei ist Theater?

seifrei

Wahrscheinlich musste es so kommen. Nach über zwei Stunden Diskussion sagt einer der Teilnehmer: "Die Diskussion fängt jetzt eigentlich erst an." So ist das und man könnte natürlich noch mehr Abende einplanen und mehr reden über die Theaterförderung der Stadt Frankfurt. "Soviel wurde nicht gesagt heute", sagt die Diskussionsleiterin Heike Hambrock von den Grünen, die in den Kunstverein geladen hatten, um über eine andere Förderung für die freien Theater zu sprechen. Und es ließ sich ja auch so gut an.
Auf dem Podium saßen nämlich nicht nur Frankfurter, sondern etwa die Kuratorin Adrienne Goehler aus Berlin, die dort auch mal Kultursenatorin war, oder Rüdiger Meyke aus Stuttgart, Vorsitzender des dortigen Theaterbeirats und im Kulturamt der Stadt, der die Förderstrukturen seit 2001 aufzubrechen versucht.
Adrienne Goehler redet gleich in ihren ersten Sätzen davon, dass nun nicht die Zeit sei, Weihnachtswunschlisten aufzustellen und verdoppelte Etats und wahrscheinlich hat sie damit schon mal den Nagel auf den Kopf getroffen. Frankfurt hat, woran Frau Hambrock noch einmal erinnert, Einnahmeverluste von 600 Millionen Euro in der Gewerbesteuerprojektion zu verkraften und man kann sich schon denken, dass dieses Geld nicht zuletzt, sondern zuerst beim Kulturamt eingespart wird. Und dann? Verzweiflung, Kapitulation, was mit Medien machen? Nein, sagt Frau Goehler: kämpfen. Auch über die Ressortgrenzen hinaus. "Politiker denken nicht in Verantwortlichkeiten, sondern in Zuständigkeiten. Und das muss sich ändern."

Hier noch mal das von den freien Theatergruppen geäußerte Problem: Frankfurt fördere mit der Gießkanne, die Vielfalt sei größer als es das Kulturamt sehe und deswegen hätten schon etliche Talente die Stadt verlassen. Nachzulesen in aller Ausführlichkeit auf den Seiten des entsprechenden Landesverbandes. Andere Städte machten es anders. Aber auch besser? Stuttgart, so berichtete Rüdiger Meyke, lasse nun Fachjurys entscheiden, nicht mehr das Amt. Die Förderungen sind befristet, können aber verlängert werden. Auch Berlin, so wieder Goehler, habe damit gute Erfahrungen gemacht.

Und Frankfurt? Dieter Heitkamp, Professor an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst, schwärmt uns einen von den 80ern vor: "Da war Frankfurt eine sehr lebendige Stadt im Tanz, da gab es mehr als in Berlin zu sehen. Das wurde alles heruntergewirtschaftet - und trotzdem gibt es derzeit grade einige Schritte in die richtige Richtung", sagt er und nennt das tanzlabor_21 im Mousonturm als Beispiel. Auch die Schmidtstraße gerät wieder in die Diskussion, dort wäre Platz für die Forsythe Company, für den Regiestuhl der Hochschule, für die freie Szene. Braucht man das?

Linus König von den Landungsbrücken sagt: "Es gibt genug Spielstätten, es gibt aber zu wenige, die auch zugänglich sind." Zu diesem Zeitpunkt nun hätte man sich gewünscht, das Kulturamt, zahlreich vertreten im Publikum hätte mal was gesagt. Blieb aber schweigsam. Obwohl es nicht nur laut der eigenen Homepage die Förderrichtlinien gerade überarbeitet. Eine Evaluation, erfährt man nach der Diskussion, über die Theater der Stadt sei nun doch in Planung. Möglichkeiten, vorhandene Spielstätten für die freie Szene zu öffnen, würden ausgelotet. Die Geldverteilung überdacht. Alles noch nicht reif für die Stadtverordnetenversammlung, aber immerhin. Dass überhaupt nachgedacht wird, wäre ja irgendwie auch schon mal eine Nachricht gewesen.

Denn das der Bedarf an Veränderung groß ist, das zeigte dieser Abend. Da sagt die Regisseurin Heike Scharpff: "Es mangelt deswegen an einer Spielstätte, weil es sich stets auf die Studiobühne des Mousonturms konzentriert und dort einfach nicht genug Auftritte möglich sind. Vier Auftritte für ein halbes Jahr Arbeit?" Da erinnert sich Reinhard Hinzpeter an die Anfangszeiten der Förderung der freien Theater unter Rot-Grün Anfang der 90er und erwähnt, dass damals eine zehnfache Steigerung des Budgets vereinbart war, wofür man aber irgendwann aufgehört habe zu kämpfen. Da fordert der Theatermacher Willy Praml die jungen Menschen im Saal auf, doch einfach mal eine Halle zu besetzen, da gebe es doch so viele, "so wie es läuft, da kann man nur anarchistisch agieren". Und dann schlägt einer noch das Grundeinkommen vor, damit, wenn ein Theatermacher bei einer Jury durchfalle, er dann trotzdem irgendwie existenzgesichert sei. Das wäre natürlich die sauberste Lösung, wenn sie politisch nicht so verdammt schwierig durchzusetzen wäre.

Es ist so ja schon schwer genug. Einige im Saal verteidigen die Förderrichtlinien der Stadt Frankfurt (vielleicht auch in der Hoffnung, weiterhin von ihnen zu profitieren?). Andere wollen gleich alles auf den Prüfstand stellen, auch die Stadttheater und andere Institutionen, die dann doch ein klitzekleines bisschen mehr als das Milliönchen bekommen, das für die freie Szene geopfert wird. "Ich musste in Berlin auch zwei Privattheater dichtmachen", sagt Adrienne Goehler und man möchte ein Hörthört hinzufügen, macht es aber nicht, weil ja irgendwie alle so reden als wären sie auf einer Generalprobe der General. Aber zum Thema: die beiden Theater wurden geschlossen, damit "Leute unter 40" auch mal mehr vom Kuchen abbekommen als nur Krümel.
Und was soll man jetzt damit anfangen? Weiterdiskutieren. Strukturen überprüfen. Und den Künsten gerade wegen der Krise das Geld nicht kürzen. Mehr kann man gerade nicht verlangen.
 
19. Mai 2009, 07.57 Uhr
Nils Bremer
 
 
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